Ludwigshafen. Leerstände, Handy-Shops, Cafés - dass es in der Ludwigshafener Innenstadt kaum noch Geschäfte gibt, die zu einem längeren Einkaufsbummel verleiten, ist kein Geheimnis. Doch auch generell ist es um den Einzelhandel in der Chemiestadt nicht gerade gut bestellt.
Die Anzahl der Läden ist in den vergangenen Jahren ebenso drastisch gesunken wie die der Verkaufsfläche - und das, obwohl die Bevölkerungszahl und die Kaufkraft in der Stadt deutlich zugenommen haben. Das zeigt eine aktuelle Untersuchung der Agentur „Stadt + Handel“. Im Auftrag der Stadtverwaltung erarbeitet sie ein Einzelhandelskonzept für die Zukunft und hat sich deshalb eingehend mit der aktuellen Situation auseinandergesetzt.
Rückgang der Betriebe um fast 30 Prozent
„Für ein Oberzentrum ergibt sich ein ernüchterndes Bild“, fasste Andreas Schuder die Gemengelage kürzlich bei einer Präsentation in einer Ausschusssitzung des Stadtrats zusammen. Er ist bei der Agentur zuständig für die Erstellung und Fortschreibung von Einzelhandelskonzepten.
Die von ihm präsentierten Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Seit 2009, als letztmals Daten für einen entsprechenden Rahmenplan erfasst wurden, ist die Anzahl der Einzelhandelsbetriebe in Ludwigshafen von 1154 auf 811 zurückgegangen - ein Minus von 29,7 Prozent.
Zurückzuführen ist dieser enorme Verlust laut Schuder insbesondere auf die dauerhafte Schließung des Rathaus-Centers Ende 2021 und die Aufgabe von Verkaufsflächen in der Walzmühle. Mit dem Aus des Rathaus-Centers gingen rund 80 Geschäfte verloren, in der Walzmühle im Süden der Innenstadt waren es etwa 20. Doch auch in den Stadtteilen ist die Anzahl der Betriebe immer weiter zurückgegangen.
Kaufhof, C&A und Tortenschachtel weggefallen
Weniger Geschäfte bedeuten folglich auch weniger Verkaufsfläche. Im gleichen Zeitraum ging diese um 36 000 Quadratmeter auf aktuell noch 261 000 Quadratmeter zurück. Die größten Verluste sind auch hier durch das Rathaus-Center (19 000 Quadratmeter) und die Walzmühle (10 0000 Quadratmeter) zu erklären. Doch auch die Schließung von Kaufhof, C&A oder Tortenschachtel schlagen mit mehreren Tausend Quadratmetern zu Buche.

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Trotz des Rückgangs der Läden und der Verkaufsflächen wurde der Umsatz im Einzelhandel im Vergleich zum Jahr 2009 gesteigert, wie Schuder ausführte. Lag er damals noch bei 923,3 Millionen Euro, hat er inzwischen die Milliardengrenze überschritten.
Das Problem ist nach Angaben des Handelsexperten jedoch, dass die Kaufkraft in Ludwigshafen noch stärker als die Umsätze im Einzelhandel gestiegen sind - nämlich von 924 Millionen Euro auf knapp 1,2 Milliarden. „Diese Kaufkraft wird jedoch nicht in Ludwigshafen gebunden, sondern fließt ab“, sagte er. Im Klartext: Die Menschen geben ihr Geld nicht in Ludwigshafener Geschäften aus, sondern in anderen Städten.
Warum die Kaufkraft abfließt
Verdeutlicht wird das durch die sogenannte Einzelhandelszentralität. Diese ist in Ludwigshafen seit 2009 von 113 Prozent auf 91 Prozent gesunken. Zur Erläuterung: Steigt die einzelhandelsrelevante Kaufkraft stärker an als der Umsatz im stationären Einzelhandel vor Ort, sinkt die berechnete Zentralität, weil wachsende Anteile der Kaufkraft nicht in Ludwigshafen, sondern über andere Vertriebswege ausgegeben werden. „Ludwigshafen steht hier insbesondere in einem Wettbewerb mit Mannheim“, erläuterte Schuder. Daneben mache der Online-Handel dem stationären Geschäft schwer zu schaffen.
Das zu erarbeitende Einzelhandelskonzept soll schwerpunktmäßig auch das Thema Nahversorgung berücksichtigen. „Einige Betriebe sind in diesem Bereich nicht mehr zukunftsfähig“, erklärte der Experte. Ziel müsse es sein, eine Nahversorgung stadtweit so aufzustellen, dass sie auch für ältere Menschen fußläufig erreichbar ist. „Das ist einer unserer Schwerpunkte.“
Nahversorgung auch ein Schwerpunkt
Auch im Bereich der Nahversorgung ist seit 2009 ein Rückgang bei der Verkaufsfläche festzustellen. Waren es vor 14 Jahren noch 90 300 Quadratmeter, so sind es heute nur noch 81 300 - davon entfallen 68 500 auf Nahrungs- und Genussmittel und 12 800 auf Drogeriewaren.
„Verbraucher müssen mitgehen“
Insgesamt, so Schuder, habe der stationäre Handel in den vergangenen Jahren stark unter der Corona-Pandemie, der Energiekrise im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine sowie der damit verbundenen Inflation gelitten.
Die in der Analyse gewonnenen Erkenntnisse sollen für die Stadt künftig einen Rahmen schaffen bei der Aufstellung von Bebauungsplänen und der Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben. Für Schuder ist klar, dass sich Innenstädte als Handelsstandorte verändern. Auch die IHK vertritt die Auffassung, dass die Einkaufszone in der Ludwigshafener Innenstadt konzentriert werden muss.
Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck ist es vor allem an einem bedarfsgerechten Angebot in den Stadtteilen gelegen. „Letztlich müssen die Verbraucherinnen und Verbraucher den Weg aber auch mitgehen“, sagte sie mit Blick auf den boomenden Online-Handel.
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