Porträt

100 Kilometer laufen? Für den Mannheimer Holger Hedelt kein Problem

Der Mannheimer Holger Hedelt ist Ultraläufer. Er nimmt sich Strecken vor, die weit über 100 Kilometer hinausgehen - auf der ganzen Welt. Wie er zu seinem extremen Hobby kam, wie er trainiert - und wie sein Hund dabei hilft.

Von 
Maja Hallbauer
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Holger Hedelt mit seinem Trainingspartner Biko. Der Hund hat ein eigenes Laufbuch. © Holger Hedelt

Mannheim. Wo liegt die Grenze? Diese Frage stellt sich der 56-jährige Ultra- und Etappenläufer Holger Hedelt aus dem Mannheimer Stadtteil Sandhofen regelmäßig und testet immer wieder seine Grenzen aus. Während viele Menschen in seinem Alter ihre sportlichen Ambitionen zurückschrauben, sucht Hedelt immer wieder neue Herausforderungen. Der hagere Mann mit dem langen, weißen Bart, der in der IT-Branche arbeitet, erinnert zwar nicht direkt an einen klassischen Athleten. Doch das Erscheinungsbild trügt. Was als ärztlicher Rat, mehr Sport zu machen, begann, entwickelte sich zu einer Leidenschaft für extreme Distanzen, die ihn weit über die 42 Kilometer eines Marathons hinausführt. Im Gespräch erzählt er von seinem Weg in den Extremsport, den Herausforderungen und seiner unerschütterlichen Motivation.

Marathon, Ultra- und Etappenläufe - wo liegt der Unterschied?

Der Marathon ist mit seinen 42,195 Kilometern die klassische Langstrecke. Die zu bewältigende Distanz wird meist in unter fünf Stunden gelaufen. Der Wettbewerb wird in einem einzigen, ununterbrochenen Rennen durchgeführt, wobei die Teilnehmer an einem festgelegten Start- und Zielpunkt starten und das Rennen absolvieren müssen. Ultraläufe hingegen umfassen meist 50, 100 oder mehr Kilometer.

Der Hauptunterschied zum normalen Marathon liegt jedoch nicht nur in der Länge, sondern auch in der extremen Belastung und der schwierigen Terrainbeschaffenheit. Ultramarathon-Wettbewerbe sind meist Non-Stop-Veranstaltungen, das heißt, die Teilnehmer laufen ununterbrochen. Ultraläufer müssen eine außergewöhnliche Ausdauer entwickeln, um stunden- oder tagelang zu laufen.

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Etappenultramarathons kombinieren die Herausforderung von Ultramarathons mit dem zusätzlichen Aspekt, die Strecke über mehrere Tage aufzuteilen. Die Teilnehmer laufen täglich eine festgelegte Kilometerzahl und tragen dabei ihr eigenes Gepäck. Der Rucksack muss ein bestimmtes Gewicht einhalten und nicht nur Verpflegung, sondern auch Wechselkleidung und oft auch eine Isomatte und einen Schlafsack beinhalten. Diese Art des Wettkampfes, wie etwa der „Kalahari Augrabies Extreme Marathon“, der in Südafrika stattfindet, erfordert extreme physische und mentale Belastbarkeit, da sich die Läufer nach jedem Tag regenerieren müssen.

Vom Rat der Ärzte hin zur großen Leidenschaft

Als Holger Hedelt Ende der 90er von seinen Ärzten geraten wurde, Laufen zu gehen, war er weit davon entfernt, sich das Leben eines Langstreckenläufers vorzustellen. „Zehn bis zwölf Kilometer am Stück zu laufen, waren damals schon kaum vorstellbar für mich“, erinnert sich der Sportler. Als dann ein Freund auf ihn zukam und vorschlug, gemeinsam einen Marathon zu laufen, willigte Hedelt nach langem Überreden ein. Zu diesem Zeitpunkt war der Extremsportler schon etwas lauferfahren und trainierte dann ab November 2001 intensiv.

Im Mai 2002 lief er schließlich seinen ersten 42-Kilometer-Lauf. Was eine einmalige Herausforderung sein sollte, entwickelte sich zu einem Hobby, das ihn bis heute nicht loslässt. Durch den Kontakt mit anderen Läufern hörte Hedelt von längeren, 50 bis sogar 100 Kilometer langen Strecken und sogenannten Etappenläufen. Das weckte sein Interesse.

Holger Hedelt verfolgt keinen Trainingsplan und hat keinen Trainer. „Ich plane meine Woche grob“, sagt er. Trotz Familie und Job schafft er es, regelmäßig laufen zu gehen. „Ich mache etwa 100 Kilometer pro Woche, je nach Wetter und Terminkalender.“ Auch einen festen Ernährungsplan hat er nicht. Der Sportler setzt auf Intuition und Körpergefühl. „Ich esse das, worauf ich Lust habe. Mein Körper sagt mir, was er braucht.“ Die Ausrüstung ist schlicht, aber effektiv: Gute Laufschuhe, orthopädische Einlagen und enge, funktionale Kleidung, die nicht scheuert.

Holger Hedelt beim Kalahari- Ultraetappenlauf in Südafrika. © Holger Hedelt

Soziale Kontakte auf der ganzen Welt

Um stets motiviert zu bleiben, plant Hedelt sich bereits ab Oktober Ziele für das Folgejahr ein. Seine Motivation liege darin, diese Ziele auch zu erreichen, erzählt er. Und wenn es dann doch mal an Motivation fehlt, bringt sein Hund ihn dazu, laufen zu gehen. Mit dem Harzer Fuchs Biko an seiner Seite ist Hedelt sogar schon zwei Marathons und zwei Ultramarathons gelaufen, bei denen Biko sogar offizielle Urkunden erhalten hat. „Wenn man jemanden als meinen Trainer bezeichnen kann, dann ist das Biko,“ sagt Hedelt. „Er trainiert 90 Prozent der Zeit mit mir, und er hat auch ein eigenes Laufbuch.“

Ein weiterer faszinierender Aspekt für Hedelt, sind die sozialen Kontakte, die er durch den Sport immer wieder schließt. Bei seinen unzähligen Läufen lernte er Menschen aus aller Welt kennen, mit denen er auch heute noch in Kontakt steht. Was ihn eher wenig interessiert, ist die Platzierung. „Es ist schon vorgekommen, dass ich nach einem Lauf, wenn ich schon zu Hause bin, sehe, dass ich auf dem Siegerpodest gelandet bin. Das ist natürlich schön, interessiert mich aber eigentlich nicht wirklich.“

Das Ziel: Von Athen nach Sparta und wieder zurück

2015 erlitt Hedelt einen Kreuzbandriss und eine Meniskusverletzung und wurde von seinen Ärzten für sportinvalide erklärt. Trotzdem ließ er sich nicht entmutigen. Nach einer Operation im Juni 2015 fing er im selben Monat, nach Absprache mit seinen Ärzten, wieder mit dem Laufen an und startete im November bei einem Marathon. Auch mit dem Alter bemerkt Hedelt die ersten körperlichen Veränderungen. „Meine Regenerationszeit hat sich verlängert, und für einen Marathon, den ich früher in 3,15 Stunden gelaufen bin, brauche ich jetzt vier Stunden.“ Ob ihn das psychisch belastet? „Überhaupt nicht“, antwortet Hedelt. „Natürlich muss man sich fragen, wie lange das Ganze noch vernünftig ist, aber ich kann das gut wegstecken. Altern ist ganz normal.“

Auch Holger Hedelts Ziele haben sich in den vergangenen Jahren geändert. Heute geht es ihm nicht mehr darum, persönliche Rekordzeiten im Marathonlauf aufzustellen. Er setzt sich immer weitere Distanzziele. „Wie weit kann ich nonstop laufen? Wo liegt meine Grenze? Das fasziniert mich“, sagt Hedelt. Die längste Strecke, die er bisher ohne Pause lief, bewältigte er beim sogenannten Spartathlon.

Der Spartathlon ist ein Ultramarathon, der die Strecke von Athen nach Sparta über 246 Kilometer umfasst. Die Teilnehmer müssen innerhalb von maximal 36 Stunden die Strecke bewältigen, wobei sie dabei anspruchsvolle Hügel überwinden, und das bei extremen Temperaturen. Hedelt ist das aber noch nicht genug. Auf seiner Bucketlist steht unter anderem, den Spartathlon hin und zurückzulaufen.

Laufinteressierten rät der Mann aus Sandhofen, langsam zu starten. Wenn man es mit dem Training übertreibe, könne das schnell zu Verletzungen führen und demotivierend sein. Man solle sich realistische Ziele setzen und die im Auge behalten. „Man muss es wollen, egal, um was es geht. Die richtige mentale Einstellung ist der Schlüssel zu vielem.“

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