"Wollen auf Gefährdung hinweisen"

Aktion gegen "wildgeparkte" E-Scooter in Mannheim

Am Freiwilligentag hat sich der Badische Blinden- und Sehbehindertenverein eine besondere Aktion ausgedacht, um auf die Gefährdung von (seh)behinderten Menschen durch "wildgeparkte" E-Scooter aufmerksam zu machen.

Von 
Lea Seethaler
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Blockade eines taktilen Bodenleitsystems für Blinde in der Mannheimer Innenstadt durch einen wildgeparkten E-Tretroller. © Jasmina Elschner

„Ausgebremst, (fast) drüber gestolpert und zum Umweg gezwungen! Elektroroller oder Scooter werden in Mannheim wild und ohne System abgestellt und stehen oder liegen dabei allzu oft im Weg.“ Das schreibt der Badische Blinden- und Sehbehindertenverein (BBSV) in einer Mitteilung. Und er weist dabei auf ein besonderes Problem hin: Gefahren entstünden hierbei vor allem für Menschen mit Behinderungen.

Für diese Gefahren will man sensibilisieren und hat sich dafür einen besonderen Tag für eine besondere Aktion ausgedacht. Mit der AG Barrierefreiheit Rhein-Neckar führt der Verein am Freiwilligentag der Metropolregion in Mannheim am 17. September eine Tour durch: „Freiwillige werden im Weg stehende Scooter in Mannheim mit dem Handy fotografieren und uns die Bilder zuschicken“, so der Verein.

Zahlreiche Projekte in Mannheim und der Region

  • Ob Renovieren und Streichen von Räumen im Kinderheim St. Josef, Reinigungsaktion am Unteren Luisenpark oder Einrichten von Windows 10 auf einigen PCs im neuen Quartierhaus auf der Rheinau: Am 17. September heißt es in und um Mannheim wieder „Wir schaffen was!“
  • Beim Freiwilligentag werden insgesamt rund 290 Mitmach-Projekte in der gesamten Metropolregion realisiert. Die Stadt Mannheim ist in diesem Jahr mit 20 Projekten dabei, teilt das Rathaus mit. Auch 2022 wird Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz wieder beim Freiwilligentag dabei sein und verschiedene Projekte besuchen, heißt es in einer Mitteilung der Stadt.
  • Alle aktuellen Informationen und Termine für interessierte Freiwillige, ob Privatperson, Unternehmen oder gemeinsam als Organisation, finden sich im Internet aufgelistet unter der Adresse www.wir-schaffen-was.de.

BBSV fordert gesicherte Abstellflächen

Ziel sei es, „möglichst viele Aufnahmen von im Weg stehenden oder liegenden Rollern zu bekommen“. Diese werden werde man dann im Nachgang der Stadt Mannheim überreichen und im Anschluss veröffentlichen. Die Aktion beginnt um zehn Uhr auf dem Paradeplatz mit Begrüßung und Einteilen der Freiwilligen in verschiedene Gebietsabschnitte. „Noch haben wir für Freiwillige, die sich für sichere Gehwege für alle einbringen wollen, einige Plätze frei“, so der BBSV.

Mit diesem Schritt will der Verein auch seine Forderung nach „gesicherten Abstellplätzen für Scooter“ untermauern. Aus dem Mannheimer Rathaus hieß es zuletzt, mit den Städten Ludwigshafen und Heidelberg stehe man beim Thema feste Stellplätze in engem Austausch. Man strebe ein abgestimmtes Vorgehen an, die Gespräche sollten im September stattfinden. Stadträtinnen und Stadträte hatten derweil beim Thema Abstellplätze zuletzt mangelndes Tempo kritisiert.

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E-Roller sind kontroverses Thema

Ein Interview dieser Redaktion mit dem Flottenmanager des E-Tretroller-Anbieters Bird erschien kürzlich mit dem Titel: „Nutzer pilgern nicht zu festen Stationen, sie wollen überall auf den Roller steigen.“ Beim kontrovers diskutierten Thema E-Roller und Abstellplätze lies die Reaktion der „MM“-Leserschaft nicht lange auf sich warten. So schrieb Jasmina Elschner an die Redaktion, sie fände folgende Formulierung wäre als Überschrift viel zutreffender: „,Nutzer’ wollen überall auf den Roller steigen und dann überall rasen und ,parken’ – ohne jegliche Rücksicht auf Fußgänger!“ Sie äußert weiter: „Sogar ohne Rücksicht auf die Blinden wie mein Foto zeigt.“ Dazu hat sie der Redaktion noch ein Foto geschickt, dass sie an der Ecke Kaiserring/Fressgasse aufgenommen hat (Bild oben).

Reaktion: „Frech bis obszön“

Sie schreibt: Darauf angesprochen, reagierten die Fahrer „fast immer frech bis obszön!“ Diese „Blockierung des Blindenstreifens, die Gefährdung der Fußgänger und auch die beleidigenden Äußerungen sollten eigentlich einen Straftatbestand darstellen!“

Elschner fordert „bestimmte, klar definierte Regeln“ und „entschiedene“ Durchsetzung und auch entsprechende Sanktionierungen. Regelungen für Anbieterunternehmen, etwa eine 12-Stunden-Reaktionspflicht, falsch abgestellte Roller zu entfernen, gehen auch für den Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband derweil nicht weit genug, wie der VDK mitteilt. „Wie man es besser macht, zeigt sich derzeit in Frankfurt und in Düsseldorf. Dort entstehen fest definierte Abstellflächen. In Düsseldorf soll zudem ein Haltebügelsystem dafür sorgen, dass die Tretroller nicht umfallen können“, heißt es.

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Viele wissen es "einfach nicht“

Schon im „Forum Behinderung“, einem Beteiligungsformat der Stadt, hatte Mannheims Behindertenbeauftragte Ursula Frenz vor einiger Zeit darauf hingewiesen, dass die Blindenleitsyteme im Boden für Betroffene oft nicht nutzbar seien. Der Grund: Unwissenheit oder Unachtsamkeit anderer Menschen.

„Wenn ich meinen Koffer am Bahnsteig ans Gleis stelle und nicht realisiere, dass das ein Blindenleitsystem ist, hat das viel mit Haltung zu tun“, brachte sie es damals auf den Punkt. Bei den schmalen Streifen, die mit Noppen und Rillen versehen sind, wüssten viele „einfach nicht, dass das ein Blindenleitsystem ist“, so Frenz weiter. „Sondern denken, dass es ein Hinweis für einen selbst ist, dass man nicht zu weit an die Kante tritt. Und wenn dann aber jemand mit einem Blindenstock vorbeilaufen will, kommt er eben nicht vorbei und stolpert fast drüber.“

Info: Anmeldung zum Freiwilligentag-Projekt unter bit.ly/3xr8KWy

Redaktion Redakteurin und Online-Koordinatorin der Mannheimer Lokalredaktion

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