Neckarstadt

Mannheimer Neckarstadt: Ein Kirchenzentrum für den Stadtteil?

Aus alt mach neu: Die evangelische Gemeinde hat ihre Umbaupläne für die Melanchthonkirche in der Mannheimer Neckarstadt vorgestellt. Was geplant ist - und wo die Schwierigkeiten liegen

Von 
Johannes Paesler
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Die Versammlung der evangelischen Neckarstadtgemeinde zum Umbau von Melanchthon verlief ruhig. Die Pläne erläutert gerade Pfarrer Peter Geißert. © Johannes Päsler

Mannheim. Die Melanchthonkirche, deren hundertjähriger Geburtstag kürzlich gefeiert wurde, soll nun umgebaut werden und künftig das evangelische Kirchenzentrum für die gesamte Neckarstadt sein. Die Betonung liegt für manche Gemeindeglieder auf „soll“. „Ich glaube es erst, wenn es fertig gebaut ist“, sagte jemand kürzlich und steht damit nicht allein. Vergangene Woche wurden in einer Gemeindeversammlung die aushängenden neuen Pläne erläutert und Fragen und Vorschläge der Gemeinde dazu besprochen. Die Vorgeschichte aber ist lang.

Melanchtonhaus seit 2019 geschlossen: Neubau soll Gemeindezentrum schaffen

Die ursprünglich fünf evangelischen Pfarreien im größten Stadtteil Mannheims sind seit 2002 fusioniert, seit 2009 gibt es ein Gruppenpfarramt. Die Lutherkirche scheint 2010 gerettet; nach dem Umbau zur Diakoniekirche Luther geschieht hier nun kirchliche Gemeinwesenarbeit. Mit dem Verkauf der Kreuzkirche im Wohlgelegen 2011 tilgt die Evangelische Kirche Mannheim Schulden, wie der Dekan 2020 der Gemeinde auf Anfrage einräumt.

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2019 muss das Melanchthonhaus wegen unsicherer Statik geschlossen werden und geht der Gemeindearbeit unwiederbringlich verloren. Noch 2019 soll der Neubau eines Kirchenzentrums Melanchthon möglichst groß und repräsentativ ausfallen, Teil des Finanzierungsplanes ist der Verkauf der Melanchthonkirche.

Scheitert das neue Kirchenzentrum am Geld? 

Ende 2020 zeichnet sich ab, dass das neue Kirchenzentrum kleiner wird als erwartet. Die Gemeindeversammlung am 7. Oktober verläuft turbulent, die Reaktion der Gemeindeglieder reicht von „empört“ bis zu „erschöpft, aber kämpferisch“. In der Gemeindeversammlung am 3. Februar 2022 kehrt die Kirche ihre leeren Taschen endgültig nach außen. Auch den Neubau wird es nicht geben.

Hintergrund ist die Finanzmisere der gesamten Evangelischen Kirche Baden, die wegen Mitgliederrückgangs mittelfristig zwei Drittel ihrer Gebäude aufgeben muss. Die Stadtsynode am 6. Mai 2022 beschließt die Kategorisierung in A-, B- und C-Kirchen. Langfristig bleiben nur die A-Kirchen, als Standort A wird in der Neckarstadt lediglich Melanchthon ausgewiesen. Die über zwanzigjährige Entwicklung, die zuletzt immer chaotischer verläuft, führt auch zu Protesten: Ein Landessynodaler und ein Kirchenältester aus der Neckarstadt legen ihre Ämter nieder.

Melanchtonkirche soll zum neuen Gemeindezentrum werden 

Die neueste Version stellte sich so dar: Das marode Melanchthonhaus wird verkauft und dient der Mitfinanzierung. Zentrum allen Planens ist das Bestandsgebäude der Melanchthonkirche. Zu diesen Plänen äußerten sich die drei Mitglieder der Steuerungsgruppe, Pfarrer Peter Geißert, Pfarrerin Laura-Maria Knittel und Bezirkssynodaler Jochen Stoiber, beruflich als Architekt tätig. Geißert: „Unser Kirchengebäude kann schon ganz viel. Wir sind die einzige Regionalgemeinde Mannheims, die bereits alle Funktionen in einem Haus vereint: Gottesdienste, Gemeindebüros, weitere Funktionsräume.“

Nun werde herausgearbeitet, ob das Gebäude der Melanchthonkirche so ertüchtigt werden könne, dass dort alles stattfinden kann, was muss. Zu diesem Zweck wollte Knittel „in Worte fassen, was es schon gibt“: vielfältige Gottesdienste feiern, offen sein für alle Generationen, Kirchenmusik, die 17 Nachhaltigkeitsziele der UN, diakonische Begegnungen, Kirche auf den Straßen und Plätzen der Neckarstadt. Stoiber erklärte das Procedere des Architekturwettbewerbs, das sich von normalen Ausschreibungen unterscheide.

Die Kirchengemeinde habe nicht Vorschläge ausgeschrieben mit der Garantie der anschließenden Beauftragung. Es sei darum gegangen, dass drei Architekturbüros miteinander um Ideen wetteifern zu der Frage: Kann bei dem begrenzten Budget von 2,59 Millionen Euro das umgesetzt werden, was die Kirchengemeinde braucht und anstrebt?

Drei Entwürfe für den Umbau der Melanchtonkirche vorgestellt

Mit den Architekten Daniel Koch und Sabine Acker war die Leitung der Bauabteilung der Evangelischen Kirche Mannheim anwesend und erläuterte die drei Entwürfe. Einer hatte das Budget überschritten und schied aus. Aus den Ideen der anderen wird die Steuerungsgruppe nun die weitere Planung diskutieren.

Die Gemeindeglieder stellten Fragen nach dem Lagerplatz in den neu aufzuteilenden Räumen, künftigen Konzert- und Festräumen, Photovoltaik auf dem Kirchendach, Fassadenbegrünung und umweltfreundlichem Baumaterial beim eventuellen Anbau auf der Seite Kinzigstraße. Folgende Ideen aus den jetzigen Plänen interessierten die Besucher: Der Graben auf der Ostseite des Kirchengebäudes bis zur Grundstücksgrenze könnte zu einem Tiefhof ausgebaut werden. Das ergäbe neue Zugänge zum Tiefgeschoss mit seinen Büroräumen, auch reizvolle Perspektiven für Open-Air-Veranstaltungen.

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Als wichtig kristallisierte sich eine Art Foyer heraus. „Wir haben die Qualität des Untergeschosses erkannt“, hieß es aus der Steuerungsgruppe. Ein Foyer als Begegnungsort sei keinesfalls verschenkte Fläche. Angesprochen wurde auch die Barrierefreiheit. Ob sich der Aufzug als Erstes reparieren lässt?

Für die Planung wurden sechs bis zwölf Monate genannt, die Bauphase dauere zwei bis drei Jahre. Winfried Lehmann, Gemeindeältester i.R.: „Ich wünsche uns, dass die uns zugesagte Priorität diesmal so lange hält, bis alles fertig gebaut ist.“ Priorität war der Neckarstadtgemeinde immer wieder versprochen, aber nicht eingehalten worden. Doch wie sagte Jochen Stoiber 2020? „Ich glaube an Wunder.“

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