Bildende Kunst

Der malende Bäckermeister aus Mannheim-Rheinau

Er zeigt seine Werke jetzt in der Mannheimer Innenstadt: Wolfram Gothe, malender Bäckermeister aus dem Stadtteil Rheinau, stellt in der Kunstraumgalerie Naumer im Quadrat S 4 aus - einer früheren Halle der Bäcker-Innung.

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Konstantin Groß
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Der malende Bäckermeister Wolfram Gothe bei der Vernissage seiner Ausstellung in der Mannheimer Innenstadt mit seinem Werk „Himmel hilf!“. © Konstantin Groß

Auf der Rheinau und in Brühl, da kennt man Wolfram Gothe vor allem als Bäckermeister, als Aktiven in den beiden Gewerbevereinen, als Sponsor bürgerschaftlicher Aktivitäten wie des Jubiläums-Feuerwerkes auf dem Marktplatz Rheinau-Süd 2013. Weniger bekannt sind seine künstlerischen Leistungen als Maler. Nun sind seine Werke erstmals in der Mannheimer Innenstadt zu sehen.

Dabei ist Wolfram Gothe der Kunst seit klein auf zugetan. „Schon als Kind habe ich begeistert gezeichnet und gemalt“, berichtet der 68-Jährige. In der Schule fällt denn auch sein außergewöhnliches Talent auf, das sich in dem betreffenden Fach in der Note „sehr gut“ niederschlägt. Ja, mancher Lehrer rät ihm gar, einen künstlerischen Beruf zu ergreifen.

Doch wie das damals so ist mit den Söhnen von Selbstständigen: Auch der junge Wolfram ist ausersehen, den väterlichen Bäckereibetrieb zu übernehmen. In dem es ihm naturgemäß nur bedingt möglich ist, seiner Kreativität Ausdruck zu verleihen - wenn man einmal von den köstlichen Christstollen absieht, für die er vor Ort weithin bekannt ist.

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Gleichwohl, seine Passion für das Malen lässt ihn nie los. Parallel zu seinem Beruf feilt er an diesen Fertigkeiten - in Kursen an Volkshochschulen, im Schwetzinger Xyon-Museum oder den Werkstätten von Otto Mindhoff, dem Meister von Kohle-, Bleistift und Pastellkreide. Diese werden denn auch die Stoffe, durch die Gothe bald das Mehl ersetzt, als er sich nach Abgabe seines Betriebes verstärkt der Malerei zuwendet.

Nicht nur diese Materialien erinnern an Toulouse Lautrec, sondern auch die Motive seiner Werke. Personenstudien, in denen er skurrile Gestalten der Gesellschaft darstellt, nicht selten aus dem sogenannten Milieu. Titel wie „Die ramponierte Servicedame“, „Die lockende Esmeralda“ oder „Sadisfaction“ (sic!) zeugen davon. Dabei sind diese Darstellungen niemals voyeuristischer Selbstzweck, sondern durchdachtes, wenn auch drastisches künstlerisches Mittel. Zudem fehlt auch niemals ein distanzierendes Augenzwinkern. Paradebeispiel dafür ist der „Müßiggänger“. Ein verfetterter Typ mit ärmellosem T-Shirt und kurzer Turnhose vor dem Fernseher, das Poster eines Bodybuilders als unerreichbares Vorbild an der Wand, dahinter eine Plastikpuppe als Sexspielzeug, Bierkasten unterm Tisch, Pommes als Grundnahrungsmittel. Gestählte Körper dagegen auf dem Strandbild. Doch während diese sich an ihrer Schönheit berauschen, kreist unweit des Ufers ein Hai, und niemanden interessiert es. Selbstbezogenheit ungeachtet der Gefahren des Lebens.

Schönes und Hässliches

Die Menschen auf diesem Bild gibt es übrigens wirklich, irgendwo auf der Welt. „Ich habe sie bei meinen Urlauben fotografiert“, berichtet Gothe. „So ist in jedem Werk die Ambivalenz von Schönheit und gewollt Hässlichem, ein Spiegelbild unserer Gesellschaft“, erkennt Laudator Wolfgang Naumer. Aktuell und besonders eindrucksvoll: das Werk „Himmel hilf!“, mit einem verzweifelt dreinblickenden Papst Franziskus im Zentrum, darunter bedrückende Szenen mit Rettungswagen und Gräbern.

Die klare Botschaft des Malers: Selbst Gebete können Corona nicht aufhalten. Doch daneben gibt es auch Werke, die das Auge des Betrachters ungetrübt erfreuen. Vor allem die gelungenen Porträts von Stars wie Mick Jagger, Tina Turner, Udo Lindenberg und Howard Carpendale. Nach Ausstellungen in der Brühler Top-Location Villa Meixner und in Galerien Mannheimer Vororte wie jener von Horst Nico Kress auf dem Lindenhof folgt nun also auch die Mannheimer Innenstadt - in der Kunstraumgalerie Naumer.

Um sie Künstlern zur Verfügung zu stellen, hat der kunstsinnige Architekt Wolfgang Naumer die Halle der Bäcker-Innung angemietet - im Quadrat S 4, hinter dem legendären früheren Lokal „Max & Moritz“. Bäcker-Innung und Wilhelm Busch - irgendwie doppelt passend zu dem malenden Bäckermeister mit dem ja ebenfalls durchaus bissigen Humor.

Öffnungszeiten bis 28. August, Montag bis Freitag 10 bis 16 Uhr.

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