Ludwigshafen. Einer nach dem anderen rollen am Mittwochnachmittag Fahrmischer mit frischem Beton in den Warenhof West am Ludwigshafener Rathaus-Center. An der Zufahrt von der Haveringallee aus müssen sie wenden und das letzte Stück rückwärts zurücklegen, denn unten ist zum Drehen nicht genügend Platz. Ein großer Teil des Warenhofs West ist mit im Boden verankerten Seitenwänden zu einer Art Becken abgetrennt, das zu weiten Teilen schon mit Beton ausgefüllt ist. Ein großer Pumpenwagen steht in der Mitte des Platzes, an einem ausfahrbahren Arm ist ein Schlauch befestigt, aus dem unablässig der flüssige Baustoff herausfließt. Die 1450 Quadratmeter große Platte, die während des Rathaus-Center-Abrisses einen großen Abwasserkanal schützen soll, ist am Mittwochnachmittag schon fast vollständig gegossen.
Es sind die ersten vorbereitenden Arbeiten für den Abbruch, die nach außen hin wirklich sichtbar sind. Da im Warenhof West beim Abriss schweres Gerät zum Einsatz kommt, ist die Verstärkung des Bodens mit der 50 Zentimeter dicken Betonplatte erforderlich, informiert die Stadt. Denn im Untergrund verläuft an dieser Stelle ein Hauptsammler, also ein großer Abwasserkanal, der geschützt werden muss. Eine kleinere Platte wurde bereits vergangene Woche im Bereich des ehemaligen Wasserbeckens an der Haveringallee gegossen.
Die Arbeiten am Mittwoch gehen gut voran. Bereits gegen 14 Uhr ist nur noch etwa ein Viertel der zu gießenden Fläche frei. Zwölf Arbeiter sind im Schatten des Rathaus-Centers beschäftigt, um die aus dem Schlauch strömenden Betonmassen gleichmäßig zu verteilen und mit breiten Besen glatt zu ziehen. Ein Rathaussprecher teilt auf Anfrage mit, dass es 28 Tage dauern wird, bis die Platte vollständig ausgehärtet ist. „Begehbar ist sie nach etwa drei Tagen“, erklärt er.
Irregeführte Autofahrer
Besonders groß ist bei der Aktion am Mittwoch der logistische Aufwand. Insgesamt werden 665 Kubikmeter Beton für die Schutzplatte benötigt. Das entspricht der Ladung von 84 Betonmischern. Zwischen sieben und neun der Fahrzeuge sind immer parallel im Einsatz. An den Pumpenwagen heranfahren können jeweils zwei Fahrzeuge zeitgleich. Erst leert der eine Mischer seinen Inhalt in die Verteilmaschine mit dem 52 Meter langen Schlauch, sobald dieser wegfährt, übernimmt der danebenstehende, um den Betonfluss nicht versiegen zu lassen. Die entleerten Maschinen fahren unmittelbar danach wieder zu einem Ludwigshafener Betonwerk, um neues Material zu holen.
Mit diesem Vorgehen will die Verwaltung größere Rückstaus vermeiden, was auch gelingt. Für kleinere Verzögerungen sorgen zwischendurch jedoch Autofahrer, die trotz Sperrung in den oberen Abschnitt der Haveringallee einfahren und dann oben am Baustellenanfang wenden müssen. Da in der Jaegerstraße derzeit eine Fernwärmeleitung verlegt wird, ist die Zufahrt nämlich auch von dieser Seite aus nicht möglich.
Der Rathaus-Turm und das Rathaus-Center müssen, wie mehrfach berichtet, für die optimierte Planung der neuen Helmut-Kohl-Allee weichen, die die marode Hochstraße Nord ersetzen soll. Ende 2021 wurde die 1979 eröffnete Mall geschlossen, im Inneren sind bereits erste Rückbaumaßnahmen erfolgt. Der Abbruch des gesamten Gebäudekomplexes wird ein logistischer und finanzieller Kraftakt - rund 80 Millionen Euro wird er nach den aktuellsten Schätzungen der Verwaltung kosten.
Verbleib im Baufeld
Rund 100 000 Tonnen Abbruchmaterial werden bei dem Abriss anfallen. Die oberen sechs Etagen werden von Mini-Baggern zerlegt, die ein Autokran in die Höhe bringt. Ab dem zehnten Stockwerk abwärts kommen dann sogenannte Longfront-Bagger zum Einsatz, die mit ihren langen Armen bis in Höhen von 40 bis 50 Metern arbeiten können.
Das Rathaus-Center
- Das Rathaus mit Rathaus-Center wurde 1979 auf dem Gelände des ehemaligen Ludwigshafener Hauptbahnhofs in der Innenstadt eröffnet.
- Der 72 Meter hohe Rathaus- Turm ging 1992 in den Besitz der Stadt über. 2019 kaufte sie das komplette Einkaufszentrum für insgesamt rund 46 Millionen Euro.
- Zum Jahreswechsel wurde das Center geschlossen, es soll bis Ende 2025 abgerissen werden – für fast 80 Millionen Euro.
Nicht mit Schadstoffen belastetes Abbruchmaterial aus dem Gebäudekomplex soll dann nach Angaben der Stadt gesammelt werden und beim Bau der Helmut-Kohl-Allee zum Einsatz kommen. Auch die jetzt gegossene, gigantische Betonplatte wird nach dem Abriss des Rathaus-Centers nicht einfach wieder verschwinden. „Die Betonplatte bleibt im Baufeld und wird nicht abgebrochen“, kündigt der Verwaltungssprecher an.
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