Literatur

Babbel stellt Biografie vor: „Ich bin dem Fußball dankbar“

Ex-Fußballer Markus Babbel hat seine jüngst erschienene Biografie in der Mannheimer Abendakademie vorgestellt. Er spricht darin unter anderem über den Suizid seines Bruders - und äußert Kritik am FC Bayern

Von 
Kilian Harmening
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In der Mannheimer Abendakademie hat Markus Babbel seine Biografie vorgestellt. © Kilian Harmening

Mannheim. „Wir waren 25 Ich-AG’s und jeder hat versucht, das Beste für sich herauszuholen.“ So ernüchternd beschreibt Markus Babbel seine Zeit als Profi-Fußballer beim FC Bayern in den 1990er-Jahren. Seine frühere Mannschaft nennt er eine zerstrittene Truppe – „mit zum Teil schrägen Charakteren“. Folgerichtig sei daher sein Wechsel zum FC Liverpool im Jahr 2000 gewesen. Rückblickend steht für ihn fest, wie er am Montagabend in der Mannheimer Abendakademie erzählt: In England – nicht etwa in München – hat Markus Babbel die schönste Zeit seiner Fußball-Karriere verbracht.

Interview

Ex-Bayern-Star Markus Babbel: Warum er gerne in der Rhein-Neckar-Region lebt

Veröffentlicht
Von
Erik Wegener
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Kein normales Leben führte er, sondern ein Leben auf der Überholspur mit vielen spannenden Anekdoten, so beschreibt es der heute 52-Jährige selbst. Grund für ihn, in seiner Biografie „It’s Not Only Football“ seine Lebensgeschichte zu erzählen. Auf die Idee brachte ihn sein Umfeld. Erschienen ist das Buch im Oktober 2023, im Wesentlichen verfasst von Co-Autor Alex Raack.

Babbel hat mittlerweile in der Rhein-Neckar-Region Wurzeln geschlagen

Markus Babbel war FC-Bayern-Star und Fußball-Europameister. Heute lebt er in Viernheim und hat in der Rhein-Neckar-Region Wurzeln geschlagen. Die deutsche Nationalmannschaft, dessen Teil er war, sicherte sich im Jahr 1996 in England den EM-Titel, später holt Babbel mit dem FC Liverpool den UEFA-Cup. Neben seinen Erfolgen galt es für ihn auch, Schicksalsschläge zu verarbeiten: Als Markus Babbel 21 Jahre alt war, nahm sich sein Bruder das Leben.

Für ihn sei sein Bruder Gerhard immer ein großes Vorbild voller Kraft und Energie gewesen. „Dieser Held meiner Kindheit soll sich umgebracht haben?“, bringt Babbel die Ungläubigkeit zum Ausdruck, mit der er sich damals konfrontiert sah. Erst das Arbeiten an seinem Buch viele Jahre später half ihm, den Schmerz zu verarbeiten, den er zuvor versteckte. Lange war Markus Babbel wütend und sauer auf seinen Bruder wegen des Leids, das er seiner Mutter angetan habe. Nun kann er verzeihen.

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Ablenkung war die erste Reaktion, wie Babbel mit dem Tod seines Bruders umging. Er verbrachte Ende der 1980er-Jahre wie gewohnt viele Stunden auf dem Fußballplatz. Dass sein Bruder an Depressionen litt, wusste er bis zu dessen Tod nicht. „Es ist eine Krankheit, wo man als Familienmitglied oder Freunde nur ganz schwer rankommt“, betont Babbel. Die Lösung kann nur eine ärztliche Behandlung sein. Froh ist der Ex-Fußballer, dass es dafür inzwischen mehr gesellschaftliches Bewusstsein gibt. Dass psychische Erkrankungen Menschen machtlos über sich selbst machen und das auch bis zum Suizid führen kann, das sei damals in den Köpfen der Menschen schlicht nicht vorhanden gewesen.

Unangepasst, bodenständig und mit einer gehörigen Portion Ehrlichkeit lebt Markus Babbel seinen Alltag, das wird den Leserinnen und Lesern seiner geradeheraus und humorvoll geschriebenen Biografie schnell klar. Campino von den Toten Hosen, ein enger Freund, beschreibt ihn mit den Worten „Ein kerzengerader Typ!“

So versteckt Markus Babbel keineswegs, dass er sich in seiner Zeit beim FC Bayern damit schwergetan hat, dass aus seiner Sicht wenig Teamgeist vorhanden war. Von Giovanni Trapattoni trainiert zu werden, nimmt Babbel als lehrreiche Erfahrung mit, die er nicht missen möchte. Er beschreibt seinen Trainer als „faszinierenden Menschen mit unfassbarer Aura“, das Training als zäh. „Ich musste schon auch viel leiden bei ihm“, sagt Babbel, der klarstellt: Für sein unermüdliches Training mit dem linken Fuß ist er Trappatoni sehr dankbar. „Dann konnte ich mit links besser flanken als mit rechts.“

Heutige Bundesligisten stehen sehr unter medialer Beobachtung

„Wenn man die letzte Saison vom FC Bayern ansieht, wo man denkt, sie haben viele Probleme gehabt, das ist ein Kindergeburtstag gewesen zu unserer Zeit“, blickt Babbel auf den heutigen Verein. „Das ist ja heute alles Kuschelkurs“, will Babbel noch geklärt wissen. Der Teamgeist der Mannschaft habe sich bis heute sehr verbessert, das Training „verharmlost“.

„Für kein Geld der Welt würde ich tauschen wollen mit der heutigen Generation, wo du permanent im Glashaus sitzt“, sagt Babbel, der damit darauf anspielt, wie sehr die heutigen Bundesligisten unter medialer Beobachtung stehen. „Wir haben viel Blödsinn getrieben, aber es kam nie raus“, blickt Babbel zurück in seine Zeit. „Ich bin dem Fußball sehr dankbar“, äußert er.

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Mit dem Blödsinn meint Markus Babbel, dass er Oliver Kahn außer Gefecht setzte oder ein faustdickes Gerangel mit Uli Hoeneß provozierte – Szenen, die er in seinem Buch beschreibt. Es blieb schließlich nur bei angedrohten Schlägen und einer Rüge von Franz Beckenbauer ohne weitere Konsequenzen. Ein weiterer Schicksalsschlag: Eine festgestellte Autoimmunerkrankung in seiner Zeit beim FC Liverpool, die ihn lange außer Gefecht setzte.

Die Botschaft, die Markus Babbel wohl mit seiner Biografie transportieren möchte: Dass er schnurstracks durchs Leben geht, seinen Wertemaßstab ernst nimmt und persönliche Beziehungen pflegt. Inspiriert von „It’s Only Rock ‚N‘ Roll“ der Rolling Stones kam Babbel so zu seinem Buchtitel, der sein Leben beschreiben soll: „It’s Not Only Football“.

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