Technik

Saubermachen im neuen Müllkessel in Ludwigshafen

Bereits Mitte September soll Kessel 5 im Müllheizkraftwerk Ludwigshafen in Betrieb gehen. Derzeit laufen die letzten Arbeiten - und die sind für die Anwohnerinnen und Anwohner den ganzen Tag über zu hören

Von 
Jasper Rothfels
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Jochen Schütz, GML-Geschäftsführer, steht vor einem provisorischen Schornstein im Hof des Müllheizkraftwerks. Mit dem Dampf, der aus dem Schornstein austritt, wurden alle Rohre des neuen Müllkessels 5 gereinigt. © Jasper Rothfels

Ludwigshafen. Bernd Groneschild öffnet eine Klappe an der Stahltür zum neuen Müllkessel 5, durch ein feuerfestes Fenster fällt der Blick auf Stufen aus Spritzbeton, an den Wänden verlaufen Wasserrohre.

Alles sieht neu aus, der Kessel im Müllheizkraftwerk Ludwigshafen wirkt, als ob man ihn besichtigen könnte. Ein Irrtum. „Hinter der Tür haben wir ungefähr 170 Grad“, sagt Groneschild. „Da will keiner rein.“

Neuer Müllkessel in Ludwigshafen wird vor Betrieb gereinigt

Der Kessel, der nach anderthalb Jahren Montage Mitte September in Betrieb gehen soll, wird derzeit vorbereitet und gereinigt. Dafür wird mit dem Ölbrenner, mit dem normalerweise nach Betriebsunterbrechungen der Müll neu entzündet wird, Wasser erhitzt, das ebenso wie der entstehende Dampf durch die Kessel-Rohre „gejagt“ wird, er wird „ausgeblasen“.

Gesellschafter des Müllheizkraftwerks Ludwigshafen

  • Im Ludwigshafener Müllheizkraftwerk wird nicht nur Abfall verbrannt. Auch beschlagnahmte Drogen wandern hier unter hohen Sicherheitsvorkehrungen ins Feuer, zudem können Privatleute hier alte Akten vernichten lassen, was laut GML-Öffentlichkeitsarbeit wegen des Datenschutzes direkt geschieht.
  • Zum größten Teil werden in der 1967 in Betrieb genommenen Anlage aber Haus- und Sperrmüll sowie hausmüllähnliche Gewerbeabfälle aus dem Bereich der GML-Eigentümer verbrannt.
  • Gesellschafter der „GML - Gemeinschafts-Müllheizkraftwerk Ludwigshafen GmbH“ sind die Städte Ludwigshafen, Frankenthal, Neustadt/Weinstraße, Mannheim und Speyer sowie der Rhein-Pfalz-Kreis und die Kreise Alzey-Worms und Bad Dürkheim. Ferner die Anstalten Zentrale Abfallwirtschaft Kaiserslautern AöR und die Wormser ebwo AöR.
  • In das IGNIS-Projekt investiert die GML etwa 100 Millionen Euro. jar

 

Auf diese Weise sollen lose Fertigungs- und Montagereste sowie andere Körnchen im Kessel restlos entfernt werden. „Der muss von innen sauber sein“, sagt Groneschild, Dampf aus einem verdreckten Kessel könne man nicht zur Turbine der Technischen Werke Ludwigshafen (TWL) leiten. Bei den hohen Drehzahlen der Turbine reichten kleinste Partikel aus, „um die kaputtzumachen“. Die TWL nutzen den Hochdruckdampf, der im Heizkraftwerk bei der Müllverbrennung anfällt. 2022 wurden daraus im Fernheizkraftwerk der TWL AG 73 Millionen Kilowattstunden Strom produziert, nach Abzug des Eigenbedarfs konnten etwa 47 Millionen Kilowattstunden Strom abgegeben werden. Zudem produzierte die TWL 230 Millionen Kilowattstunden Fernwärme.

Das Einzugsgebiet des Heizkraftwerks reicht von Kaiserslautern bis Worms

Die 200 000 Tonnen Müll, die pro Jahr im Heizkraftwerk verbrannt werden, stammen von einer Million Menschen im Einzugsbereich der Gebietskörperschaften, die Gesellschafter der GML – Gemeinschafts-Müllheizkraftwerk Ludwigshafen GmbH sind. Es geht um Hausmüll, Sperrmüll und um hausmüllähnliche Gewerbeabfälle. Das 2600 Quadratkilometer große Einzugsgebiet reicht von Kaiserslautern bis Worms.

Indem der Restmüll als Brennstoff für die Energieerzeugung genutzt wird, wird nach Darstellung der GML jährlich ein Ausstoß von etwa 88 000 Tonnen klimaschädlichem CO2 vermieden, ebenso der Einsatz von etwa 60 000 Tonnen Steinkohle, die die TWL sonst für Strom- und Fernwärmeproduktion einsetzen müsste. Es handele sich um die „umweltverträglichste Art der Restabfallentsorgung“, so die GML, nach eigenen Angaben „das führende kommunale Unternehmen für die energetische Verwertung von Siedlungsabfällen“ im Bundesland.

Ein Blick in den Müllbunker des Müllheizkraftwerks Ludwigshafen. © Jasper Rothfels

Um noch besser zu werden, startete die GML 2017 das Projekt IGNIS: Es sieht vor, dass die Kessel 1 und 2 durch die modernen Müllkessel 4 und 5 ersetzt werden. Groneschild ist dabei für die Qualitätssicherung zuständig. Zudem wird Kessel 3 generalüberholt. Die Verbrennungsleistung des Müllheizkraftwerks soll damit um zehn Prozent steigen. „Das ist das Ziel“, so GML-Geschäftsführer Jochen Schütz. Energetisch sei es so, von der Durchsatz-Menge müsse man „mal schauen, wo es sich einpendelt“.

Der Schornstein des neuen Kessels enthält eine Art Schalldämpfer

Einer der letzten Schritte, die Inbetriebnahme von Kessel 5, steht nun bevor. Der Dampf, der beim „Ausblasen“ zwischen 7 und 18 Uhr anfällt, wird an der Rückseite des Werks abgeleitet, dafür wurde ein provisorischer Fünf-Meter-Schornstein errichtet, der einen „Schalldämpfer“ aus Steinwolle, Folie und Lochblech enthält. Ohne ihn wäre der Dampfaustritt so laut „wie ein startender Düsenjäger“, sagt Schütz. Auch so kann es laut werden, laut GML bis zu 85 Dezibel, „das entspricht ungefähr der Lautstärke von Lkw-Verkehr, wenn Sie direkt neben diesem stehen“. Anwohner wurden deshalb um Verständnis gebeten.

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Das „Ausblasen“, das am Montag begann, ist bis Samstag geplant. „Dann sollten wir die Dampfreinheit erreicht haben“, so Schütz. Bis zum Start sollen dann noch Leitungen angeschlossen werden. Eigentlich Grund zur Freude. Die Laune ist dennoch etwas getrübt, denn trotz aller Aufklärungsmaßnahmen der GML reißt die Müllflut nicht ab. „Tendenz: mehr – leider“, sagt Schütz.

Ein Blick in den „Müllbunker“ zeigt, was anfällt. Müllsäcke, Kleidung, Teppiche, ein Koffer – die Greifer der Kräne befördern die Hinterlassenschaften der Gesellschaft in die Kessel. Warum wird es nicht weniger? „Verpackungen“, sagt Susanne Falter von der GML-Öffentlichkeitsarbeit. Und Schütz sagt: Der Fokus müsse wieder stärker auf Abfallvermeidung gelegt werden. Es werde viel über Recycling gesprochen, aber: „Der erste Schritt wäre, Abfall zu vermeiden, denn dann muss ich mir noch weniger Gedanken über das Recycling machen.“

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