Neckarau

Was und wie am Samstag in Neckarau gefeiert wird

Zum 1. Januar 1899 wurde die Gemeinde Neckarau in die Stadt Mannheim eingemeindet und damit ein Vorort der Quadratestadt. Dies wird am Samstag vor Ort gefeiert - mit einem Festakt und einem Historienspiel

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Konstantin Groß
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Neckarau zu Beginn des 20. Jahrhunderts, also nach der Eingemeindung in die Stadt Mannheim. Die wird am Wochenende kräftig gefeiert. © Verein Geschichte Alt-Neckarau

Mannheim. Am Wochenende wird in Neckarau kräftig gefeiert: Der Vorort erinnert sich seiner Eingemeindung nach Mannheim vor 125 Jahren. Zum Jubiläumsfest am kommenden Samstag, 20. April, ab 15 Uhr, in der Matthäuskirche in der Rheingoldstraße ist die Bevölkerung eingeladen.

Natürlich gibt es die zu einem solch würdigen Anlass üblichen Ansprachen, allen voran von Oberbürgermeister Christian Specht, der einst das hiesige Bach-Gymnasium besucht hat und nicht nur deshalb gerne die Schirmherrschaft über das Jubiläum übernommen hat. Die musikalische Umrahmung liegt in den Händen des Handharmonikavereins Rheinklang Rheinau und der Sängerhalle Germania Neckarau.

Als Höhepunkt Schauspiel in und vor der Matthäuskirche

Zur Unterhaltung wird in und vor der Kirche das von Helmut Wetzel, dem Ehrenvorsitzenden des Vereins Geschichte Alt-Neckarau, choreographierte Schauspielstück „Die Stadthochzeit“ aufgeführt. In ihm wird die damalige Fusion der beiden Gemeinden mit einem Augenzwinkern dargestellt. Im Anschluss lädt das Festkommittee die Gäste zu Imbiss und Umtrunk, bei dem Gelegenheit zum Austausch besteht.

„Es ist ein Programm von etwa zwei Stunden geplant“, berichtet Claudia Küstner, die Vorsitzende der Interessengemeinschaft Neckarauer Vereine. Die IG bildet das Festkommittee, von dem das Programm in vielen Wochen der Vorbereitung erarbeitet wurde, mit dem Verein Geschichte Alt-Neckarau, der Narrengilde „Die Pilwe“ sowie Lore Herbert, Tochter des unvergessenen „Mister Neckarau“ Günter Herbert.

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Dieser war - mit dem ebenfalls unvergessenen damaligen IG-Chef Richard Karusseit - treibende Kraft beim 100. Jubiläum 1999, damals verbunden mit der Einweihung der B-Linie, also der Verlängerung der Stadtbahn ins Niederfeld. Zwei Tage lang, am 25. und 26. September, wurde gefeiert, nach Schätzung der Polizei von gut 100 000 Menschen.

30 Vereine und 20 Gewerbetreibende machten den Ortskern vom Rheingold-Center bis zum Marktplatz zu einer gigantischen Festmeile. Auf vier großen Bühnen tobte ein Non-Stopp-Musikprogramm. Gesangsvereine und Tanzformationen, Schüler- und Profi-Bands traten auf, Stars wie Joy Fleming und Joana.

Kein geschmückter Sonderzug - Neckarauer voller Skepsis

Doch nun zum Anlass der Feier: der Eingemeindung von 1899. Bereits am 23. Juni 1898 beschloss der Badische Landtag in Karlsruhe die Fusion der Gemeinde Neckaraus mit der Stadt Mannheim. Dieses Eingemeindungsgesetz, nach Unterzeichnung durch den Großherzog am 9. August 1898 erlassen, verkündete in Paragraf 1 schmucklos, ja hart: „Die Gemeinde Neckarau wird aufgelöst und mit der Stadtgemeinde Mannheim zu einer einfachen Gemeinde vereinigt“. In Kraft trat dies am 1. Januar 1899; nach gut 1000 Jahren verlor Neckarau seine kommunale Selbstständigkeit.

Drei Tage zuvor erfolgte die „Einverleibungsfeier“. Um 14 Uhr reisten der Mannheimer Oberbürgermeister Otto Beck und zahlreiche Honoratioren an - mit einem normalen, fahrplanmäßigen Zug. Die Idee, mit einem geschmückten Sonderzug anzurücken, wurde verworfen, um angesichts der nach wie vor großen Skepsis vieler Neckarauer gegen die Eingemeindung den Eindruck eines „Mannheimer Triumphzuges“ gar nicht erst aufkommen zu lassen.

Pfarrer sehen Eingemeindung als Geburt und als Hochzeit

Vom Neckarauer Bahnhof begaben sich die Ehrengäste, eskortiert von einer Musikkapelle, zum Rathaus. Die komplett angetretenen Neckarauer Gesangvereine sangen „Vaterland, wie bist Du schön“, es folgten mehrere feierliche Reden. Neckaraus bisheriger Bürgermeister Valentin Orth machte aus seinem Herzen keine Mördergrube: „Es hat uns große Überwindung gekostet, unsere Selbstständigkeit aufzugeben“, bekannte er. Aber: „Ich bin überzeugt, dass die Stadt Mannheim das große Opfer, welches wir gebracht haben, wohl zu schätzen und zu würdigen weiß. Das walte Gott!“

Um 17 Uhr folgte im Gasthaus „Zum Schwanen“ das Festessen. Nach einem Prosit „auf Seine Königliche Hoheit, den Großherzog“ und einem Grußwort des Tabakfabrikanten Leoni im Namen der Industrie hatten die Ortsgeistlichen das Wort, die verschiedene Vergleiche wählten. Der evangelische Pfarrer Sauer verglich die Eingemeindung mit einer Geburt, die in diesem Falle eine „Zangengeburt“ sei: „Möge die Mutter Mannheim ihrem Kinde Neckarau von nun an ihre besondere Liebe und Pflege angedeihen lassen.“

Der katholische Pfarrer Freund dagegen wählte ein positiver besetztes Bild, verglich die Eingemeindung nämlich mit einer Hochzeit, wobei Mannheim der Bräutigam und Neckarau die Braut war: „Die Braut opfert ihre gesamte Existenz dem Bräutigam, vertraut ihm voll, und hofft, dass er ihre Liebe nimmer zu Schaden kommen lässt“. Schlagfertig griff OB Beck diesen Vergleich auf: „Die Braut hat zwar den Bräutigam das erste Mal schnöde zurückgewiesen. Aber der Bräutigam hat immer gewusst, dass wahre Liebe siegt.“

Auch die Bürger durften feiern - in den zahlreichen Neckarauer Gasthäusern, in denen auf Kosten der Stadt Mannheim Freibier ausgeschenkt wurde. Und zwar 150 Liter pro Wirtschaft. Feiern zu diesem Anlass hat in Neckarau also Tradition.

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