Mannheim. Viele strahlende Gesichter, herzliche Umarmungen sowie unzählige Anekdoten. Gut 17 ehemalige Eishockeyspieler aus den verschiedensten Jahrgängen des Mannheimer ERC - aus dem sich 1994 die Profimannschaft der Adler Mannheim auslagerte - haben sich am vergangenen Freitag im Mannheimer Eisstadion am Friedrichspark eingefunden, um sich von der dem Abriss geweihten Kultstätte zu verabschieden und dabei noch einmal die Erinnerungen an längst vergessene Tage schweifen zu lassen.
Ich hatte Sehnsucht nach dem Friedrichspark
Möglich gemacht hat das Treffen der ehemalige Mannheimer Bundesligaspieler Johannes, genannt Hansi, Clouth. „Ich hatte Sehnsucht nach dem Friedrichspark“, sagt er zu den Beweggründen. Um diese zu stillen, meldete er sich beim Inlinehockey-Verein ISC Mannheim, der bis vor wenigen Jahren noch seine Punktspiele im Friedrichspark austrug.
Doch dieser verwies Clouth an Johannes Gürlich - und der Abteilungsleiter von Vermögen und Bau Baden-Württemberg zeigte sich zunächst wenig angetan. „Sie sind schon der 1000. Anrufer, der in den Friedrichspark will, weil da mal die Rolling Stones gespielt haben“, ließ er Clouth wissen. Als dieser ihm aber eröffnete, dass er ein ehemaliger Eishockeyspieler des MERC ist, „wurde ich hellhörig“, gab Gürlich hinterher zu. Er traf die Gruppe um Clouth, war begeistert und beschloss letztlich, für diese noch einmal die Tore des Friedrichsparks zu öffnen.
Treffen der ehemaligen MERC-Spieler: Großer Erkundungswille
Den längsten Anfahrtsweg zu dieser Reise in längst vergangene Zeiten hatte Paul Karner, der extra aus Hamburg kam. „Ich konnte damals kaum Schlittschuhlaufen, habe mich dauernd hingelegt“, erinnert sich Karner an seine Anfänge im Friedrichspark und muss grinsen, 1962 war das. 1969 führte ihn sein Weg, der für den Mannheimer Schlittschuhclub (MSC), also der zweiten Mannschaft des MERC auflief, schließlich nach Hamburg. „Da hatte ich einen guten Job und konnte immer noch ein bisschen Eishockeyspielen“, sagt Karner, dessen Verbundenheit zum MERC nie abriss.
Der Rest der Gruppe befindet sich indes auf Entdeckungstour. Die Neugier treibt sie Richtung Umkleidekabine. Strom und damit Licht gibt es allerdings nicht. Das 1939 eröffnete Eisstadion, das bereits seit mittlerweile 18 Jahren kein Eis mehr gesehen hat, steht schon seit längerem leer und ist entsprechend in einem überschaubaren Zustand. Mauer und Wände sind sichtlich heruntergekommen, überall wurde wild Graffiti gesprüht.
Doch die ehemaligen Spieler stört das nicht, zu groß ist der Erkundungswille. Im Kabinentrakt wissen sich einige mit der Taschenlampenfunktion an ihrem Smartphone zu helfen. „Die Kabine ist ja viel größer als in meiner Erinnerung. Hier waren früher doch die Duschen“, sagt der mittlerweile über 80-jährige, ehemalige Zweitligaspieler Udo Hiller, während er mit seinen Händen in der Luft eine imaginäre Begrenzung zieht.
Seine Erinnerung trübt ihn nicht, die Kabine war früher tatsächlich kleiner - die Wand wurde im Laufe der Jahre schlicht herausgerissen, wie ihn der Rest der Gruppe aufklärt. „Hier war auch früher noch eine Tür, da habe ich immer geraucht“, gesteht der frühere Nationalspieler und MERC-Meister-Spieler von 1980, Peter Obresa, und lacht herzhaft. Sein damaliger Mitspieler Bubu Malinowski grinst ebenfalls verschmitzt. Nicht weit von ihnen stehen in Jörg Etz und Norbert Mundo zwei weitere 80er-Meisterhelden des MERC.
Erinnerungen an alte Zeiten im Friedrichspark
Ihre damaligen Plätze finden die Spieler trotz aller baulichen Widrigkeiten aber auch so. „Hier habe ich immer gesessen, direkt neben Hans-Werner Maier“, ruft James Münch und geht dabei zur Belustigung der Gruppe leicht in die Hocke. Wenige Augenblicke später zieht es ihn aber von der Kabine aus die Treppen hinauf. Der Grund: Münch hat in seiner ersten Saison 1972/1973 zusammen mit dem damaligen Torwart Jan Marek in einem Zimmer im Friedrichspark gelebt. Am Ende des Gangs wird er fündig. Wenn man durch die Tür geht, steht links noch ein Einbauschrank, rechts gegenüber befindet sich ein kleines Bad, dazwischen - leicht nach hinten abgesetzt - ein winziges Zimmer, durch dessen Fenster man ins Stadion blicken kann. Münch atmet kurz durch. „Hier stand noch ein Hochbett, mehr nicht, wir waren hier aber eh nur zum Schlafen“, erklärt er und geht wieder hinaus.
„Immer eine Lampe geplatzt“
Zum Essen hatten sie es nicht weit. Wie alle Spieler gingen sie nur wenige Meter weiter zur Stadion-Kneipe „Puck“. Martin Kaiser, der von allen nur „Moggl“ genannt wird und sich ebenfalls an diesem warmen Sommernachmittag im Friedrichspark befindet, bewirtete das Eisstadion von 1971 bis 1997. Clouth erinnert sich, wie „wir nach den Spielen immer nach oben zum Moggl gegangen sind und beim Essen zusehen konnten, wie die Ränge immer leerer wurden.“ Apropos Ränge: Der ehemalige Bundesligaspieler weiß noch gut, wie das Eisstadion ohne Dach, das erst 1969 draufgesetzt wurde, aussah und „funktionierte“. „Wenn es geregnet hat, ist immer mindestens eine Lampe geplatzt. Dann regnete es Glasscherben und wir mussten erstmal kehren“, sagt Clouth und schüttelt fast ungläubig den Kopf.
Nach gut zwei Stunden wird die Gruppe immer kleiner, doch jeder zeigt sich dankbar über diese Möglichkeit, noch mal einen Blick „in sein altes Wohnzimmer“, werfen zu dürfen. „Egal, ob das Stadion nächstes Jahr noch steht oder nicht, wir treffen uns wieder“, hielt Clouth fest.
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