Ried. Seit dem Sommer war die Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim wegen Bauarbeiten komplett gesperrt. Im Regionalverkehr brachten Ersatzbusse die Menschen an ihr Ziel, Fern- und Güterverkehr wurden umgeleitet. Nun sind die Arbeiten beendet, von Sonntag an rollen die Züge wieder.
Beste Stimmung also? Mitnichten. An der einen oder anderen Stelle hakt es noch. Die Bahn versichert zwar, dass bis Mitte Dezember mehr als 95 Prozent der Kunden die Züge auf der Riedbahn nutzen können. Allerdings gibt es weiterhin Einschränkungen für manche Fahrgäste. Sie betreffen die Regionalbahn-Linien 62 (Worms-Biblis) und 63 (Worms-Bensheim) sowie die S8 (Biblis-Mannheim) und S9 (Groß-Rohrheim-Mannheim).
Darauf reagierte etwa der Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN) mit scharfer Kritik. „Es ist absolut inakzeptabel, dass unsere Fahrgäste die Leidtragenden von bürokratischen und organisatorischen Versäumnissen sind, während der Fernverkehr wieder fahren kann“, hieß es von Michael Winnes, Geschäftsführer der VRN.
Er fordert die Bahn auf, die Bauabnahme zu beschleunigen, um schnellmöglichst einen vollständigen Betrieb wiederherzustellen. „Die Bauarbeiten sind längst abgeschlossen, aber die fehlende Abnahme blockiert die vollständige Inbetriebnahme“, schimpfte er.
Das wiederum dürfte dafür gesorgt haben, dass die Bahn am Donnerstag den Starttermin für die Regionalbahn-Linien 62 und 63 auf den 24. Dezember vorgezogen hat. Ebenfalls werden demnach auch die Linien S8 und S9 bereits am 24. Dezember wieder in Betrieb genommen. Am Montag hieß es noch, dass diese Bahnen erst Mitte Januar wieder den Regelbetrieb aufnehmen.
Riedbahn: Nach den Weihnachtsferien sollen alle Schüler wieder fahren können
„Es ist ein wichtiges positives Signal, dass die Deutsche Bahn den Betrieb der S8 und S9 jetzt doch früher als ursprünglich angekündigt wieder aufnehmen kann“, hieß es vom VRN. Das sei dringend notwendig gewesen, um die Mobilität im Nahverkehr der Region über die Feiertage und den Jahreswechsel sicherzustellen. „Vor allem ist es wichtig, dass zum Schulbeginn im neuen Jahr wieder alle Züge fahren - für unsere Kids und natürlich auch für alle Berufspendler“, hieß es weiterhin vom VRN. Freundlicher als der Verkehrsverbund Rhein-Neckar bewerten zwei Bürgermeister in der Region die nun endende Sanierung der Riedbahn.
Sanierung der Riedbahn
- Die Bahn hat die rund 70 Kilometer lange Riedbahnstrecke in den vergangenen Monaten umfassend saniert. Gekostet hat das bisher 1,3 Milliarden Euro.
- Die Bauunternehmen haben demnach insgesamt 111 Kilometer Gleise, 152 Weichen, 619 Signale, 15 Kilometer Schallschutzwände, 130 Kilometer Oberleitungen, 383 Oberleitungsmasten und acht Bahnsteige erneuert. Darüber hinaus wurden 20 Bahnhöfe entlang der Strecke saniert. Saniert oder komplett erneuert wurden auch mehrere Brücken. Außerdem ist die Strecke für das elektronische Zugleitsystem ETCS ausgerüstet worden, das in den kommenden Jahren schrittweise in Betrieb gehen soll.
- Dafür wurde die Hauptstrecke für fünf Monate voll gesperrt. Alle Baugewerke seien inzwischen abgeschlossen, hieß es.
- Wie die DB mitteilt, wurde überall die neueste Technik der Reisendeninformation installiert, auch die Warnung für schnelle Zugdurchfahrten sei komplett neu strukturiert.
- An allen Stationen sei die Bahnsteigausstattung erneuert worden - im Riedbahn-Design. Die Fliesenarbeiten in der Unterführung in Lampertheim wurden noch rechtzeitig fertig. In Biblis muss die Unterführung noch neu gefliest werden. Aus bauphysikalischen Gründen hatte das nicht rechtzeitig geklappt.
- Dass die Bahn eine derart wichtige Strecke für einen so langen Zeitraum vollständig sperrt, ist ein Novum. Normalerweise baut der bundeseigene Konzern bei laufendem Betrieb. Auf diese Weise hätte es aber noch viele Jahre gedauert, bis die Riedbahn vollständig saniert gewesen wäre. wol
„Es ist erst einmal positiv zu bewerten, dass die Deutsche Bahn den geplanten Zeitpunkt der Fertigstellung am 15. Dezember einhalten kann, auch wenn ab diesem Zeitpunkt noch nicht wieder alle Angebote vollumfänglich bereitstehen“, teilt beispielsweise Lampertheims Bürgermeister Gottfried Störmer (parteilos) auf Anfrage mit. Schließlich, so argumentiert er, rede man von einem Projekt, das es so bisher noch nie gab. Von daher sei es nicht verwunderlich, dass noch nicht sofort wieder alle Funktionen auf Volllast laufen.
„Es steht außer Frage, dass es bei einem so großen Projekt hier und da mal ruckelt“, gibt Störmer zu bedenken. Gleichwohl müsse man konstatieren, dass die vergangenen fünf Monate für die Pendler eine herausfordernde Zeit gewesen seien. „Diese haben sich aber mit dem bereitgestellten Schienenersatzverkehr arrangiert.“
Während der Riedbahnsanierung: In regelmäßigen Treffen die Situation erläutert
Die befürchteten Probleme mit dem Schienenersatzverkehr seien nicht eingetreten. „Ich gehe davon aus, dass in der Anlaufphase nach dem 15. Dezember der Fahrbetrieb auf der Schiene funktionieren wird und der Schienenersatzverkehr sukzessive abgebaut werden kann.“ Generell gab es eine gute Zusammenarbeit mit der Bahn, betont der Bürgermeister. Dazu habe auch beigetragen, dass Vertreter von Kommunen und Bahn bei regelmäßigen Treffen zusammenkamen und die aktuelle Situation erläuterten. Somit sei die Kommunikation während der Bauphase sehr gut gewesen. „Alles in allem können wir aus meiner Sicht mit dem Verlauf der Riedbahnsanierung zufrieden sein.“
Der Bürgermeister von Groß-Rohrheim, Karsten Krug (SPD), erinnert an die erste Sperrung der Strecke in diesem Jahr. Denn im Januar gab es bereits vorbereitende Arbeiten für die großangelegte Sanierung in der zweiten Jahreshälfte. Schon im Januar des nun endenden Jahres mussten Ersatzbusse die Passagiere durch das Ried fahren. Die damaligen Erfahrungen und Rückmeldungen hätten der Bahn offenbar geholfen, die lange Sperrung von Sommer bis Winter gut zu organisieren.
„Der Schienenersatzverkehr lief weitaus besser und nahezu kritikfrei“, lobt Krug. Viele Pendler hätten sogar die damit einhergehenden Veränderungen der ÖPNV-Angebote - wie etwa die Direktverbindung nach Darmstadt - begrüßt und genutzt. Auf der anderen Seite könnten nun viele andere Fahrgäste erneut auf die schnellen „und hoffentlich zuverlässigen“ Schienenangebote in die Städte Mannheim und Frankfurt zurückgreifen.
Auch der Sozialdemokrat lobt die Absprachen mit der Bahn. Lärmträchtige Bauarbeiten seien meistens frühzeitig kommuniziert worden. „Eingerichtete Baustellen vor Ort wurden auf den ersten Blick sauber verlassen, einiges ist allerdings noch zu erledigen“, so Krug weiter. Insgesamt seien mit der nun folgenden Wiederinbetriebnahme der Riedbahn eine höhere Zuverlässigkeit bei der Bahn verbunden. Das sei positiv.
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