Geschäftsidee

Wie Traubenreste aus der Toskana zu Sneakern werden

Tiere sollen nicht für ihre Sneaker leiden: Die 27-jährige Viola Weller hat in Ludwigshafen die Modefirma Vlace gegründet. Inspiriert wurde sie unter anderem in New York

Von 
Tanja Capuana
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Wichtig ist ihr, dass für die Produktion ihrer Sneaker kein Tier leiden muss: Viola Weller mit dem Resultat ihres kreativen Prozesses. © privat

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Ludwigshafen. Mode ist ein fester Bestandteil im Leben von Viola Weller. Die 27-Jährige kleidet sich jedoch nicht nur gern nach den neuesten Trends, sie designt auch Sneakers. „Mode hat mich schon immer interessiert“, erzählt sie. „Daher war es schon immer mein Traum, eine eigene Marke aufzubauen.“ Vor einem Jahr hat sie ihren Wunsch in die Realität umgesetzt: Mit ihrer Firma „Vlace“, einer Tochterfirma im Ludwigshafener Unternehmen ihrer Eltern, lässt sie Turnschuhe produzieren.

Das Besondere: Die Schuhe sehen nicht nur gut aus, sondern bestehen aus Traubenleder. Somit sind sie komplett aus tierfreien Materialien gefertigt. „Mir war auf jeden Fall wichtig, dass der Schuh vegan ist. Ich wollte nicht, dass wegen meinen Sneakern ein Tier leiden muss“, sagt die junge Frau, die seit ihrem achten Lebensjahr Vegetarierin ist. Zudem liegt ihr die Umwelt am Herzen, weshalb sie sich für ein ausgefallenes, und vor allem nachhaltiges Material entschieden hat.

Schnürsenkel mit goldenen Endkappen: vegane Sneaker von Vlace. © Privat

Inspirationen in New York

Nach ihrem Abitur im Jahr 2015 macht die gebürtige Ludwigshafenerin ihren Bachelor in Business- Management, hängt anschließend einen Master in International Management dran. Doch der Wunsch, sich mit ihrem persönlichen Produkt selbstständig zu machen, wächst in ihr bereits 2018, als sie ein Praktikum in New York absolviert. „Ich habe bei der Deutsch-Amerikanischen Handelskammer in der Beratung gearbeitet“, erzählt Weller. „Nebenbei hatte ich die Möglichkeit, bei der New York Fashion Week dabei zu sein und konnte mir dann die aktuelle Mode anschauen“, sagt sie. „Das war total interessant und hat mich inspiriert.“

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Spannend findet sie den Trend, mit ausgefallenen Schnürsenkeln die Schuhe modisch zu individualisieren und aufzupeppen. In den USA sei das sehr verbreitet gewesen, so Weller. „Ich habe die Idee dann mit nach Deutschland genommen und während meines Masters angefangen zu recherchieren und nach Produzenten zu sehen.“ Als sie dann Anfang vergangenen Jahres ihr Studium erfolgreich beendet, gründet sie direkt das Start-Up „Vlace“. Die Schnürsenkel bestehen aus recyceltem Polyester. Zudem versieht sie sie mit goldenen Endkappen, auf denen das Logo eingraviert ist.

Weller, die inzwischen in der Mannheimer Schwetzingerstadt lebt, beschließt 2022, nach dem erfolgreichen Anfangsprodukt, ihr Sortiment mit Turnschuhen zu vergrößern. „Ich wollte schon immer ein Produkt, bei dem ich mich ins Detail verlieben kann und wo ich mich drin sehen und von Anfang bis Ende ausgestalten kann.“

Produktion in Portugal

Im Studium absolviert die junge Frau auch Module in den Bereichen Entrepreneurship. Dort lernt sie, wie man eine eigene Marke kreiert und einen Businessplan erstellt. Das hat ihr geholfen. „Da habe ich die Theorie dann in der Praxis angewendet.“ Klar sei ihr zudem schon immer gewesen, dass ihr eigenes Unternehmen mit Kleidung oder Accessoires zu tun haben sollte.

Bei Turnschuhen findet sie ihre Nische. „Obwohl der Sneaker-Markt ziemlich groß ist“, räumt sie ein. Doch das tierfreie Leder wird zu ihrem Alleinstellungsmerkmal. „Das Traubenleder passt zudem zur Pfalz“, sagt sie lächelnd. Schließlich ist die Pfälzerin.

Viola Weller begleitet den Prozess von Anfang an. Die passionierte Sneakers-Trägerin macht Zeichnungen von Schuhen, die ihr selbst gefallen, und schickt die Skizzen an Produzenten in Portugal. Sie bekommt positive Rückmeldungen. „Ich bin dann für zwei Monate nach Portugal gegangen, um von der Produktion vor Ort ein Bild der Sneaker-Herstellung zu bekommen.“ Sie lernt die Angestellten kennen und ist begeistert von der familiären Atmosphäre. Produziert werden die Materialien in Italien. Der jungen Unternehmerin ist es wichtig, dass ihre Schuhe in Europa angefertigt werden, um die Transportwege möglichst kurz zu halten.

Erntereste aus der Toskana

Auf die Idee, das Leder aus Trauben herzustellen, kommt sie während eines Praktikums in London. Sie lernt dort den Gründer einer Firma kennen, der Leder aus Ananas herstellt. „Die Traubenreste werden erst einmal ganz klein gemahlen, so dass eine Creme entsteht“, sagt Weller. Dann wird es zu einer dickflüssigen Paste verarbeitet, mit Wasser verdünnt und 20 Prozent recyceltes Plastik dazugegeben. „Die fertige Paste wird mit einer Walze nochmal verdichtet“, so Weller. „Natürlich kommen ab und an auch Farbstoffe dazu, um die gewünschte Farbe zu erzielen.“ Maisleder etwa sorgt für Grau-Nuancen. Die Traubenreste stammen aus der Toskana. Weingüter stellen die Reste kostenlos zur Verfügung. „Für sie wäre es Abfall, die Materialproduzenten holen somit den Müll ab. Sonst müssten die Weingüter die Reste selbst zur Deponie bringen“, erklärt Weller. „Es ist ein Win-Win-Geschäft.“

Während für die erste Kollektion italienische Trauben verwendet wurden, könnten künftig auch pfälzische Traubenreste für die Produktion verwendet werden. „Wir sind schon in Gesprächen mit Weingütern aus der Region, die wir anfragt haben, ob sie ihre Weinreste an den italienischen Hersteller abgeben möchten statt sie wegzuwerfen.“

Ende November werden die vorbestellten Schuhe an die Kunden geliefert. Auch Viola Weller hat ein Paar für sich bestellt. „Ich freue mich schon drauf, wenn endlich mein Sneaker kommt“, sagt Viola Weller. „Dann wird man mich mit keinem anderen Sneaker mehr sehen.“

Freie Autorin Kulturredaktion, Lokalredaktion, Wochenende. Schwerpunkte: Bunte Themen, Reisereportagen, Interviews, Musik (von elektronischer Tanzmusik bis Pop), Comedy und Musicals

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