Man musste unglaublich schnell sein, um sich noch einen Platz zu ergattern, von dem aus man gut sehen konnte - so gut besucht war das 21. Internationale Straßentheaterfestival in Ludwigshafen. Die Leute schienen regelrecht ausgehungert zu sein nach Events, ignorierten die Hitze und die pralle Sonne und applaudierten begeistert bei jeder kleinen Slapstick-Einlage. Zwischen den vier Veranstaltungsorten sah man Festival-Fans mit Ansteck-Button und Programm umhereilen. Zwei Jahre lang pausierte das Festival, dafür gab es die „Open Summer Stage“ als kleineres Format. Nun durfte wieder im vollen Umfang an drei Tagen gespielt werden.
Die Eröffnung fand am Freitag auf dem Europaplatz statt, der drei Tage lang „Oase des Glücks“ hieß. „In der Vorbereitungszeit gab es viele unruhige Phasen und viel Ungewissheit, ob das Festival stattfinden kann. Seit über 20 Jahren steht es für ein friedvolles, gleichberechtigtes Miteinander“, sagte Monika Schill, Leiterin des städtischen Kulturbüros und zuständig für die künstlerische Leitung des Festivals. „Zum traditionellen Muster für umherziehende Künstler gehören Gaukler oder Feuerschlucker, doch heute geht es nicht mehr um die größte körperliche Leistung, sondern um die Kunst. Diese findet nicht in Kulturhäusern statt, sondern im öffentlichen Raum und spricht eine universelle Sprache. Dabei wird das Publikum mit einbezogen, es passiert Unvorhergesehenes, das macht die Magie des Straßentheaters aus.“
Finanziell unterstützt wird das Festival vom Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration Rheinland-Pfalz und der Sparkasse Vorderpfalz, deren Leiter für Kommunikation, Alexander Jusmann, ebenfalls das Publikum begrüßte: „Endlich können wir wieder zusammenkommen und Kunst erleben. Das Straßentheaterfestival ist ein Leuchtturm des Spenden- und Sponsoringwesens, da Bühne und Zuschauerraum verschmelzen, das geht weit über Theater hinaus.“
Den Anfang des Programms machte die Gruppe Cie Dyptik aus Frankreich mit „Mirage - A Day of Celebration“, einer Mischung aus Tanz und Akrobatik in der Kulisse eines angedeuteten Flüchtlingslagers im Westjordanland, einem unwirklichen aber zugleich magischen Ort. Den scheinbar unstrukturierten Bewegungen und Klängen wich schließlich der Dabkeh, ein traditioneller Tanz.
Lustig und verspielt - und vor allem bei Kindern der absolute Renner - war das Duo Actic aus den Niederlanden mit „Carwash“. Hier war eine Autowaschanlage liebevoll und detailgetreu im Miniaturformat nachgebaut. Zwei kleine Autos, wie man sie von Karussells kennt, fuhren auf einer Schiene durch die Bürsten- und Trockenphase, begleitet von Seifenblasen, Schaum und Jazz aus uralten Lautsprechern. Die zahlreichen Kinder waren so begeistert, dass sie sich nach dem „Trocknen“ gleich wieder in der Schlange anstellten.
Proppenvoll war es auch in der „Wettkampfarena“, wie der Platz der Deutschen Einheit vor der Rhein-Galerie vorübergehend hieß. Hier gab es die Gruppe Gravity And Other Myths aus Australien mit ihrem atemberaubenden Artistik-Programm. Festivalgänger trafen auf die Besucher der Rhein-Galerie, so dass man fast nichts sehen konnte, wenn man etwas weiter hinten stand.
„Wir sind spontan und flexibel, wir kommen jedes Jahr extra hierher. Es ist ein großes Highlight“, sagte Annette, die mit ihrer Familie aus Altrip gekommen war. Auch im Bürgerhof, dem „Comedy Club“, war sprichwörtlich der Bär los. Es wurde jongliert, geulkt, auf dem Seil getanzt, auf die Nase gefallen, und die Gruppe Cie Balancetoi aus Belgien zerlegte sogar ihre Kulisse. Sobald eine Aufführung vorbei war und die Bänke für die nächste umgestellt wurden, waren diese sofort wieder besetzt. Im Abendprogramm gab es Musik, Laser- und Pyrotechnik mit den Muzikanty aus Polen, den Abschluss am Sonntag macht die Hip-Hop-Künstlerin J. Lamotta aus Israel um 17.30 Uhr auf dem Karl-Kornmann-Platz statt.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/ludwigshafen_artikel,-ludwigshafen-slapstick-akrobatik-gute-laune-das-strassentheaterfestival-in-ludwigshafen-_arid,1979655.html