Mannheim. Der bis Ende November terminierte Prozess am Landgericht, bei dem mehr als 30 Trickdiebstähle auf Bahnhöfen im Mittelpunkt stehen, biegt wohl schon früher in die Zielgerade. Jedenfalls haben die vier Angeklagten – zwei Schwestern, Bruder und dessen Frau – inzwischen umfassende Geständnisse abgelegt, so dass auf mehrere Zeugen verzichtet werden kann.
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Am fünften Verhandlungstag erklärt Anwältin Brigitte Bertsch, dass ihre Mandantin, Mutter von zwei kleinen Kindern, „eine Tatbeteiligung einräumt“ – ausgenommen bei den zur Last gelegten Diebstählen in Karlsruhe. Im Namen der jüngsten Angeklagten, Jahrgang 2002, trägt Verteidiger Michael Lang vor, dass diese ebenfalls ein Geständnis ablegt, was die Taten in Mannheim und Karlsruhe betrifft – allerdings sei sie in Nürnberg nicht dabei gewesen. Der Anwalt führt außerdem aus, dass die junge Frau erst in der Untersuchungshaft so richtig begriffen habe, wie belastend es für bestohlene Männer und Frauen, vor allem Senioren, war, wenn Portemonnaie, EC-Karte und Ausweise weg waren. Seine Mandantin habe sich nicht als Mitglied einer Bande gefühlt, sondern die Geldbeschaffung eher als „Abenteuer“ empfunden.
Als Zeugin berichtet eine 28-jährige Chinesin, die in der Region als IT-Entwicklerin arbeitet, wie ihr zwei der angeklagten Frauen auf dem Mannheimer Bahnhof geholfen haben, zwei Koffer die Treppe hochzutragen, und dabei den Geldbeutel mit 200 Euro und allen Dokumenten, einschließlich Bescheinigung der Aufenthaltserlaubnis, entwendeten. Auf Großleinwand gezeigte Fotos und Videos von Überwachungskameras bekräftigen ihre Schilderung. Als sich die jüngste Angeklagte bei der sichtlich aufgewühlten Zeugin entschuldigt, murmelt die 28-Jährige auf die Frage, ob sie das Bedauern akzeptiere, ein leises „Ja“. Hingegen hatte ein bestohlener älterer Herr am zweiten Prozesstag dem männlichen Angeklagten erklärt, er wolle die Entschuldigung nicht annehmen.
Erneut sagt der Kripobeamte aus, der Bilder und Filmaufzeichnungen zu Anzeigen von am Mannheimer Bahnhof bestohlenen Reisenden zusammengestellt hat. Vom Vorsitzenden Richter Joachim Bock befragt, erläutert er wiederkehrende Auffälligkeiten: So hat eine Täterin das stets in Gedrängel ausgewählte Opfer abgelenkt oder dessen Weg blockiert, während die Komplizin von hinten agierte und dabei ein große Tasche oder Jacke über den rechten Arm drapierte, so dass Zugreifen mit der Hand und geschicktes Fingern verdeckt blieben. Offenbar gab es eine nicht-verbale Verständigung. Nicht immer, aber häufig dirigierte der Bruder beziehungsweise Ehemann das Geschehen aus dem Hintergrund per Handy. Die Beweisaufnahme wird am Mittwoch, 21. September, um 9 Uhr fortgesetzt.