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90 Jahre Tradition in Mannheim: Zu Besuch auf dem Fontanella-Flohmarkt

Ob als Andenken oder für den Privatgebrauch: Beim Flohmarkt des Eiscafés Fontanella im Mannheimer Q6/Q7 kommen die Kundinnen und Kunden auf ihre Kosten. Wir haben uns dort umgesehen und schöne Geschichten gehört

Von 
Jessica Scholich
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Beim Flohmarkt der Familie Fontanella im Mannheimer Q6/Q7-Stadtquartier kommen alle Fans des Traditionscafés auf ihre Kosten. Eisbecher gibt es ab 10 Euro. © Christoph Blüthner

Mannheim. Von roten, blauen und grünen Eisbechern über Stühle, Tische und Lampen bis hin zu Bildern aus den 1930er und 1940er Jahren - wer den Flohmarkt des Eiscafés Fontanella im Q6/Q7 besucht, sieht sofort, dass hier viele Jahrzehnte Geschichte zum Verkauf stehen. „Wir feiern dieses Jahr unser 90-jähriges Bestehen in Mannheim“, erzählt Desi Fontanella, während sie eine Flohmarkt-Kundin abkassiert. 1933 hat ihr Schwiegervater Mario Fontanella den ersten italienischen Eis-Salon in der Quadratestadt eröffnet - im August wurde bekannt, dass die beliebte Filiale auf den Planken zum Jahresende schließt.

Alex und Pilar Doss haben eine ganze Kiste voller Erinnerungen an das Mannheimer Eiscafé Fontanella ergattert. © Christoph Blüthner

Am Mittwoch und Donnerstag hat Familie Fontanella nun einen Flohmarkt veranstaltet, um alles zu verkaufen, was sich über die Jahre angesammelt hat. „Die Dinge stammen zum Beispiel aus unseren ehemaligen Filialen am Wasserturm oder dem Paradeplatz“, erklärt Fontanella. „Nun wollten wir Platz im Lager schaffen und kamen auf die Idee, einen Flohmarkt zu veranstalten.“ Da sich das letzte in Mannheim verbliebene Eiscafé der Familie am Münzplatz zwischen Q6 und Q7 befindet, liege es nahe, die Verkaufstische im Stadtquartier aufzubauen.

Spaghettieis-Presse des Mannheimer Eiscafés Fontanella für Zuhause

Kurz nach der Öffnung des kleinen Verkaufsraums im Obergeschoss stöbern bereits die ersten Kundinnen und Kunden herum, um sich ein oder mehrere Andenken an das Traditionscafé zu sichern. So auch Alex und Pilar Doss, die direkt eine ganze Kiste voller Utensilien ergattern. „Viele Sachen eignen sich super als Weihnachtsgeschenk“, sagen die beiden Mannheimer.

Die Spaghettieis-Presse werden sie aber behalten. „Früher war ich regelmäßig mit meinem Opa bei Fontanella, um ein Spaghettieis zu essen“, erzählt Alex Doss von seiner Kindheit. Nun möchte er das Eis, das Dario Fontanella nach eigenen Angaben 1969 erfunden und erstmals in Mannheim serviert hat, mit der Presse zuhause selbst herstellen.

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Zu Besuch auf dem Fontanella-Flohmarkt

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Auf einem Verkaufstisch in der Mitte des Ladens sind zwischen Fontanella-Armbanduhren und Eisportionierern mehrere Schilder aufgebaut. Ihr Name „Eissorten-Schilder Vintage“ ist Programm: „Sie stammen aus den 1960er Jahren. Das sind die ältesten Gegenstände, die wir heute verkaufen“, erklärt Desi Fontanella. „Solche Andenken sind viel zu wertvoll, um sie wegzuwerfen.“

Benny Schindelhauer (l.) wird an der Kasse von Desi Fontanella bedient. Das Buch „Italiens Weinküche“ möchte er zu Weihnachten verschenken. © Christoph Blüthner

Eines dieser Vintage-Schilder wandert nun in den Besitz von Benny Schindelhauer und Beomjoo Kim. „Divino“ steht darauf. „Übersetzt bedeutet das: göttlich“, weiß Kim. Und Fontanella erklärt, welche Eissorte sich dahinter verbirgt: „Das ist ein Weintrauben-Eis, das aus der Isabella-Traube hergestellt wird. Sie schmeckt leicht nach Erdbeere.“

Marco Stunz ist ebenfalls begeistert von den Eissorten-Schildern - und ersteht direkt zwölf von ihnen. Der Vintage-Fan möchte sie in seinem eigenen Laden, dem Fröhlichladen in der Neckarstadt-West, weiterverkaufen. „Ich kaufe sehr gerne skurriles Zeug“, so Stunz. Auch Stühle des Eiscafés werden künftig in seinem Laden zu finden sein.

Dass es sich beim Traditionscafé um einen Familienbetrieb handelt, wird auch beim Flohmarkt deutlich: Unterstützt wird Desi Fontanella von ihrem Sohn und ihrem Neffen. Außerdem sind zwei Mitarbeiterinnen der Fontanellas im Einsatz. Das eingenommene Geld fließt in die Zukunft des Eiscafés auf dem Münzplatz: „Es gibt immer wichtige Investitionen, zum Beispiel die Produktion neuer Eissorten“, sagt die Betreiberin lachend.

Ein Armband als Dankeschön für alle Fontanella-Kundinnen und Kunden

Die Wahl-Mannheimerin Karina Burgmann ist aus einem besonderen Grund zum Flohmarkt gekommen: „Als mein Mann, mein Sohn und ich vor fünf Jahren hierher gezogen sind, haben wir als erstes ein Spaghettieis bei Fontanella gegessen“, erinnert sie sich. Nun erhalten die Beiden eine Uhr des Familienbetriebs als Weihnachtsgeschenk.

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Die meisten Kundinnen und Kunden seien tatsächlich auf der Suche nach Andenken, berichtet Fontanella von den vergangenen zwei Tagen. Eine Dame habe am Mittwoch zwei Bilder für ihre Großmutter gekauft, die selbst gegen Ende der 1960er Jahre im Eiscafé Fontanella gearbeitet hat. „Nun möchte die Frau ihre Oma mit diesen Bildern überraschen“, erzählt sie gerührt.

Als Dankeschön erhalten alle Käuferinnen und -käufer eine Tüte des Eiscafés sowie ein Armband mit dem Aufdruck „Dolce & Freddo“, auf Deutsch: süß und kalt - wie das Eis, das die Familie Fontanella nun seit fast einem Jahrhundert in Mannheim verkauft.

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