Spiegelschlöss'l

Was Kerweborsch Fritz Hoffmann über Mannheim-Luzenberg sagt

Ein Traditionsfest wie eh und jeh: Bei der Kerwe im Mannheimer Stadtteil Luzenberg nimmt Kerweborsch Fritz Hoffmann kein Blatt vor den Mund. Die Kerwegäste im Spiegelschlösss'l amüsierten sich prächtig

Von 
Sylvia Osthues
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Kerweborsch Fritz Hoffmann hoch oben auf der Leiter beim Kerwekranz. Llinks Kerweborsch Dennis Hoffmann. © Sylvia Osthues

Mannheim. „Kerwe uffm Luzeberg im Spiegelschlöss´l“ – da strömten nicht nur die Bewohner des Stadtteils herbei. Gäste aus Sandhofen, der Gartenstadt oder Lampertheim saßen mit ihnen beisammen im gemütlichen und bis auf den letzten Platz gefüllten Biergarten, als das Blaulicht Trio mit mitreißenden Schlagern der 60er und 70er Jahre zum gemütlichen Hock anstimmte.

Die Sommersonne brannte auf der Haut, die Steaks brutzelten auf dem Grill und das Bier floss in Strömen. Doch nur scheinbar war alles wie immer, denn viel hat sich geändert im Stadtteil zwischen Neckarstadt-West und Sandhofen. Vor allem: Fritz Hoffmann ist nicht mehr der Wirt vom Spiegelschlöss´l. Mitte dieses Jahres hat er sein weit über den Stadtteil hinaus beliebtes Restaurant in jüngere Hände gegeben.

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Seit dem 1. Juni ist Chris Koufaliotis die neue Wirtin. Ur-Luzenbergerin Waltraud Esser freute es, dass es weitergeht: „Das Spiegelschlöss´l ist sehr wichtig, wir haben ja nichts anderes“, meinte sie. Froh wäre sie auch, wenn endlich mal der Jugendtreff gebaut würde. „Die Baustelle ist zwar schon abgesperrt, aber es tut sich nichts“, bedauerte sie.

"Eines der letzten deutschen Feste im Ortsteil"

„Und der wilde Sperrmüll auf dem Grundstück gegenüber der Kirche ist ein Dauerproblem“, schimpfte ihre Cousine Hella Zorn. Zusammen mit befreundeten Frauen stießen sie auf die Luzenberger Kerwe an, „Weil es hier so gemütlich und urig ist, aber vor allem wegen der Kerweredd vumm Fritz, der nimmt kein Blatt vor den Mund und sagt wie es ist“, freuten sich auch Heinz Müller und Bernd Rohrmann aus Sandhofen. „Un schä, dass die ganz Corona widda do is, ich hätt euch beinah nät erkannt ohne Maske“, legte Fritz Hoffman in gewohnter Manier nach zwei Jahren Corona-Pause auch gleich los.

„Isch hab’s vasproche, bis isch sterbe gibt’s die Luzzbäga Kerwe.“ Dieses Versprechen nahmen die begeistert applaudierenden Gäste dem Luzenberger Kerweborsch sogleich und auch sehr gern ab. „Ja, s‘hat sich viel vaännad...“ bedauerte Hoffmann. In seiner Kerwerede, die wie immer lang und wortreich war, teilte er teilweise kräftig aus und kritisierte die eine oder andere Entwicklung auf dem Luzenberg. .

„Unsere Kerwe uff‘m Luzeberg is eines der letzten deutschen Feste hier in diesem Ortsteil“, so Hoffmann. Er bedauerte den Wegzug vieler „Ureinwohner“ vom Luzenberg. „Die meischde sin doch u‘geloge g‘storwe odda fortgezoge.“ Heute wohnten im Stadtteil Menschen aus aller Welt – zu erkennen an den Namen auf den Klingelschildern. Doch nicht nur Familien aus verschiedenen Nationen, Kulturen und Religionen lebten heute auf dem Luzenberg, sondern neuerdings eroberten auch „die Reichen“ seinen Heimatort. Dort wo er als Junge noch im Rhein geschwommen sei, hätten sie alles zubetoniert mit ihren Häusern, Tiefgaragen und Bootsanlegern.

Viele Geschäfte schließen

Hoffmann kritisierte auch den Rückgang der Geschäfte vor Or: Als Kind ging man noch zum Haut – so hieß der damalige Kioskbesitzer am Luzenbergclub – und kaufte Brausestangen oder Leckmuscheln. „Reines Zuckerwerk, das nicht unter Lebensmittel lief“, erklärte Hoffmann dem lachenden Publikum. Auch einen Frisör gebe es nicht mehr auf dem Luzenberg, doch „Gottseidank“ noch ein paar Geschäfte: eine Metzgerei, ein Lotto Toto Geschäft, wo es alles für den Lebensbedarf gibt, wie im Kiosk an der Waldhofstraße, der außerdem ein beliebter Kommunikationsort ist.

Deshalb ließ Hoffmann auch die Kerwe, das Baulicht Trio mit Horst Karcher (Akkordeon), Fritz Martinek (Gitarre) und Günter Hamann (Schlagzeug) als langjährige musikalische Begleiter und seine Gäste hochleben: „Endlich, do sin sä widda die Banause nach faschd drei Johr Corona-Pause geht‘s widda los, dieselbe Leier, dä Kerwekranz, die Kerwefeier – alle sin da versammelt, um unsere aussterbende Kultur noch ein bissel zu pflegen.“ Zu seinem Engagement erklärte der Kerweborsch: „Das mach ich, weil dä Luzäbäg moi Heimat is, do bin ich gebore.“

Freie Autorin

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