Ludwigshafen. Was für ein Auftritt! Mögen Hollywood-Stars sich bei ähnlichen Anlässen glamourös im Edelzwirn in Szene setzen, Joachim Król erscheint zur Verleihung des Preises für Schauspielkunst beim Filmfestival in Ludwigshafen am Freitagabend mit blauem Kurzarmhemd, das er locker über schwarzer Hose trägt. Er lüpft seine weiße Kappe, winkt mit ihr ins Publikum, das ihn begeistert feiert - wie ein Tourist, der am Campingplatz Bekannte begrüßt. Król ist auf angenehme Art bodenständig geblieben, im Herzen wohl immer noch der Bergarbeitersohn aus Herne, in der Seele ein chamäleonartig wandlungsfähiger Darsteller.
Vom Analphabeten Rudi bis zum populären Witwer Weise im ZDF
Festivalleiter Michael Kötz würdigt dies in seiner Laudatio, wie alle seine Preisreden ein verbales Kleinod im Hinblick auf Sprache und Sachkenntnis. Er listet gut zwei Dutzend Rollen auf, völlig unterschiedlicher Art, in denen der Preisträger alles Erdenkliche gespielt hat: vom Analphabeten Rudi in Detlev Bucks „Wir können auch anders“ bis zum Opa Willi in Caroline Links „Der Junge muss an die frische Luft“, vom alkoholsüchtigen „Tatort“-Kommissar bis zum Auftragskiller in „Lautlos“ von Mennan Yapo. Aktuell ist er beim Festival unter anderem als muffeliger Taxifahrer in Tobias Baumanns „791 km“ zu sehen und als Witwer Georg Weise im vierten Teil der ZDF-Erfolgsserie „Endlich Witwer“.
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„Er wirft sich in seine Rolle, er spielt sie nicht, er verkörpert sie buchstäblich, verschmilzt mit ihr“, würdigt Kötz den Darsteller. Król verschwinde buchstäblich in seinen Rollen, „er fährt in sie wie dereinst der Vater hinab in den Stollen fuhr, jenseits jeden Dünkels, jenseits der Versuchung (…) sich in ein gutes Licht zu rücken vor der Kamera.“ Der Geehrte ist erst mal sprachlos. Und dann kontert er: „Sollten Sie mich jemals sagen hören: ,Mir geht es nicht gut. Kann mal jemand den Doktor holen?’ Dann holen Sie Doktor Kötz. Er muss nur seine Rede wiederholen, dann geht es mir wieder gut.“
Am Ende tritt Sokrates als kiffender Philosoph auf
Weil es mit der Anrede heutzutage schwierig geworden sei, so Król weiter, begrüßt er das Publikum: „Ihr lieben ... alle“. Die Besucher applaudieren, und sie jubeln auch nach der Aufführung der neuesten „Endlich Witwer“-Folge „Griechische Odyssee“. Das zu Recht, denn der Film von Rainer Kaufmann ist eine glückvolle Kombination aus TV-Unterhaltung und handwerklichem Können auf hohem Niveau. Król grantelt hinreißend als knorriger Rentner, der mit Tochter und Sohn hadert - nur am Anfang, aber hier soll nicht zu viel verraten werden. Drehbuchautor Sathyan Ramesh befeuert die Handlung mit zündenden Dialogen und skurrilen Wendungen, schließlich taucht Sokrates (August Zirner) leibhaftig auf, als kiffender Philosoph.
Nach der Vorführung steht Król im rappelvollen Zelt rund 250 Besuchern gut eine Stunde lang beim Gespräch mit Kötz Rede und Antwort. Plaudert frei von der Leber weg aus seinem Leben, witzelt, erzählt Anekdoten - wie ein Kumpeltyp, den man zufällig am Tresen trifft. Das Ludwigshafener Festival sei für ihn ein Fixpunkt, schon wegen der einmaligen Atmosphäre, schwärmt er. Ja, die Nacht ist lau, der Rhein plätschert, friedlich flanieren Massen gut gelaunter Besucher am bunt erleuchteten Ufer entlang. Mediterrane Stimmung mit Kurpfälzer Bodenständigkeit. Fast zu schön, um wahr zu sein. Aber es ist tatsächlich so.
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