Freizeit

Jugendliche entdecken ihr Viertel neu: Herzogenried als kreatives Kunstprojekt

Ein Mannheimer Künstlerkollektiv führt Jugendliche bei dem Projekt "Art Walks, Art Talks" durch ihr eigenes Viertel und will sie so für Kunst begeistern. Welche Rolle dabei Einwegkameras spielen

Von 
Katja Geiler
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Die Teilnehmer nutzen Einweg-Kameras mit Filmen. © Katja Geiler

Mannheim. „Beton, Block und Grün“ - der Stadtteil Herzogenried ist ein Gesamtkunstwerk, zumindest aus Sicht des Künstlerkollektivs um Designer Emre Yazar, der Jugendliche einlädt, am Projekt „Art Walks, Art Talks“ teilzunehmen. Auf vier Fotowalks begleiten die Künstler die Jugendlichen durch ihren Stadtteil, die Route bestimmen die Teilnehmer selbst. Das Besondere ist die analoge Fotografie, Emre und sein Bruder Yasin Yazar haben Einweg-Kameras besorgt, in die man Filme einlegen muss. Für die jüngeren Leute ist es komplett neu, und selbst die älteren müssen nachdenken, wie das nochmal war.

Emre ist zuständig für das Design, Yasin für Druckkunst, begleitet werden sie von Grafik-Designerin Aliyah Omar, die für die Kommunikation und den Social-Media-Auftritt zuständig ist. Mit 2000 Euro wird das Projekt von der GBG unterstützt, es gewann im vergangenen Jahr den zweiten Platz beim Förderpreis. Die Ergebnisse der Fotowalks werden auf einer Ausstellung im September und bei der Lichtmeile im Oktober vorgestellt.

Wie Graffitis funktionieren und was ihre Codes in Mannheim bedeuten

Der Treffpunkt der Walks ist der Kulturpoint am Haupteingang des Herzogenriedparks, ein Pavillon, in dem Mitarbeiterbüros untergebracht waren. „Wir sind im Herzogenriedpark aufgewachsen“, meinte Yasin. Das Gebäude stammt aus der Zeit der Buga 1975, vieles ist noch im Originalzustand. Auch hier könnte man einen Film verknipsen. „Im Herzogenried gibt es viele Jugendliche, aber kaum Aktivitäten“, sagte Emre. „Es gibt zwar viel Grünfläche, aber auch Betonblöcke. Kriminalität findet heimlich statt. Die Polizei ist zwar präsent, kriegt es aber nicht mit“, fügte Yasin hinzu.

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Um den negativen Seiten etwas entgegenzusetzen, möchten die Künstler mit kulturellen Angeboten die positiven Seiten des Stadtteils beleuchten. „Heute geht es um Graffitis. Sie sind eine Kunst, zu der jeder Zugang hat“, sagte Aliyah Omar. „Man braucht dazu nicht viel Geld, die Farben sind nicht teuer. Graffitis sind wie eine Zeitreise, sie sind vergänglich und verbleichen. Es gibt keine Gesetze, jeder darf ein Graffiti übersprühen.“

Oftmals funktionieren Graffitis über kleine Codes wie Akronyme, Postleitzahlen oder kurze Sprüche. Aufgesprühte Postleitzahlen markieren oft auch Grenzen, die Nummer 68169 sagt: Hier waren Herzogenried-Bewohner am Werk. Bei einem Graffiti in den Farben Schwarz, Weiß und Blau mit der Zahl 1907 weiß man schon von Weitem, dass Waldhof-Fans gesprüht haben.

Fotowalks sollen Jugendlichen in Mannheim Zugang zu Kunst geben

„Bei den Fotowalks sind wir Künstler im Hintergrund, die Jugendlichen im Vordergrund. Jeder bekommt eine Kamera und einen Film, das Projekt läuft so, wie die Leute es sich wünschen“, so Emre. „Am Anfang ist die analoge Fotografie eine Barriere, hat aber ihren Reiz, sein eigenes Talent zu entdecken“, fügte Yasin hinzu. „Analog ist wie ein Überraschungs-Ei, man sieht das Ergebnis erst hinterher. Wir planen auch schon, mit den Jugendlichen in der Dunkelkammer Filme zu entwickeln.“

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Das Projekt möchte Jugendlichen einen niedrigschwelligen Zugang zu Kunst und Kultur vermitteln. Zum Walk kamen am diesen Tag noch Amelie und Melina, zwei Praktikantinnen der Mediengestaltung, Fotograf Gregory und die Jugendlichen Huseyin und Emre. Nach einer kurzen Vorbesprechung im Kulturpoint machte sich die Truppe auf den Weg. Das erste Graffiti ließ nicht lange auf sich warten, vor dem Pavillon stand ein besprühter Lastwagen, der als Motiv diente.

Das Projekt des Künstlerkollektivs findet man auf Instagram unter iwaipidindei_x_fiyyasco. Die nächsten Fotowalks finden statt am Sonntag, 21. April und 19. Mai, jeweils 14 Uhr. Das Projekt richtet sich an Jugendliche aus dem Herzogenried. Die Plätze sind begrenzt, die Teilnahme ist kostenfrei. Anmeldungen unter 0178-3146956.

Freie Autorin Ich schreibe für alle Mannheimer Stadtteile und für Viernheim

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