Gesellschaft - Ludwigshafen tritt Charta bei, um die vielfältigen Funktionen der letzten Ruhestätten zu bewahren

Wie die Friedhofskultur in Ludwigshafen erhalten werden soll

Von 
Dirk Timmermann
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Gabriele Bindert, Bereichsleiterin Grünflächen und Friedhöfe beim WBL und Peter Nebel, Werksleiter. © Thomas Tröster

Ludwigshafen. „Jeder Mensch hat das Recht auf eine würdevolle Bestattung auf dem Friedhof und ein anerkennendes Gedenken.“ So lautet der erste Leitsatz der Charta Friedhofskultur, der die Stadt Ludwigshafen am 20. Mai beigetreten ist. Zur Präsentation des von Verbänden und Institutionen des Friedhofswesens entwickelten Manifests luden Vertreter der Stadt auf den Friedhof in Friesenheim. „Es geht um ein zu schützendes Kulturgut für alle Bürger“, betonte Peter Nebel, Leiter des Wirtschaftsbetriebs Ludwigshafen (WBL).

Die Charta würdige die deutsche Friedhofskultur, man fühle sich den elf Leitsätzen gerne verpflichtet. Dass die Friedhofskultur in unverzichtbarer Weise „Teil unseres gesellschaftlichen Lebens“ ist, wie es im zweiten Satz ausdrücklich heißt, entspricht auch dem Verständnis von Gabriele Bindert: „Wir wollen die Friedhöfe verstärkt in den Fokus der Bürger rücken“, erklärte die Bereichsleiterin Grünflächen und Friedhöfe. Dabei solle den Menschen die Angst vor der eigenen Sterblichkeit genommen werden.

So entstand auf dem Hauptfriedhof, der größten von insgesamt neun Begräbnisstätten in Ludwigshafen, exemplarisch ein „Fluss des Lebens“. Die Pflanzung soll die Verbindung von Lebendigem und Vergangenem versinnbildlichen. Ohnehin gewinnt der Friedhof als Naturraum an Bedeutung. Gabriele Bindert verwies auf die Vielfalt der hier beheimateten Tier- und Pflanzenarten, insbesondere auf dem fünf Hektar großen Areal an der Kopernikusstraße. Dadurch würden Friedhöfe zu einem Ort der Erholung und leisteten außerdem einen Beitrag zum Klimaschutz.

Gesamtgesellschaftliche Aufgabe

Die ökologische Funktion findet sich in der Charta ebenso wieder wie die gesamtgesellschaftliche Aufgabe der Friedhofskultur, die sich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert. Bereits im Vorjahr war die deutsche Friedhofskultur zum immateriellen Weltkulturerbe der UNESCO erhoben worden. Auch damals hat sich Ludwigshafen beteiligt, was die Bedeutung des Themas für die Stadt unterstreicht. Der Wandel des Friedhofswesens hat unterdessen viele Gesichter. „Gräber werden kleinteiliger, Pflegeformen weniger intensiv“, weiß Gabriele Bindert. Im Kommen ist der Memoriamgarten, der die Erinnerungsfunktion in den Vordergrund stellt – ebenfalls ein zentraler Gedanke der Charta. Und auch für Peter Nebel sind Friedhöfe „sich fortschreibende Geschichtsbücher“.

Zusätzlich zum Erinnerungsgarten besteht in Friesenheim eine Urnengemeinschaftsgrabanlage. Vorgesehen ist diese besonders pflegefreie Form der Grablegung für sämtliche Friedhöfe der Stadt, in der jährlich 1500 Bestattungen gezählt werden, davon 550 auf dem Hauptfriedhof. Damit Trauerrituale mit der Beisetzung als zentralem Handlungsrahmen ihren Raum haben, auch dies ein Punkt der Charta, ist eine intakte Infrastruktur unerlässlich.

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In Friesenheim hat man 2020 mit einer umfassenden Sanierung begonnen. 730 000 Euro stellte die Abteilung Friedhöfe dafür zur Verfügung. Der Großteil entfiel auf den Gebäudekomplex, der an verschiedenen Stellen erneuert wurde. Sechs neue Fenster erhielt die Trauerhalle, wobei jedes – getreu der historischen Vorlage von Denkmalpfleger Matthias Ehringer – mit Sprossen unterteilt ist. Einen „Lichtblick“ – im Wortsinn – bietet die Öffnung der Halle, die durch ein offenes Portal realisiert wurde.

Änderungen im Außenbereich

Darüber hinaus wurden die Travertinböden aus den 1960er Jahren instandgesetzt. Neu eingerichtet wurden ein Pfarrer- und ein Orgelzimmer, wofür zwei der ehemals vier Schauzellen weichen mussten. Auch im Außenbereich sind Baumaßnahmen geplant: Sichtbarste Änderung wird die Schleifung der Friedhofsmauer sein. „Künftig wird das Gelände nur noch durch einen Kantenstein von der Kopernikusstraße getrennt“, verriet Bindert. Die Öffnung des Friedhofs in nordöstlicher Richtung wird mit einer Entsiegelung des Bodens verbunden. Die Begrünung soll den Friedhof noch attraktiver machen. Für Radfahrer werden zudem zehn zeitgemäße Stellplätze angelegt. „Ein Besuch lohnt sich“, so die Einladung der Verantwortlichen in einen durchaus lebendigen Ort.

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