Mannheim. Der eine oder die andere hat den kleinen, knuffigen Bus, der mit den großen Fenstern und dem orangefarbigen Design ein bisschen an eine Straßenbahn erinnert, womöglich schon auf Bildern in den Medien oder auf der Buga gesehen. Doch am Samstag wird das autonome, also selbstfahrende Shuttle, das nichts Geringeres als eine Revolution im öffentlichen Nahverkehr darstellt, beim Mobilitätstag auf Franklin zum ersten Mal live zu sehen sein. Und in einigen Wochen soll es sogar durch den neuen Stadtteil rollen - nach einer ziemlich langen Wartezeit.
Testbetrieb für autonome Shuttles im Sommer
„Noch im Sommer werden die autonomen Shuttles sowohl in Friedrichshafen als auch in Mannheim im Testbetrieb fahren“, teilt Sebastian Wirkert mit, Projektleiter beim Auto-Zulieferer ZF, der an seinem Stammsitz ein zweites Modellprojekt neben dem auf Franklin betreibt.
RABus hat man sich als Namen dafür ausgedacht, als Abkürzung für „Reallabor für den automatisierten Busbetrieb im ÖPNV in der Stadt und auf dem Land“. Umgesetzt wird es von einem Konsortium, dem neben ZF unter anderem auch die Rhein-Neckar-Verkehrsgesellschaft (RNV), das Karlsruher Institut für Technologie sowie das Forschungsinstitut für Kraftfahrwesen und Fahrzeugmotoren Stuttgart angehören. Gefördert wird es vom Land mit knapp 14 Millionen Euro.
Elektrisch betriebener Bus könnte beachtliche Lücke im RNV-Angebot schließen
Schließlich soll hier so etwas wie die Mobilität der Zukunft getestet werden: ein elektrisch betriebener Bus für 22 Fahrgäste, der autonom, also ohne das Eingreifen eines Fahrers, auf einer ganz normalen Straße fährt - und das nicht nur in Schrittgeschwindigkeit, sondern mit bis zu 30 Kilometern pro Stunde. Damit könnte er im Nahverkehr theoretisch 24 Stunden lang an sieben Tagen die Woche eingesetzt werden. Und das auch auf Strecken, die aufgrund der geringen Nachfrage im traditionellen Betrieb unwirtschaftlich wären. Damit würde er eine beachtliche Lücke im Angebot der RNV schließen. Soweit die Theorie.
Pläne scheiterten an der Realität
Doch wie so oft sieht die Praxis auch hier etwas anders aus. Eigentlich sollte der RABus schon seit Sommer 2022 durch Franklin rollen; eigentlich sollte er 2023 im Alltagsbetrieb laufen; eigentlich sollte er eine viel längere Strecke bewältigen, um eine echte Bereicherung des Nahverkehrs im neuen Quartier zu sein; eigentlich sollte er bis zu 40 Stundenkilometer schaffen, um im normalen Verkehr mitzuschwimmen; und eigentlich sollte zum Ende hin komplett auf einen Fahrer oder eine Aufsichtsperson verzichtet werden. Doch all diese Pläne scheiterten letztlich an der Realität.
Mobilitätstag
- Informationen zu den unterschiedlichsten Mobilitätslösungen gibt es am Samstag, 13. April, von 11 bis 17 Uhr auf dem Franklin Field Platz.
- Dort wird auch der RABus vorgestellt.
- Außerdem wird über Car-Sharing, Leih- und Lastenräder oder E-Autos informiert.
- Neben einer Helmberatung gibt es etwa auch einen Radparcours für Kinder und einen kostenlosen Radcheck.
So wird RABus ab diesem Sommer zunächst im Testbetrieb unterwegs sein und soll erst ab Herbst Passagiere befördern - die sich vorab anmelden und die Mitnahmebedingungen akzeptieren müssen. Die Strecke ist halb so lang, die Geschwindigkeit reduziert und ein Sicherheitsfahrer bleibt stets an Bord, um im Notfall eingreifen zu können.
Ziel sei es jedoch, betont ZF-Projektleiter Wirkert, „zum Projektende einen Betrieb ohne das aktive Eingreifen eines Sicherheitsfahrers gewährleisten zu können“. Am 31. Dezember 2024 endet das Modellprojekt. Ein Weiterbetrieb, der zeitweise vorstellbar schien, ist nicht geplant, erklärt die RNV.
Manche fürchteten ein noch früheres Ende des Versuchs
Unlängst befürchteten manche sogar, dass der Versuch noch früher endet und RABus womöglich gar nicht auf Franklin unterwegs sein wird. Denn Ende des vergangenen Jahres kündigte ZF an - dessen Tochterunternehmen das Shuttle gebaut hat - diesen Geschäftsbereich „neu auszurichten“.
In einer Pressemitteilung erklärte der renommierte Auto-Zulieferer: „Der Technologiekonzern ZF ändert sein Geschäftsmodell für das weltweite Shuttle-Geschäft und konzentriert sich künftig auf seine Rolle als führender Technologieanbieter für autonomes Fahren.“ Praktisch bedeutete das, dass die einst hochfliegenden Pläne von autonom fahrenden Shuttles, die vom Bodensee aus die Welt erobern, zu einem beachtlichen Teil eingestampft werden.
ZF will seine Kostenbasis um mehrere Milliarden reduzieren
Hinzu kam bei der jüngsten Bilanz-Pressekonferenz Ende März die Nachricht, dass ZF aufgrund der weltweiten und sehr teuren Transformation der Automobilbranche in diesem und im nächsten Jahr seine „Kostenbasis weltweit um etwa sechs Milliarden Euro reduzieren“ will.
Ein Hinweis ließ allerdings zumindest einige in Mannheim und Friedrichshafen dann doch aufatmen: „Projekte wie RABus zur Erforschung des automatisierten Busbetriebs in Mannheim und Friedrichshafen sind wichtig für das neue Geschäftsmodell und sollen ebenfalls umgesetzt werden“, hieß es mit Blick auf die Umstrukturierung des Shuttle-Geschäfts.
Und so wird RABus demnächst doch durch Franklin rollen - zumindest für ein paar Monate.
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