Mannheim. Rigoros stapelt Timon May die Stühle übereinander. „Wenn die Tische und Stühle dort zu lange stehen, setzen sich die Leute und verstehen nicht, dass sie um elf Uhr rein oder gehen müssen“, sagt der Kellner der Pfalzliebe, einer kleinen Weinbar im Jungbusch. Bis 23 Uhr darf im konzessionierten Bereich Alkohol ausgeschenkt und konsumiert werden. Ansonsten gilt auf den Straßen im Jungbusch vier Wochen lang bis einschließlich erstes Oktoberwochenende ein Alkoholverkaufsverbot zwischen 22 Uhr abends und sechs Uhr früh. Dies ist ein Versuch, Party-Exzesse, wie es sie im Sommer des Öfteren gegeben hat, zu verhindern. „Das war längst überfällig“, sagt May, der Platz vor der Tankstelle an der Hafenstraße sowie der Weg entlang des Verbindungskanals hätten sich zu einer „rechtsfreien Zone“ entwickelt. Er spricht von pöbelnden Gästen. „Die wollen wir hier nicht.“
Erstsemestler auf Kontaktsuche
Auch an diesem Freitagabend haben sich wieder zahlreiche Jugendliche und junge Erwachsene rund um den Quartiersplatz neben der Tankstelle und am Kanalufer zusammengefunden; wirklich auf Abstand geht in den einzelnen Gruppen keiner, was einem jungen Studenten auch Sorge bereitet. „Eigentlich wollte ich nur mit zwei, drei Freunden kurz etwas trinken gehen“, sagt der 21-Jährige, der seinen Namen nicht nennen möchte. Doch dann seien ihnen mehrere Erstsemester gefolgt, und nun stehen sie dort, reden und trinken ihr mitgebrachtes Bier. „Die Erstis haben alle Angst, dass sie keinen Anschluss finden.“ In diesen Tagen beginnt das neue Semester, die Studenten, die aus verschiedenen Städten nach Mannheim gezogen sind, sind auf Kontaktsuche, was in Zeiten einer Pandemie für alle schwer ist.
Alkoholverbote findet der gebürtige Pfälzer richtig. „Wobei nicht der Alkohol selbst das Problem ist, doch wenn man ihn nicht mehr kaufen kann, gibt es einen Grund weniger, sich im Freien aufzuhalten. „Eigentlich sollten alle ein Interesse daran haben, dass die Infektionszahlen nicht weiter steigen“, sagt ein 18-Jähriger, der ebenfalls anonym bleiben möchte. Gleichzeitig möchte er seine Freunde treffen, und da habe sich der Verbindungskanal über den Sommer eben etabliert. „Man kann hierher kommen und trifft immer jemanden, den man kennt.“
Sitzen statt tanzen im Nelsons
Vor den Bars haben sich derweil Warteschlangen gebildet. „Können wir rein?“, fragt ein Mädchen. Der Türsteher schüttelt den Kopf. Wie voll es sonst im Nelson war? Melanie Scheffler, die den Betrieb leitet, sagt: „Brechendvoll.“ Und später wurde dann getanzt. Geht alles nicht mehr. Nun sitzen die Gäste an kleinen Tischen. Auch die sind neu. „Wir haben die zwei großen Holztische, die wir hatten, zerteilt und daraus mehrere runde Tische gezimmert.“ Auch das Hagestolz nebenan regelt ein Türsteher den Zugang. „Ist ja klar, dass nicht so viele reinkönnen, wir warten halt“, sagt ein junger Mann, der mit fünf Freunden im Jungbusch unterwegs ist.
Am Ende des Wochenendes wird die Polizei sagen, dass alles ruhig war, keine Zwischenfälle, „angesichts der Witterungsbedingungen nur ein geringes Besucheraufkommen“. Auch nach Auffassung von Robert Gaa, Mannheims Nachtbürgermeister, hat sich die Situation im Jungbusch zuletzt entspannt; ein Alkoholverkaufsverbot sieht er positiv. „Angesichts steigender Coronazahlen und der Tatsache, dass viele Leute von außerhalb in das Viertel kommen, ist das gar nicht schlecht.“
Nachtbürgermeister setzt auf Nachtschichtler
Grundsätzlich setzt Gaa aber auf Dialog und gegenseitiges Verständnis. Darum wirbt die neue Nachtschicht, ein Team aus drei Männern und einer Frau vom Gemeinschaftszentrum Jungbusch, die seit Juli an den Wochenenden durch die Straßen läuft und mit den Feiernden ins Gespräch kommt. Darüber, dass der Jungbusch nicht nur ein Partyviertel ist, sondern auch ein Wohnviertel. Fazit: „Das läuft bislang sehr gut.“ Auf dem Platz vor der Pfalzliebe geht es ohnehin ruhiger zu, ein paar Gäste sitzen nach wie vor draußen, zehn Minuten dürfen sie noch. Wie das im Winter werden soll? Darauf hat Timon May auch noch keine Antwort.
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