Seckenheim

Wie der Neckar bei Mannheim-Seckenheim renaturiert wird

Der Neckar bei Seckenheim soll in seiner ökologischen Qualität weiter verbessert werden, an einer Stelle aber auch für die Bevölkerung zugänglich bleiben. Wie das Konzept aussieht

Von 
Konstantin Groß
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Die Neckarschleife zwischen Seckenheim (l.) und Ilvesheim – ein ökologisches Kleinod im Ballungsraum. Und das soll es bleiben. © Stadt Mannheim/Ratsinformationssystem

Mannheim. Der Neckar in Höhe von Seckenheim soll in seiner ökologischen Wasserqualität aufgewertet, ein Teil des Ufers aber zugleich für die Bevölkerung zugänglich gestaltet werden. Einem entsprechenden Konzept stimmte der Bezirksbeirat des Stadtteils in seiner jüngsten Sitzung einmütig zu. Über erste Schritte zum offiziellen Start des Verfahrens muss der Technische Ausschuss des Gemeinderates in seiner Sitzung am 8. Oktober befinden.

Worum geht es? Die ökologische Qualität in der Neckarschleife zwischen Ilvesheim und Seckenheim hat sich in den letzten Jahren verschlechtert. Vor allem der Bereich unterhalb der Brücke verlandet zunehmend und wird bei Niedrigwasser für Fische zu einer tödlichen Falle. Die Kiesbank auf Ilvesheimer Seite wurde weggeschwemmt, so dass stattdessen naturschutzrechtlich geschützte Uferbereiche von der Bevölkerung genutzt werden. Dem soll nun entgegengewirkt werden.

Erste Maßnahme: Die Strömung in der Altneckarschleife wird durch gestalterische Maßnahmen so verändert, dass mehr Wasser durch die von Verlandung bedrohte Rinne auf Seckenheimer Seite fließen kann.

Zweite Maßnahme: „Eine Steuerung der Erholungssuchenden auf naturschutzfachlich vertretbare Flächen“, wie Christian Konowalczyk vom städtischen Fachbereich Geoinformation und Stadtplanung formuliert. Dies wird vielfältige Vorteile bringen, etwa für Angler, weil dadurch neue Lebensräume für Fische entstehen, aber auch für Kanusportler, die an den Flanken anlegen können. „Es ist eine sehr umfassende Maßnahme“, betont Konowalczyk, „nicht nur ein Gewinn für die Natur, sondern auch für den Menschen.“

Bürgermeister Eisenhauer sagt: "Maßnahme zum Hochwasserschutz"

„Und es ist eine Maßnahme zum Hochwasserschutz“, ergänzt Baubürgermeister Ralf Eisenhauer. Wenn der Rhein bislang Hochwasser führt, dann drückt das Wasser hierher rückwärts hinein. Aber führt der Rhein Niedrigwasser und der Neckar selbst Hochwasser, dann weist dieser einen gefährlichen Fließdruck auf. In den vergangenen zehn Jahren kam es zwei Mal vor, dass vom Wehr Ladenburg aus eine solche Hochwasserwelle durchgeschossen ist.

Zudem reiht sich die Maßnahme ein in verschiedene andere zur Renaturierung des Neckars auf ganzer Linie. Das große Ziel: „Die Stadt wieder an die Flüsse zu bekommen, den Fluss wieder in das Bewusstsein der Menschen zu bringen“, wie Stefan Häfner vom kommunalen Fachbereich Stadtentwicklung formuliert.

Die Stadtteilvertreter interessiert natürlich vor allem, wie der für die Bevölkerung gedachte Zugang zum Wasser aussehen soll. Der Standort dafür musste mit Naturschutz-, Bodenschutz- und Wasserschutz- sowie Wasserschifffahrtsbehörden abgestimmt werden. Er liegt nahe der Öffnung der Stadtmauer und dem Trampelpfad vom Radweg aus (die Seckenheimer wissen, wo das ist).

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Katja Geiler
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Hier wird für die Bürger der Zugang zum Neckar geschaffen. Er beginnt auf einer Schotterrasenfläche oder gemähten Rasenfläche, genau ist das noch nicht geklärt. Kurz vor der Böschung beginnt der Weg abzufallen bis zu einer vorgelagerten Fläche, auf der man fast direkt ans Wasser herankommt. In die abfallende Böschung werden fischgrätenartig Sitzstufen eingebaut, damit man sich ausruhen und den Ausblick auf den Neckar genießen kann. Begehbare Sporne schließen sich an. Durch sie wird eine Beruhigung des Gewässers erreicht, was für Fischarten wie die Barbe wichtig ist, auch und gerade zum Laichen.

Wie geht die Umsetzung vor sich? Nach der jüngsten Novellierung des Wasserstraßengesetzes ist der Bund zuständig - als dies in der Sitzung bekannt gegeben wird, erhebt sich im Publikum lautes Raunen. „Wir sind hier um die 50, und wenn der Bund das macht, wird das keiner von uns im Raum erleben“, schmunzelt Konowalczyk. Denn der Bund hat mitgeteilt, dass das Projekt in Seckenheim für ihn keine Priorität hat.

Aber es gibt eine Lösung: Die Zuständigkeit für Einzelmaßnahmen kann vom Bund vertraglich auf Dritte übertragen werden. Dazu müssen entsprechende Verhandlungen mit dem Bund geführt werden, aber auch mit der Gemeinde Ilvesheim, die ja ebenfalls Anrainer ist.

Bis wann die Maßnahme umgesetzt werden kann

„Eine Bundeswasserstraße und eine Gemarkungsgrenze, das ist eine schwierige Kombination“, bekennt Häfner. Daher ist das umfassendste Instrument des Planungsrechts vonnöten, nämlich ein Planfeststellungsverfahren. Dies allein wird anderthalb bis zwei Jahre dauern. Nach dessen Genehmigung folgt die detaillierte Ausführungsplanung und danach die Ausschreibung. Das wird in den Jahren 2028/29 der Fall sein. „Realistisch ist, dass die Maßnahme bis 2033 umgesetzt ist“, heißt es.

Natürlich nur, wenn das nötige Geld vorhanden ist. Doch es gibt Zuschüsse vom Land, und die betragen stolze 85 Prozent der förderungsfähigen Kosten. Insgesamt wurden diese vor einigen Jahren auf 1,7 Millionen Euro geschätzt zuzüglich 400 000 für den Neckar-Zugang. Allerdings weiß niemand, wie lange es das Förderprogramm des Landes noch gibt: „Deshalb sind wir auch so hinterher mit den Verhandlungen mit dem Bund“, betonte Häfner. Bei grünem Licht im Technischen Ausschuss des Gemeinderates am 8. Oktober will er daher gleich loslegen.

Dass dieses erfolgt, das scheint nahezu sicher. Alle politischen Kräfte im Bezirksbeirat jedenfalls äußern sich positiv, ja begeistert. „Das Projekt bietet die Möglichkeit, ein Kleinod zu entwickeln“, schwärmt Grünen-Bezirksbeirat Cornelius Zapf. „Auch unsere Fraktion ist ein Fan davon“, ergänzt SPD-Sprecherin Evi Korta-Petry. Und Grünen-Stadträtin Nina Wellenreuther formuliert: „Das ist ein großer Wurf, der hier gemacht wird.“

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