Sicherheit - Polizei vermutet hohe Dunkelziffer bei LGBTIQ-feindlichen Straftaten in Mannheim

Auf einem guten Weg – aber noch einiges zu tun

Von 
Lea Seethaler
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Eine Teilnehmerin hält im Rahmen des CSD (Christopher Street Day) auf dem Rathausplatz ein Schild („Wie kann man es hassen; dass Menschen sich lieben“) in die Höhe. Das traditionelle Straßenfest ließen die Veranstalter Corona-bedingt ausfallen. +++ dpa-Bildfunk +++ © Gregor Fischer

Mannheim. Die FDP/MfM-Fraktion im Gemeinderat kritisierte zuletzt auch im Zuge zur Ausrufung zum Freiheitsraum, dass dieser eine reine „Showeinlage“ sei und dass sich etwa homosexuelle Pärchen laut der Befragung „Sicher Out?“ (2018) nicht trauten, händchenhaltend über den Marktplatz zu laufen und Angst vor Übergriffen da sei. „Kein Nachmittag auf der Terrasse eines Szene-Cafés vergeht, ohne dass aus vorbeifahrenden Autos homofeindliche Rufe erschallen“, hieß es weiter.

Beleidigt wegen Erscheinungsbild

„Ja, die Ergebnisse der Befragung „Sicher Out?“ sind in der Tat besorgniserregend“, sagt Sören Landmann, städtischer LSBTI-Beauftragter. Diese Erkenntnisse aus der Befragung hatte die Stadt zum Anlass genommen, die Mannheimer Sicherheitsbefragung im Jahr 2020 erstmals um explizite Fragen zur sexuellen und geschlechtlichen Identität zu ergänzen. Auch hier zeigten sich „erschreckende Erkenntnisse“: Menschen, die in der Öffentlichkeit beleidigt oder bedroht wurden, führen dies „in 30 Prozent der Fälle auf ihr äußeres Erscheinungsbild oder Auftreten bezogen auf ihr Geschlecht und damit verknüpfte gesellschaftliche Geschlechterrollen und -normen zurück“, so Landmann, und in fast einem Drittel der Fälle auf ihr Geschlecht und ihre geschlechtliche Identität. Ausgehend von diesen Erkenntnissen hatte der Leiter der Studie dem Gemeinderat konkrete Präventionsmaßnahmen vorgeschlagen, deren Umsetzung im Herbst startet. „Die Präventionsmaßnahmen zum Thema Sicherheit werden ab September auch aus Sicht der LGBTIQ-Community diskutiert und auf den Weg gebracht“, so Landmann. Es sind zum Beispiel Selbstsicherheits- oder Selbstverteidigungstrainings für junge Frauen insbesondere mit Migrationsgeschichte und die vulnerablen Zielgruppen der queeren Community.

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Zudem präge die Ausrufung zum Freiheitsraum zukünftig das politische Handeln, präzisiert Landmann. „Es ist aber zuerst einmal eine Vision, deren Erreichen ein Prozess und nicht mit einem politischen Beschluss abgeschlossen ist“, macht er klar. „Wir befinden uns in Mannheim schon auf einem sehr guten Weg hin zu dieser Vision, auch wenn wir sicherlich noch nicht am Ziel angekommen sind.“ Dies schaffe man aber insbesondere dann, wenn „alle wichtigen gesellschaftlichen Stakeholder, unter anderem Sportvereine, Kirchen und Glaubensgemeinschaften, Unternehmen und Hochschulen, helfen, gemeinsam dieses Ziel zu erreichen“, so der Beauftragte.

In der FDP/MfM-Presseerklärung vom 29. Juli heißt es indes auch: „Vor einigen Tagen gab es im bekannten Cruising-Park hinter dem Schloss bewaffnete Überfälle.“ Nachgefragt dazu heißt es von Michael Klump, Sprecher der Polizei: Bei dem geschilderten Raubdelikt gebe es keine Anhaltspunkte für eine LGBTIQ-feindliche Tat. Wie aber ist allgemein die Lage in Mannheim, gab es LGBTIQ-feindliche Übergriffe oder Beleidigungen im vergangenen Jahr oder kann man einen Trend beobachten? „Da die sexuelle Orientierung bei den Straftaten nicht erfasst wird“, sei es sehr schwierig, hier Aussagen zu machen, so Klump. Als Beispiel nennt er: „Nur weil jemand sich an einschlägigen Orten aufhält, heißt es ja nicht, dass seine sexuelle Orientierung so ist.“

In den letzten zwölf Monaten seien allerdings 13 Sachverhalte verzeichnet, bei denen man davon ausgehen könnte. Doch aus Scham meldeten sich viele Betroffene nicht bei der Polizei, sagt Klump, weshalb er auch in Mannheim von einer höheren Dunkelziffer ausgehe.

Redaktion Redakteurin und Online-Koordinatorin der Mannheimer Lokalredaktion

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