Mannheim. Mittags im „Prinz Max“. Die Sonne scheint, sämtliche Plätze im Hof sind besetzt, die Bedienungen unentwegt unterwegs. Das Traditionslokal im historischen Ortskern von Seckenheim ist quicklebendig. Auch nach 300 Jahren.
Oder um korrekt zu sein: Nach 301 Jahren. Denn eigentlich war das seltene Jubiläum bereits im vergangenen Jahr, doch wegen Corona das Feiern damals nicht möglich. Das holten Inhaberin Rita Biegel-Weber und ihr Mann Heinz Biegel jetzt nach – und zwar gleich bei einer ganzen Jubiläumswoche mit Live-Musik. Der Anlass aber verdient das auch, denn immerhin ist der „Max“ das älteste Lokal Seckenheims und eines der ältesten der Region.
Wir schreiben das Jahr 1721, als dieser Gasthof im Hunsrück, dem ältesten Viertel Seckenheims, unter dem Namen „Zum Anker“ gegründet wird. Die Nähe zum Neckar steht bei dieser Namenswahl Pate, Fischer aus den Fischgründen am Wörth und Schiffer von der nahe gelegenen Fähre bilden die natürliche Kundschaft. Auch der erste Wirt Christoffel Wolf, bei Eröffnung des „Ankers“ 34 Jahre alt, ist hauptberuflich Fischer und betreibt seine Gaststätte, wie damals in der Gastronomie üblich, im Nebenerwerb. Anfangs ist sie auch Herberge, nämlich offizielle Übernachtungsstätte der Flößer und Treidler. Diese Gäste fallen jedoch nach 1878 durch Einsatz der Kettenschlepper und endgültig nach 1930 mit dem Bau des Neckarkanals weg.
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Sohn des Großherzogs
Knapp 140 Jahre nach der Gründung, 1860, erhält das Lokal einen neuen Namen, „Prinz Max“, den es noch heute trägt. Referenz an Maximilian von Baden (1796-1882), Sohn des Großherzogs und General. Warum diese Umbenennung erfolgt, ist nicht überliefert.
Zudem verfügt der „Max“ über die bekannteste Kegelbahn am Ort. Neun Kegelclubs und drei Stammtische pro Tag sind hier zu Hause. Die Tradition der Stammtische wird heute noch oder besser gesagt: wieder gepflegt. „Und das vor allem von Leuten um die 30“, wie Heinz Biegel berichtet. Aber er kümmert sich auch engagiert um diese Tradition.
Dabei kommt der Ur-Seckenheimer nur zufällig zur Gastronomie im Allgemeinen und zu diesem Haus im Speziellen. Bei einer Geburtstagsfeier vor rund zwei Jahrzehnten berichtet ihm sein Bruder, dass der „Prinz Max“ zum Verkauf steht. Gemeinsam schwelgen sie in Erinnerungen, wie sie als Jugendliche hier Tischfußball gespielt haben. Und scherzhaft sagt der Bruder: „Den ’Prinz Max’ könntest Du doch kaufen.“
Zwar wechselt das Thema bald wieder. „Doch ein Korn war eingepflanzt“, berichtet Biegel. Drei Wochen später vereinbart er mit dem bisherigen Betreiber einen Besichtigungstermin. 2005 kaufen die Biegels die Gaststätte. Zunächst wollen sie eigentlich nur die dringend notwendige Renovierung vornehmen. Doch dabei passiert das, was oft in solchen Situationen passiert: Als es losgeht, kommen erste Teile der Lehmdecke runter. „Nichts mit sukzessiver Renovierung“, schmunzelt Biegel. Das Haus muss grundsaniert und entkernt werden. Auch der Kamin wird flott gemacht und kann im Winter mit Holz beheizt werden.
Kunden aus dem Umkreis
Ein Jahr später kann das Lokal am 1. Juli 2006 eröffnen. „Es hat gleich eingeschlagen“, erinnert sich Biegel: „Immerhin komme ich ja aus Seckenheim.“ Aber auch von außerhalb in einem Umkreis von 50 Kilometer stammen die Kunden. „Diesen Ruf haben wir uns hart erarbeitet“, sagt Biegel und verweist auf die regionale Küche: „Bei uns gibt es an Kerwe noch Schweinepfeffer.“ Oder Dampfnudeln. Natürlich sind auch vegetarische Gerichte im Angebot, allerdings keine veganen: „Die Nachfrage bei uns ist eher gering.“
Doch vor allem ist alles selbst gemacht, auch die Zutaten kommen aus der Region, der Wein von einem Gut in der Pfalz: „Der dortige Chef hat als junger Winzer etwa zeitgleich mit uns angefangen“, berichtet Biegel. Der Schnaps kommt aus Edingen, das Bier von der Engelbier-Brauerei in Krailsheim. „Hand made“ ist aber auch die Live-Musik, die hier Tradition hat, alleine dank dreier Festivals mit 14 Bands.
Auf dieser gesunden Basis überstehen die Biegels sogar die Corona-zeit, obwohl auch sie neun Monate komplett schließen müssen und nur Abholservice anbieten können. „Doch dass wir keine Pacht zahlen müssen, war natürlich eine Erleichterung“, sagt Biegel. Aber auch über die Corona-Beihilfen des Staates kann und mag er nicht meckern.
So könnte es eigentlich ungehindert weitergehen, doch Ende des Jahres möchten die Biegels kürzertreten. Jahrzehntelang haben sie geschafft, nur selten Urlaub gemacht, und jünger werden sie auch nicht. „Wir haben ja ein Wohnmobil und möchten damit auch mal länger unterwegs sein“, erzählt Biegel.
Per Inserat in der IHK-Zeitung hat er die Nachfolge ausgeschrieben, mit mehreren Interessenten ist er im Gespräch. Doch zweierlei können die Biegels den Seckenheimern versprechen: Zum einen, dass sie einen guten Nachfolger aussuchen. Und: Dass es einen super Ausstand geben wird. Die Jubiläumswoche zeigt, dass Biegels so etwas können.
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