Mannheim. „Mit so vielen Teilnehmern haben wir nicht gerechnet“, sagte Dennis Ewert, Sprecher des Aktionsbündnisses Alter Meßplatz. Ursächlich sei vermutlich das Ergebnis der Haushaltsberatungen, wonach der Verein POW als Betreiber von ALTER in den nächsten zwei Jahren keine Förderung mehr erhält.
Unter den mehr als 60 Teilnehmenden beim offenen Stadtteilgespräch im Sitzungssaal der Alten Feuerwache begrüßte Ewert neben zahlreichen Stadtteilakteuren, darunter die beiden Vorsitzenden vom Verein POW, Julia Alicka und Kristin Höflein, auch viele Stadträte, Bezirksbeiräte und Verwaltungsvertreter sowie David Linse, Referent des Oberbürgermeisters, und Tilmann Prölocks, Geschäftsführender Intendant des Nationaltheaters Mannheim (NTM).
Alter Meßplatz: Ärger wegen Drogen und rivalisierenden Dealergruppen
Das Aktionsbündnis habe Sorgen, wie es mit dem Bereich südlich des Alten Meßplatzes im nächsten Jahr weitergeht. „Es geht um die beängstigende Situation auf einem bestimmten Bereich des Platzes; nachdem POW als Betreiber von ALTER nicht mehr gefördert wird, stehen wir vor einem Scherbenhaufen“, erklärte Ewert. Um den südlichen Bereich des Alten Meßplatzes, zwischen dem ALTER-Gelände und dem Parkplatz, hatte es im vergangenen Sommer viel Ärger gegeben, wegen Verschmutzung, aber auch über den Handel mit harten Drogen und rivalisierende Dealergruppen. „Ein weiteres Jahr ,Wilder Westen’ in direkter Nachbarschaft zum ALTER können wir nicht akzeptieren“, betonte Ewert.
Dazu erklärte OB-Referent Linse, er könne „nachvollziehen, dass die Situation unbefriedigend ist, nachdem sich der Beginn der Baustelle für das FDS aus finanziellen Gründen verschoben hat, es dadurch für die Ehrenamtlichen keine Klarheit und Perspektive gibt“. Er spreche nicht für das FDS, aber stehe in engem Austausch mit dem IDS und der Klaus-Tschira-Stiftung (KTS). Er glaube und gehe davon aus, dass das Forum errichtet wird. „Trotz gegenteiliger Meldungen - das Projekt ist nicht abgeschrieben“, betonte Linse. Bis zur Einrichtung der Baustelle wolle die Stadt nun für diesen Bereich eine „Zwischennutzung“ auf die Beine stellen. Der niederschwellige Beteiligungsprozess soll Anfang 2025 starten. Um den Konsum von Cannabis auf dem Platz zu verhindern, habe die Polizei vorgeschlagen, dort einen Sport- und Spielplatz zu errichten (wir berichteten).
Stadtrat Reinhold Götz (SPD) kritisierte die Entscheidung des Gemeinderats: „55 000 Euro ist nicht wirklich viel.“ Er bemängelte auch, dass das IDS „weder im Bezirksbeirat Stellung bezogen hat, noch gegenüber dem Gemeinderat für Transparenz sorgt“. Stadtrat Dennis Ulas (Die Linke) vermisste zudem eine Expertise für ALTER.
Fördert Mannheim die Entwicklung des Alten Meßplatzes genug?
Linse wies auf die angespannte Haushaltslage der Stadt hin, weshalb die Stadt beispielsweise beim Nationaltheater 23 Millionen einsparen muss. Doch er verwahrte sich gegen den Versuch, Kultur gegen Kultur auszuspielen, nachdem ein Teilnehmender die Millionen für das NTM mit den 55 000 Euro für ALTER verglichen hatte. Das Projekt werde auch weiterhin von der Stadt gefördert, indem sie POW kostenfrei das ALTER-Gelände überlasse. Der Verein zahle an die Stadt nur eine Nebenkosten-Pauschale für den Stromverbrauch von 300 Euro pro Monat sowie eine jährliche Gaststättenpauschale von 306 Euro. Es gehe jetzt auch nicht um ALTER, sondern den Bereich zwischen ALTER und dem Parkplatz.
Zum Bereich zwischen ALTER und dem Parkplatz entwickelten die Teilnehmenden Ideen an drei Thementischen. Als kurzfristige Perspektive vorgeschlagen wurden Sitzmöglichkeiten, Sonnenschutz, Basketball, Tischtennis, Kunst und Kultur, Urban Gardening und Graffiti-Kurse. Voraussetzung für Veranstaltungen seien Koordination, Geld, ein fester Ansprechpartner und eine Beleuchtung der Fläche.
Mittelfristig wurde darüber hinaus für Baumaßnahmen „mehr Planungssicherheit“ erwartet. Mittel- und langfristig erforderlich sei zudem, dass POW langfristig gedacht wird und die Vereinsstruktur auf eine breitere Basis gestellt wird. Wichtig sei auch, dass bei der Verkehrsführung eine Verbindung zwischen dem Platz und der Neckarwiese hergestellt wird. Erwartungen an die Verwaltung sind: Schaffung von Rahmenbedingungen, feste Zusagen und schnellere Genehmigungen. Erwartung an die Politik ist eine weitere Förderung.
Dennis Ewert bedankte sich bei allen Beteiligten: „Das war eine Sternstunde gelebter Demokratie - Bürger, Politik, Nationaltheater und Verwaltungsspitze haben nicht übereinander, sondern miteinander gesprochen.“
Debatte über Kosten der Sozialarbeit am Alten Meßplatz
Unterdessen hat Kristin Höflein vom ALTER-Trägerverein POW auf Ausführungen der Stadtverwaltung zur finanziellen Situation ihres Vereins reagiert. Ein Rathaussprecher hatte dem „MM“ Anfang der Woche erklärt, die Stadt überlasse POW kostenfrei das ALTER-Grundstück sowie den Parkplatz, aus dessen Bewirtschaftung der Verein Einnahmen erziele. Des Weiteren verfüge POW laut seinem Konzept für ALTER „über Fördermittel des Landes Baden-Württemberg, der SWR-Spendenaktion Herzenssache sowie aus Crowdfunding von über 250 000 Euro für die Bespielung des Platzes“.
Höflein erklärt dazu: „Die Summe mag korrekt sein, allerdings stimmt der Kontext nicht.“ Diese Gelder - der ganz große Teil vom Projekt Herzenssache sowie 17 000 Euro aus einer Crowdfunding-Kampagne -stünden POW nicht zur freien Verfügung, so Höflein. „Sie fließen zu 90 Prozent in die Gehälter der Sozialarbeiter, und der Rest wurde bereits verausgabt für notwendige Technik und Baukosten.“ Die POW-Vertreterin verweist zudem darauf, dass ihr Verein mit seiner Sozialarbeit eine Lücke schließe. „Die Klientel rund um die südliche Platzhälfte benötigt dringend aufsuchende Sozialarbeit, es gibt aber keine städtisch finanzierten Streetworkerinnen und Streetworker vor Ort.“
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