Mannheim. Er war das älteste Bloomaul, hat seinen 100. Geburtstag nur um ein paar Monate verpasst: Architekt Andreas Plattner ist im Alter von 99 Jahren gestorben. Auch wenn er seit zwei Jahren aus der Öffentlichkeit verschwunden war und in einem Pflegeheim gelebt hatte - seinen Humor habe er bis zuletzt nicht verloren, heißt es von der Familie.
Von der Bundesgartenschau 1975 bis zum Stadtjubiläum 2007 brachte er sich gerne in Beratergremien und Kuratorien ein, beteiligte sich engagiert und konstruktiv an den Diskussionen zum Kunsthallen-Neubau, trommelte als Förderkreisvorsitzender für die „Klapsmühl“. 1967 bis 1984 führte und prägte er den Bund Deutscher Architekten, 1988 bis 1996 den Künstlerbund Rhein-Neckar. Auch in der Mannheimer Liste (ML), deren Vorsitzender er zwei Jahre (1970 bis 72) war, zählte sein Wort - und er erhob für sie gerne seine Stimme.
Geprägt von der Jugend in der Zeit der nationalsozialistischen Diktatur, war Platter bis zuletzt glühender Verfechter der Demokratie, empfand die Gründung der Bundesrepublik als Segen. Aber das bedeutet nicht, dass er unkritisch war. Mit Humor, manchmal mit verschmitztem Lächeln garniert und fein formuliert, verstand er es stets, seine Meinung fundiert und doch sehr kraftvoll zu vertreten, ohne intolerant zu sein. Nicht ohne Grund wurde er daher 1997 zum Bloomaul gekürt.
Andreas Plattner schloss nach dem Krieg viele Baulücken in Mannheim
1958 hatte er – nach dem Studium der Architektur in Karlsruhe – das Büro seines Vaters Ernst Plattner übernommen, in dem er bereits seit 1954 tätig war. Erst zum Jahreswechsel 1998/99 verkaufte er das Büro. Die fünfziger, sechziger Jahre – es waren prägende Jahre. Es galt, viele Baulücken zu füllen und Neues zu schaffen. Und das tat Plattner auf so vielfältige Weise, dass man ohne jede Übertreibung sagen kann: Er hat das Stadtbild Mannheims sehr maßgeblich geprägt.
Zahlreiche Wohn- und Geschäftshäuser in der Oststadt und in den Quadraten wie die ehemalige Benselbank in O 7, 17, das bisherige Wempe-Haus in O 6, 7, das Kaufhof-Parkhaus, der Neubau für Musikhochschule und Notariat in N 7, die Mozartschule in M 6, die Kurpfalzpassage in K 1, das Alten- und Pflegeheim Neckarau, Gemeindezentren auf der Vogelstang, im Herzogenried und Neckarau entstanden auf seinem Reißbrett – ebenso Werkstätten für die MVV, die Werkscafeteria von John-Deere oder für das Grosskraftwerk Block 8 und (mit dem Büro Schmucker) Block 9.
Andreas Plattner baute die Mannheimer Alte Feuerwache zum Kulturzentrum um
Stets war ihm wichtig, dass sich seine Bauten in die Umgebung einfügen, und seinen Stil der schnörkellosen Sachlichkeit ergänzte der Kunstfreund gerne mit Kunst am Bau, etwa von Hajek, Dehof, Nagel. Manche seiner Arbeiten sind schon wieder verschwunden, die John-Deere-Verwaltung in der Steubenstraße etwa (heute Wohnhäuser) oder das historisierende Gebäude der BW-Bank in O 4, das – trotz Bürgerprotesten – abgerissen wurde.
Die Mannheimer verdanken Plattner auch eine der wichtigsten Rettungsaktionen der Nachkriegszeit, denn er baute, nachdem eine Bürgerinitiative den Abriss verhindert hatte, die Alte Feuerwache zum Kulturzentrum um. Plattners letztes Werk war die Gesamtschule Weinheim. Nur sein lebenslanger Wunsch, eine Kirche zu bauen, blieb unerfüllt.
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