Gernsheim/Mannheim. Seit Mitternacht kommt der Zugverkehr auf der rundum sanierten Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim wieder ins Rollen. Die Verkehre seien zum Betriebsbeginn in der Nacht auf Sonntag stabil angelaufen, teilte die Bahn mit. Sämtliche Züge führen wieder über die Hauptstrecke. Auf einzelne Verspätungen mussten sich Fahrgäste zunächst aber noch einstellen.
Der erste planmäßige Zug, ein Regionalexpress der Linie RE70, war nach fünfmonatiger Streckensperrung um kurz nach Mitternacht von Mannheim nach Frankfurt abgefahren, wie die Bahn weiter mitteilte. Wenige Minuten später verließ eine Bahn der gleichen Linie den Frankfurter Hauptbahnhof in die Gegenrichtung. Ein Großteil des Fahrplanangebots soll an diesem Sonntag wieder unterwegs sein.
Riedbahn innerhalb von fünf Monaten runderneuert
Deutsche-Bahn-Vorstandschef Richard Lutz und Bundesverkehrsminister Volker Wissing (parteilos) haben die Strecke am Samstag bei einer Feier im hessischen Gernsheim per Knopfdruck symbolisch wieder freigegeben. Daraufhin ertönten bei drei eigens dafür im Bahnhof Gernsheim geparkten Zügen – ein Güterzug, ein Regional-Express und ein ICE – die Signalhörner. Zu der Feier waren viele der am Bau beteiligen Mitarbeiter, aber auch Vertreter aus der Politik sowie Anwohner gekommen.
„Wir haben es geschafft. Es hat geklappt, und es hat sich gelohnt“, sagte Bahnchef Lutz. Als er vor zweieinhalb Jahren gemeinsam mit dem Verkehrsminister den „radikal anderen Ansatz bei der Sanierung der Infrastruktur“ vorgestellt habe, hätten viele Skeptiker und Zweifler das Konzept der Generalsanierung in Frage gestellt. Nun habe man innerhalb von fünf Monaten eine der meistbefahrenen Bahnstrecken Deutschlands rundum erneuert, freute sich Lutz. Er dankte dem Verkehrsminister dafür, dass er immer hinter der Generalsanierung und dem Team Riedbahn gestanden habe.
Was Bundesverkehrsminister Wissing sagt
„Die Riedbahn geht wieder in Betrieb – was für ein Feiertag“, sagte Wissing. „Die Mitarbeiter der Bahn und der beteiligten Bauunternehmen haben eine Leistung vollbracht, die viele für unmöglich gehalten haben.“ Der Einsatz sei großartig. „Das Pilotprojekt Riedbahn ist erfolgreich, alle Bauarbeiten sind pünktlich fertiggestellt“, so der Verkehrsminister. „Die Generalsanierung war ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu einer besseren Bahn. Wir können mit einer pünktlich fertigen Baustelle allen Zweiflern sagen: Dieses Konzept funktioniert.“
Seit Mitte Juli ließ die Bahn zwischen Mannheim und Frankfurt unter anderem 111 Kilometer Gleise, 152 Weichen, 619 Signale, fast 16 Kilometer Schallschutzwände, 130 Kilometer Fahrdraht, 383 Oberleitungsmasten und acht Bahnsteige erneuern. Auch 20 Bahnhöfe entlang der Strecke wurden modernisiert. Um das anspruchsvolle Pensum bewältigen zu können, waren rund 800 Mitarbeiter und bis zu 90 große Baumaschinen gleichzeitig auf den Gleisen unterwegs.
Was auf der Riedbahn noch erledigt werden muss
Durch die Sanierung sollen die betrieblichen Störungen auf der Riedbahn um bis zu 80 Prozent gesenkt werden. Bis 2030 will die Bahn 40 weitere Hochleistungskorridore nach dem Vorbild der Riedbahn generalsanieren. 2025 sind die Strecken Berlin-Hamburg und Oberhausen-Emmerich an der Reihe. „Das nächste Jahr haben wir gut im Griff“, sagte Wissing zur Finanzierung. Für die weiteren Projekte forderte er einen Infrastrukturfonds.
Mit der geplanten Einführung des neuen europäischen Zugbeeinflussungssystems ETCS dauert es auf der Riedbahn dagegen noch. Es soll schrittweise in Betrieb gehen, zunächst auf dem Abschnitt von Mannheim-Waldhof nach Biblis. Lutz nannte das zweite Quartal 2025, bis das System vollständig funktionsfähig ist. Solange können Fernzüge nur mit 160 km/h anstatt mit 200 km/h fahren. Zu Verspätungen bei der Fahrtzeit soll es dennoch nicht kommen, weil die Höchstgeschwindigkeit nur auf kurzen Abschnitten möglich ist.
Wie die Bahn den beteiligten Mitarbeitern dankt
Bahn-Infrastrukturvorstand Berthold Huber schloss nicht aus, dass es in den ersten Tagen des Betriebs noch etwas „ruckelt“. Vorsichtshalber lässt die Bahn einen Großteil der Ersatzverkehrsflotte mit Bussen nach dem bisherigen Fahrplan bis einschließlich Montag, 16. Dezember, weiterfahren. Als Dank an alle an der Generalsanierung Beteiligten präsentierte Huber in Gernsheim einen Doppelstockzug des Main-Neckar-Ried-Express‘, der mit der Aufschrift „Danke #Team Riedbahn“ unterwegs sein wird.
„Das Team hat alle Baugewerke fristgerecht abgeschlossen“, betonte Bahnchef Lutz. In Mannheim und Teilen des Kreises Bergstraße wird seine Aussage anders wahrgenommen. Weil noch nicht alle Abnahmeprüfungen erfolgt sind, werden die Regionalbahn-Linien 62 (Biblis-Worms) und 63 (Bensheim-Worms) sowie die S-Bahn-Linien 8 und 9 (Mannheim-Biblis-Groß-Rohrheim) erst ab dem 24. Dezember fahren. Anfang vergangener Woche hatte die Bahn zunächst sogar den 13. Januar als Termin genannt. Die Verzögerung hatten der Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN) und der Zweckverband ÖPNV Rheinland-Pfalz Süd scharf kritisiert. Laut Bahn sind aber die Abnahmeprüfungen schneller vorangekommen als noch in der vergangenen Woche erwartet.
Wie Mannheims Oberbürgermeister Specht reagiert
Dass die Strecke wieder freigegeben ist, wird in Mannheim mit Erleichterung aufgenommen: „Die Riedbahn zwischen Frankfurt am Main und Mannheim ist eine Schlagader für den Bahnverkehr in ganz Deutschland und der Region. Der neuartige Ansatz, eine solch zentrale Strecke nicht in vielen kleinen Etappen zu reparieren, sondern für eine Generalsanierung fünf Monate lang voll zu sperren, ist grundsätzlich sinnvoll“, erklärte Oberbürgermeister Christian Specht.
Der Ersatzverkehr habe überwiegend zuverlässig funktioniert, auch die auf Wunsch der Stadt eingerichtete Expressverbindung zwischen Mannheim Hauptbahnhof und dem Frankfurter Flughafen habe sich bewährt. „Jetzt hoffen natürlich alle Fahrgäste aus der Region auf störungsfreie und pünktliche Fahrten auf der sanierten Riedbahn – auch auf den für Pendler wichtigen Linien S8 und S9, die erst ab Heiligabend wieder die Mannheimer Bahnhöfe Luzenberg, Neckarstadt und Handelshafen ansteuern können.“ Um die weiter bestehenden Engpässe rund um Mannheim zu beheben, „ist es wichtig, dass Bahn und Bund neben dem Erhalt der vorhandenen Infrastruktur nun auch die wichtigen Ausbauprojekte schnell und zukunftsfähig voranbringen“, forderte Specht.
„Die Sanierung ist fast vollständig abgeschlossen. Das ist ein wichtiger Schritt hin zu einer zukunftsfähigen Eisenbahninfrastruktur. Die Auswirkungen der monatelangen Sperrung waren erheblich“, erklärte IHK-Präsident Manfred Schnabel. Mehr als ein Wermutstropfen sei, dass weder der Regionalverkehr noch der Güterverkehr wie geplant am 15. Dezember wieder voll loslegen könnten. „Die Verzögerungen zeigen, dass die Planung der Bahn doch zu optimistisch war. Dass muss in ähnlichen Projekten berücksichtigt werden“, forderte Schnabel. Dennoch bleibe das Modell Generalsanierung vermutlich die bessere Alternative zu jahrelangen und immer wiederkehrenden Baustellen.
„Die Vorfreude ist groß“, sagte die baden-württembergische Verkehrsstaatssekretärin Elke Zimmer (Grüne). Es wäre schön gewesen, wenn sofort alle Züge wieder gefahren wären. Sie lobte, dass die Bahnhöfe nun Visitenkarten seien, „Eintrittsorte in das System Schiene“. (mit dpa)
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Nach der Generalsanierung der Riedbahn bleiben die Probleme vorerst