Mieten - Zahlungspflicht besteht trotz Corona-Krise weiter / Große Gesellschaften geben sich kulant und bieten individuelle Lösungen an

Bei Finanznot an Vermieter wenden

Von 
Christian Schall
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In Corona-Zeiten sind Wohnungsunternehmen gegenüber ihren Mietern kulant. Das Luftbild zeigt die Vogelstang im Mai 2018. © Bernhard Zinke

Immer mehr Betriebe melden Kurzarbeit an. Je nach Umfang kann diese sich für viele Arbeitnehmer schon im April mehr oder weniger auf dem Konto niederschlagen. Einige Ausgaben oder Anschaffungen kann man vielleicht noch aufschieben, für die Miete gilt das ganz sicher nicht. Oder vielleicht doch. Zumindest ist es vorübergehend kein Kündigungsgrund mehr, wenn Mieter mit Zahlungen im Rückstand sind, die auf den Auswirkungen der Corona-Pandemie beruhen. So sieht es das „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht“ des Bundesjustizministeriums vor, das am 1. April in Kraft getreten ist.

Die Regelung ist begrenzt vom 1. April bis 30. Juni 2020. Zahlungsrückstände aus diesem Zeitraum berechtigen den Vermieter nicht zur Kündigung. „Erst, wenn der Mieter oder Pächter die Zahlungsrückstände auch nach dem 30. Juni 2022 noch nicht beglichen hat, kann ihm wieder gekündigt werden“, teilt die Bundesregierung mit. Sie stellt aber auch klar: „Die Pflicht des Mieters oder Pächters zur fristgerechten Zahlung bleibt jedoch auch in dieser Zeit bestehen.“ Und klar ist auch: Voraussetzung für eine Mietstundung ist ein Nachweis, dass die Finanzprobleme in Zusammenhang mit der Corona-Krise stehen. Wie gehen die größeren Vermieter in Mannheim mit der Situation um? Im Folgenden ein Überblick.

GBG

Die Mannheimer Wohnungsbaugesellschaft ist mit rund 19 000 Wohnungen größter Anbieter in der Stadt. „Wenn Mieter nachweislich in finanzielle Schwierigkeiten kommen, sollten sie schnell mit uns ins Gespräch kommen, um eine individuelle Regelung zu finden“, sagt GBG-Sprecher Heiko Brohm. Als erster Schritt sei eine Stundung möglich, alle weiteren Regelungen könne man dann vereinbaren. Momentan beschränke sich die Nachfrage auf Gewerbemieter. „Im privaten Bereich rechnen wir in den nächsten Wochen mit einem Anstieg“, so Brohm.

Gartenstadt-Genossenschaft

„Wegen der Corona-Krise soll niemand seine Wohnung verlieren“, sagt Wulf Maesch, Vorsitzender der Geschäftsführung von Mannheims größer Wohnungsgenossenschaft mit rund 4200 Wohnungen. Wenn ein Mieter glaubhaft vortragen könne, dass er in Zahlungsschwierigkeiten sei, werde man nach einer Lösung suchen.

Vonovia

„In dieser schwierigen Situation verzichtet Vonovia auf marktbedingte Mieterhöhungen und hat alle Wohnungsräumungen abgesagt“, teilt das nach eigenen Angaben größte Wohnungsunternehmen Deutschlands mit. Den Kunden biete man Hilfen an, wenn sie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. In solchen Fällen sollten sich Kunden frühzeitig an Vonovia wenden. Das Unternehmen hat in Mannheim einen Bestand von etwa 2600 Wohnungen.

Spar- und Bauverein

„Grundsätzlich empfehlen wir unseren Mietern immer, sich bei Zahlungsschwierigkeiten mit uns in Verbindung zu setzen, um die Problematik zu besprechen und Lösungen zu finden“, sagt Vorstand Manfred Wolf. „Das galt schon vor Corona und ist innerhalb unserer Genossenschaft, in der es sehr wenig Zahlungsausfälle gibt, selbstverständlich.“ Schwieriger sei es, wenn sich ein Mieter nicht melde und einfach nicht zahle. Die Genossenschaft hat rund 1500 Wohnungen. Erst ein Mieter, so Wolf, habe sich wegen der Corona-Auswirkungen gemeldet.

Grand City Property (GCP)

Die Gesellschaft, die unter anderem die knapp 800 Wohnungen der Neckarufer-Bebauung Nord sowie ein Hochhaus auf der Vogelstang vermarktet, bietet „individuelle Lösungen zum Beispiel durch die Möglichkeit von Stundungen oder Ratenzahlungen“. Trotz der nun geltenden Übergangslösung sei es in jedem Fall notwendig, dass Mieter sich umgehend mit dem Unternehmen in Verbindung setzen. „Grundsätzlich bietet GCP allen Mietern eine persönliche Beratung bei möglichen Zahlungsengpässen oder bereits bestehenden Mietschulden.“

Mieterverein und Haus & Grund fordern Nachbesserungen

Der Mieterverein stellt klar, dass das Gesetz der Bundesregierung eine Kündigung des Mietverhältnisses ausschließt, wenn ein Mieter als Folge der Covid-19-Pandemie zwischen April und Juni 2020 keine Miete zahlen kann. Die Zahlungsverpflichtung bestehe weiterhin. „Das Gesetz bietet keinen umfassenden Schutz für die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise“, kritisiert Alexander R. Sauer, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht und stellvertretender Vorsitzender des Mannheimer Mietervereins.

Weil die Regelungen für „Diskussionen und Fehlinformationen“ sorgen, die für Mieter nachteilige Folgen haben können, bietet der Mieterverein eine offene Telefonsprechstunde an. Vorläufig bis zum 17. April beantwortet das Rechtsanwaltsteam täglich zwischen 19 und 20 Uhr unter Telefon 0621/86 08 59 19 Fragen.

Wie Sauer weist auch Josef Piontek, Vorstand von Haus & Grund in Mannheim, darauf hin, dass Mieter weiterhin zur Zahlung verpflichtet sind und Vermieter ihre Mieter wegen des Zahlungsverzugs sogar verklagen könnten. „Dazu raten wir aber nicht“, macht der Rechtsanwalt klar. Auch Piontek beklagt „Fehlinterpretationen und sogar Falschmeldungen“ des Gesetzes und des darin enthaltenen Moratoriums. Korrekt sei der Kündigungsschutz zwischen April und Juni. Falsch sei die Behauptung, die offenstehenden Mieten müssten erst bis Ende Juni 2022 zurückgezahlt werden. Die Annahme stamme noch aus dem Gesetzentwurf, sei aber nicht Gesetz geworden. Aus den Beratungen der Mitglieder zeige sich, „dass die privaten Vermieter bereit sind auf die wirtschaftlichen Engpässe ihrer Mieter Rücksicht zu nehmen. Es werden in einer großen Anzahl Stundungs- und Ratenzahlungsvereinbarungen getroffen.“ cs

Redaktion Redakteur in der Wirtschaftsredaktion

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