Mannheim. Einige malen ganz konzentriert mit ihren Stiften und scheinen gar nicht mitzubekommen, was um sie herum passiert. Andere schauen fasziniert, ja gebannt zu der Frau, die da in dem großen Sessel sitzt. Aber als sie fragt, wie es so ist mit Hunden und Katzen, da gehen viele Finger in die Höhe und alle wissen: „Die ärgern sich immer!“ Doch in der Geschichte, die Barbara Waldkirch den Kindern in der Lese- und Lauschestunde in Halle 16 des Maimarkts vorträgt, wollen sich Hund und Katze vertragen. Und auf die Frage, ob ihnen das gefallen hat, nicken die Kleinen heftig.
Eine Lesung aus Kinderbüchern, in der ganz kleine Zuhörer ganz still lauschen - das erwartet man eher nicht auf dem Maimarkt. Doch nicht nur aus Kinderbüchern wird hier gelesen, auch aus Krimis, Romanen, ja sogar Lyrik. Und am kommenden Montag und Dienstag ist sogar eine offene Lesebühne geplant, wo fast ständig Autoren aus ihren Texten vortragen.
Ausstellung zeigt Querschnitt, was im Ländle verlegt wird
„Und nächstes Jahr planen wir noch mehr“, sagt die Feudenheimer Verlegerin und Buchhändlerin Barbara Waldkirch. Immerhin hat sie es dieses Jahr zum ersten Mal geschafft, dass aus der „Kulturecke“ im Basarzelt inzwischen eine ganze Halle geworden ist. Entstanden ist die Idee 2010 als Teil der damaligen Sonderschau der Kreativwirtschaft, und seither wurde sie immer weiterentwickelt. Nun präsentieren sich hier schon neun regionale Kleinverlage, dazu weitere Aussteller mit verwandten Produkten wie Postkarten oder Spielen. Ikea hat die kleinen Tischschen und Stühlchen sowie den Ohrensessel für die Leseecke gespendet. Waldkirch arbeitet bei der Planung eng mit Monika Kunzel, der für die Halle zuständigen Mitarbeiterin der Mannheimer Ausstellungsgesellschaft, zusammen. „Eine ganze Halle für die Kultur - das ist doch toll, daran wollen wir weiter arbeiten“, teilt sie Barbara Waldkirchs Vision, den Maimarkt zu einer regionalen Buchmesse auszubauen.
Ob in der Leseecke oder auf der Bühnenfläche - jeden Tag wird hier etwas geboten, vom Auftritt des Kinderchores des Nationaltheaters über Sascha Krebs vom Capitol und dem fast täglich aktiven Rhein-Neckar-Theater bis hin zu den Lesungen.
„Natürlich ist das manchmal schwierig, die Leute kommen und gehen, eine halbe Stunde lang setzt sich selten jemand hin“, berichtet Lyrik-Autor Manfred Klenk vom Literarischen Zentrum Rhein-Neckar „Die Räuber 77“, die ebenfalls mit einem Stand vertreten sind. „Aber die Leute halten kurz inne, und es gibt schon interessierte Zuhörer“, freut er sich. „Die Räuber 77“ hätten durch den Maimarkt sogar drei neue Mitglieder gewonnen. „Man weiß nicht bei jedem Besucher, ob er sich setzt, weil er müde ist, oder weil er zuhören will“, ergänzt Rudy Kupferschmitt, ebenfalls bei den „Räubern 77“ aktiver Autor. „Aber man kommt mit Leuten ins Gespräch“, sagt er und ist dankbar, dass der Maimarkt auch der Literatur einen Platz einräumt: „Ich fühle mich wohl hier.“
Das gilt noch mehr für den Weinheimer Krimiautor Christian Hofbauer. 80 Bücher seines Titels „Die Inselcops - Zwei auf Norderney“ hat er für den Maimarkt eingepackt, aber schon kurz vor der Halbzeit sind sie alle verkauft gewesen und er muss weitere Exemplare nachordern. „Es ist überwältigend“, strahlt er: „Ich hätte nie gedacht, hier solchen Zuspruch zu bekommen.“ Daher wolle er im nächsten Jahr auf alle Fälle wiederkommen.
„Sehr, sehr zufrieden“ äußert sich ebenso Alexander Freudenthal vom Verlag „Rudolf Steiner Ausgaben“, der die Schriften des Reformpädagogen sowie Begründers der Anthroposophie vertreibt. Auf dem Maimarkt erreiche man „viele Leute verschiedenster Schichten“ und könne sie gut ansprechen. Keine Bücher, sondern multimediale Krimi-Brettspiele hat Benjamin Scheel, Geschäftsführer vom Stuttgarter Magnificum-Verlag, dabei. Sonst sei er nur auf Fachmessen, „aber hier ist das Interesse der Leute auch toll, wir haben nette Nachbarn in der Halle, gute Stimmung, Betreuung durch die Messeleitung eins A“, lobt er.
„Autorinnen und Autoren aus Baden-Württemberg" sind auf dem Maimarkt zu finden
„Die Resonanz ist gut“ antwortet aber auch Thorsten Böhler von der Selbsthilfegruppe „SALuMA“ für Analphabeten. „Es ist wichtig, den Leuten bewusstzumachen, wie viele Menschen davon betroffen sind - und wie wir ihnen helfen“, erklärt Thorsten Böhler.
Genau an solche Menschen hat auch Barbara Waldkirch gedacht. Neben den von ihr verlegten vielen regionalen Krimis, Romanen sowie Büchern zur regionalen Geschichte wie auch aktuellen Anlässen, etwa die Bundesgartenschau, hat sie speziell Titel der Reihe „Superlesbar“ auf dem Maimarkt dabei. „Kurze Sätze, aufgelockertes Satzbild, lesefreundliche große Schrift, leicht zu verfolgende Handlung“ zählt sie die Vorteile auf, die für verschiedene Altersgruppen den Einstieg ins Lesen leicht machen. Dazu kommt ein großes Angebot an neuen ebenso wie klassischen Kinderbüchern, die sie gleich an der Leseecke präsentiert.
Zudem betreut Barbara Waldkirch für den Landesverband des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels und das baden-württembergische Wissenschaftsministerium die Ausstellung „Autorinnen und Autoren aus Baden-Württemberg“, deren Vitrinen fast eine halbe Hallenwand füllen. Dies sei „ein Querschnitt, was im Ländle alles verlegt wird“, sagt sie - von Romanen und Krimis über Sachbücher bis zur Mundart. Man findet da viel Schwäbisches (etwa „s’Prinzle“ statt „der kleine Prinz“) und vom Bodensee, aber auch aus Mannheim stellvertretend das Buch über die Jüdische Gemeinde Feudenheim.
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