Die künftige Bebauung der früheren Otto-Bauder-Anlage in Seckenheim bleibt umstritten. Bei der Online-Bürger-Information der Stadt am Mittwochabend äußerten die Anlieger erneut Kritik an der geplanten Höhe der Gebäude und an der Verkehrserschließung für das Quartier, in dem ab 2025/26 etwa 250 bis 300 Wohneinheiten entstehen sollen.
Um es vorwegzunehmen: Diese Diskussion verläuft ausgesprochen sachlich. „Da habe ich schon ganz andere erlebt“, resümiert ein „alter Hase“ der Mannheimer Kommunalpolitik, SPD-Stadtrat Reinhold Götz. Wohl auch das digitale Format mit seinen Tücken („Schalten Sie bitte Ihr Mikrofon ein“) führt dazu, dass emotionale Ausbrüche ausbleiben.
Ohnehin müssen sich die 70 Bürger zunächst in Geduld üben. Verena Trojan vom Darmstädter Architekturbüro Trojan + Trojan erläutert ausführlich ihren prämierten Entwurf (siehe Infobox). Erst nach 54 Minuten haben die Bürger das Wort.
Dieser Entwurf sei „sehr entwicklungsfähig“, so Ludwig Schwöbel euphemistisch. Vor allem, was die Verkehrserschließung angeht. Es müsse eine stärkere Anbindung an die Umgehungsstraße sichergestellt, dafür eine „Stichstraße“ im bislang verkehrsfrei geplanten Zentrum geschaffen werden. „Das ist ein Diskussionspunkt für die Zukunft“, erwidert Verena Trojan: „Das können wir jetzt nur zur Kenntnis nehmen.“
Streitpunkt Platz vor der Kita
Dabei erhält sie aber auch Rückendeckung, unter anderem von einem jungen Vater. „Ich würde die Verkehrsberuhigung begrüßen“, bekennt Florian Mannheim: „Ich sehe eine Durchfahrtsstraße vor der Kita absolut negativ. Das wäre für die Kleinsten eine untragbare Lösung.“
Der Gemeinderatsbeschluss, die Haupterschließung über die Randerschließungsstraße vorzunehmen, sei „überhaupt nicht berücksichtigt“, beklagt dagegen Klaus Benz. „Von den fünf Tiefgaragen sind vier nur über die Wildbader Straße zu erreichen“, warnt er vor Belastungen.
Das ist auch die Sorge von Fritz-Jochen Weber. „Ich finde es höchst unfair, dass man hier eine grüne Idylle plant zu Lasten von all denen, die bisher hier wohnen“, beklagt er. Die Wildbader Straße grenze an ein Gewerbegebiet, das an sich schon viel Verkehr erzeuge. Weber befürchtet ein Verkehrschaos, wenn dazu noch „täglich 1000 Autos“ aus dem neuen Quartier ausfahren. Die Vorstellung, dass die Neubürger vor allem mit dem Fahrrad unterwegs seien, ist für ihn schlicht „Quatsch“.
Neubau-Projekt „Otto-Bauder-Anlage“ in Seckenheim
- Das vier Hektar große Gelände, benannt nach dem SPD-Stadtrat Otto Bauder (1912-2002), wurde bis 2020 vom SV Seckenheim genutzt. Nach Umzug des Vereins auf die Bezirkssportanlage beschloss der Gemeinderat für dieses Areal Wohnbebauung.
- Insgesamt entstehen 250 bis 300 Wohneinheiten. Die Hälfte des Baulandes ist für Geschosswohnungsbau vorgesehen, jeweils ein Viertel für Reihen- und für Einfamilienhäuser. Baubeginn könnte 2025/26 sein.
- Im Gestaltungswettbewerb gewann 2021 das Darmstädter Büro Trojan + Trojan. Die Planung sieht ein zentrales Parkhaus („Quartiersgarage“) und eine Kita im verkehrsberuhigten Zentrum vor. Haupterschließung: über die Neuostheimer Straße.
Weiterer Kritikpunkt: die geplante Höhe der Neubauten. „In der Herrenalber Straße sind die Häuser nur eingeschossig plus ausgebautem Dach“, sagt Rainer Bade. Die Neubauten würden jedoch dreigeschossig plus Dach: „Da müssen Sie definitiv noch einmal rangehen.“
Da zeigen sich Stadt und Planer in der Tat flexibel. „Wir müssen uns die Ränder noch einmal anschauen, besonders den östlichen Rand“, sagt Anne-Sophie Hölderle von der Stadtplanung. Und auch Architektin Trojan bekennt: „Wir sind uns alle einig, dass der Übergang noch nicht stimmt.“ Angesichts solcher Aussagen kommt Unverständnis auf. „Was ist das denn für ein prämierter Entwurf“, bringt Doris Keith die Stimmung auf den Punkt, „wenn man erst alles noch konkretisieren muss.“
Rüdiger Lapsit hat eine ganz andere Sichtweise: „Wir haben 700 Leute auf der Liste, die nach Seckenheim ziehen wollen“, sagt der Vertreter der Baugenossenschaft Seckenheim. Für ihn ist wichtig, dass Wohnraum zu erschwinglichen Preisen geschaffen wird. Die Planung von Tiefgaragen und Fahr-stühlen verteuerten dies erheblich.
Florian Mannheim treiben ähnliche Sorgen: „Parkraum ist der teuerste Wohnraum.“ Selbst Gutverdienenden sei es kaum mehr möglich, Einfamilienhäuser von einer dreiviertel Million Euro zu finanzieren.
Sorge auch, wie das geplante Parkhaus, Quartiersgarage genannt, aussehen wird. Wolfgang Bauer aus dem Gutacher Ring hätte es vor Augen - viergeschossig, wenn es mit dem angedachten Blockheizkraftwerk kombiniert wird. „Die Energieversorgung ist nicht Teil des Wettbewerbs“, erwidert Hanno Ehrbeck, Chef der Stadtplanung Mannheim.
Dass diese Garage „hässlich wird wie die Nacht, ist Teil unserer Befürchtung“, bekennt Volker Lang, ebenfalls vom Gutacher Ring, und fragt nach Sicht- und Lärmschutz. „Wir werden weiter daran arbeiten“, sagt Architektin Trojan zu: „Da muss man nach Lösungen suchen.“ Und Stadtplanungschef Ehrbeck versichert: „Die Garage wird nicht hässlich wie die Nacht, sondern so schön wie die Königin der Nacht.“
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Neubaugebiet Seckenheim Wohnraum-Schaffung hat Vorrang