Vortrag - Kathrin Diez aus Stuttgart spricht über „Mülltrennung, Plastikalternativen und Co?“ bei den Nachhaltigkeitswochen der Hochschulen BaWü

Abfall vermeiden als oberste Priorität

Von 
Paula Richter
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Mülltrennung funktioniert in jedem Stadt- und Landkreis anders – nur ein Problem bei der Abfallbeseitigung. © DPA

Ob Plastik, Altpapier, Rest- oder Biomüll: Mülltrennung ist ein fester Bestandteil des Alltags. In den vergangenen Jahren kamen auch zunehmend Themen wie Plastikalternativen und Abfall als Rohstoff auf. Vor allem die kommunal unterschiedlichen Regelungen erschweren das Trennen aber zusätzlich. Kathrin Diez von der Abfallwirtschaft Stuttgart will mit Vorurteilen und Halbwissen in Bezug auf richtige Müllentsorgung aufräumen. Sie ist eine der Referentinnen der Veranstaltung „Mülltrennung, Plastikalternativen und Co – Was macht wirklich Sinn?“ bei den Nachhaltigkeitswochen der Hochschulen BaWü.

Deponie keine Lösung

Gemeinsam mit Katharina Istel vom NABU spricht sie bei der Online-Veranstaltung unter der Leitung des Referenten für Umwelt, Mischa Bareuther, über sinnvolle Mülltrennung. Es gehe unter anderem darum, „gegen die vergessene Flasche im Gebüsch anzuarbeiten“, sagt sie. Früher habe man Müll aus dem Fenster oft direkt auf die Straße entsorgt. „Erst als die Bevölkerung vor allem in den Städten zunahm, wurde die Abfallentsorgung aber zum Problem. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kam es zu einer Professionalisierung der Abfallentsorgung“, erzählt Diez. Man habe begonnen, Abfall zu deponieren. „Damals versuchte man, aus dem Abfall so viele Wertstoffe wie möglich zu ziehen. Später lagerte man alles auf Außendeponien. Schnell wurde aber deutlich, dass das keine Lösung war. Gase entwickelten sich und Sickerwasser wurde durch das Eindringen von Regen in die offenen Deponien zum Problem.“ So habe in den 1990ern in Deutschland die Mülltrennung im Rahmen der neuen Verpackungsverordnung begonnen.

Nachhaltigkeitswochen

Die Nachhaltigkeitswochen Hochschulen BaWü finden 2021 zum zweiten Mal statt. Unter dem Motto „Gemeinsam. Digital. Nachhaltig.“ widmen sich bis zum 23. Mai 150 Veranstaltungen dem Thema.

Organisiert wird das Ganze von studentischen Initiativen – darunter Initiativen der Universität Mannheim.

Ziel der Veranstalter ist, nachhaltiges Denken und Handeln an den Hochschulen voranzubringen. Auf dem Portal der Nachhaltigkeitswochen können Interessierte an den Veranstaltungen über eine BigBlueButton-Konferenz teilnehmen. Sie werden in einen virtuellen Konferenzraum geschaltet und können zuhören oder selbst Fragen stellen. red

Das große Problem heute sei jedoch, dass Mülltrennung in jedem Stadt- und Landkreis anders funktioniere. Dann befragt Kathrin Diez die Teilnehmenden zu ihrem Trennverhalten. Auf die Frage, ob man sich sicher fühle, antwortet eine Mehrheit im Chat mit Ja. Auch als Diez fragt, wie die Teilnehmenden den Müll trennen würden, ist die Antwort fast einstimmig: Immer und in den vorgegebenen Tonnen. Doch als es um Einzelheiten geht, variieren die Antworten. Unstimmigkeit herrscht zum Beispiel über die Versorgung einer benutzten Handzahnbürste. Als Hygieneartikel gehört sie in den Restmüll, denn in den Plastikmüll kommen nur Verpackungen, stellt Diez klar.

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„In der Vergangenheit ging es bei der Müllentsorgung um die gefahrlose Beseitigung, heute geht es mehr um Ressourcen-, Klima- und Umweltschutz“, sagt Diez. Müllvermeidung solle oberste Priorität haben. „Ein wichtiges Ziel des Bundeslandes ist es, mehr Biomüll zu haben und so Restmüll zu vermeiden“, sagt Diez. Darin stimmt ihr Katharina Istel zu. „Viele empfinden Biomüll als etwas Unhygienisches und packen es lieber in den Restmüll. Wir bezeichnen uns zwar immer als Profis, wenn es um Mülltrennung geht, sind aber immer noch Neulinge auf dem Gebiet“, sagt die Expertin vom NABU. Nur die Hälfte aller Verpackungen werde überhaupt recycelt. Istel nennt die Plastiktüte als Symbol für den Verpackungsmüll, räumt jedoch mit dem Vorurteil auf, Papier sei die perfekte Alternative. „Damit Papiertüten nicht reißen, müssen sie aus einer Menge Material hergestellt werden.“ Die Herstellung der Zellulose, die außerdem zu einem großen Teil aus Brasilien kommt, erfordere einen hohen fossilen Energieaufwand.

„Auch die Ökobilanz von Baumwolltaschen ist nicht so gut, wie sie dargestellt wird“, sagt Istel. Ähnlich sehe es mit Biokunststoffen wie zum Beispiel Bioplastiktüten aus. „Ihr Abbau passt oft nicht zu den Anlagen in Deutschland und kann schon gar nicht in der Natur oder im Gartenkompost realisiert werden. Biokunststoffe gehören in den Restmüll, wo sie jedoch thermisch verbrannt werden und somit nach einmaliger Nutzung verloren und damit auch keine Lösung für Verpackungen sind“, sagt Katharina Istel.

Verbindliche Ziele formulieren

Um die Situation zu verbessern brauche es Gesetze, Verbote oder finanzielle Anreize. Zwar habe sich politisch schon Einiges bewegt, doch das System könne noch verbessert werden. Wichtig sei, auf bessere Reinigungsleistungen zu achten und beispielsweise To-Go-Einwegverpackungen zu verteuern. Gleichzeitig müsse man Greenwashing in der Produktwerbung verhindern und verbindliche Abfallvermeidungsziele setzten. Dennoch will Istel alternative Biokunststoffe nicht verteufeln. Sie seien aber nicht die perfekte Lösung. „Nichts, was man wegschmeißt, hat keine Auswirkungen auf unsere Umwelt“, sagt sie.

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