Mannheim. Fühlen sich die Mannheimer sicher? In Zeiten von Corona lautet die Antwort darauf: Die Furcht vor dem Coronavirus, einer Infektion und den politischen und wirtschaftlichen Folgen ist deutlich größer als die vor Kriminalität. Das ist eine zentrale Erkenntnis der ersten Ergebnisse der aktuellen Sicherheitsbefragung der Stadt Mannheim in Kooperation mit dem Institut für Kriminologie der Universität Heidelberg.
Die ersten vorläufigen Ergebnisse der digitalen Antworten hat der Kriminologe und wissenschaftliche Leiter der Befragung, Dieter Hermann, in der Sitzung des Ausschusses für Sicherheit und Ordnung vorgestellt. Insgesamt werden knapp 10 000 Mannheimerinnen und Mannheimer per Post einen Fragebogen ausfüllen. Zusätzlich sollen 15 000 Frauen und Männer die Fragen im Internet beantworten. Bislang haben etwas mehr als 2000 Personen Fragen beantwortet über ihre Angst vor dem Coronavirus, ob die Maßnahmen dazu sinnvoll sind und wie viele skeptisch der Pandemie gegenüber stehen.
Mehrheit hält AHA-Regeln für angemessen
Zwar sind die Ergebnisse nur eine vorläufige Bilanz. Hier kann man aber schon Tendenzen ablesen, etwa, ob sich die Mannheimer in ihrem Stadtteil sicher fühlen. Tatsächlich ist die Angst vor Verbrechen in den Vierteln allgemein gesunken, mit Ausnahme der Stadtteile Vogelstang und Sandhofen. Ebenso wie die Angst, nachts im Viertel unterwegs zu sein. „Das auch in der Neckarstadt und im Jungbusch das Sicherheitsgefühl gestiegen ist, ist ein Erfolg“, freut sich Christian Specht, Oberster Repräsentant in der Ausschusssitzung. Der Erste Bürgermeister führt das auf den Ansatz zurück, Verbrechen lokal zu bekämpfen. Trotzdem verhalten sich laut Befragung mehr Mannheimer bewusst so, dass sie es vermeiden, überhaupt mit Kriminalität in Kontakt zu kommen, schränken dafür sogar ihre Freizeitaktivität ein. „Grundsätzlich verstärkt Corona auch Ängste“, erklärt Hermann den anwesenden Stadträten. Interessant ist dabei, dass die Angst vor Corona alles andere in den Hintergrund rückt: So fürchtet sich nur ein Bruchteil davor, Opfer einer Straftat zu werden.
Fast die Hälfte dagegen hat Angst, dass sich die deutsche Wirtschaftslage durch Corona verschlechtert und damit die eigene finanzielle Lage. Gefragt, ob die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus sinnvoll sind, stimmen 94 Prozent zu. „Die AHA-Regeln werden voll akzeptiert, diese Regeln lassen sich also weiter durchsetzen“, wertet Hermann die Ergebnisse. Schwierig wird es allerdings bei Schließungen von Kitas und Schulen sowie Kontaktverbot mit Freunden und Familie. „Dafür brauchen die Mannheimer eine besondere Begründung, um sie einzuhalten“, so Hermann. Das Krisenmanagement der Stadt Mannheim halten deutlich mehr als drei Viertel der Befragten für angemessen. 20 Prozent glauben nicht daran, dass das Virus gefährlicher als die Grippe ist, acht Prozent bezweifeln sogar die Existenz des Virus. „Der Wert klingt wenig, aber diese acht Prozent reichen aus, um das Infektionsgeschehen nach oben zu treiben“, warnt der Kriminologe. Wer genau diese acht Prozent sind, gibt laut Hermann Aufschluss darüber, warum Menschen Corona-Regeln ablehnen.
Frage nach Umgang mit LSBTI-Mitmenschen
Nicht nur diese Analyse ist in der dritten Sicherheitsbefragung neu. Auch Fragen nach dem Umgang mit lesbisch, schwulen, bisexuellen, trans- oder intergeschlechtlichen (LSBTI) Mitmenschen. Das Ergebnis: Eine große Mehrheit sieht Feindlichkeit gegenüber Menschen, die nicht eindeutig als Mann oder Frau wahrgenommen werden, als geringes Problem.
Eine eindrucksvolle Vergleichsstudie dazu liefert die Online-Umfrage von der Psychologischen Lesben- und Schwulenberatung Plus von 2018, vorgestellt von Vorständin Margret Göth. Das Ergebnis aus Antworten von 400 LSBTI-Befragten: In der Rhein-Neckar-Region gibt jeder Dritte an, beleidigt, belächelt oder beschimpft worden zu sein. Jeder Fünfte berichtet sogar von Gewalt. Das decke sich mit den Ergebnissen aus der Sicherheitsbefragung, so Hermann: 42 Prozent gaben an, Opfer von Bedrohung geworden zu sein, 84 Prozent wurden wegen ihres Geschlechts sexuell belästigt. Weil solche Beleidigungen besonders Jugendliche oft treffen, waren sich Stadträte und Polizeipräsident einig, dass polizeiliche Selbstbehauptungskurse auch für LSBTI-Jugendliche angeboten werden sollen.
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