Bilanz nach 13 Jahren

Großbrand bei GML in Ludwigshafen: Thomas Grommes erinnert sich an den "Super-GAU"

Nach 13 Jahren als Chef der Gemeinschafts-Müllheizkraftwerk GmbH (GML) in Ludwigshafen zieht der scheidende Geschäftsführer Bilanz. Seinen 100. Arbeitstag wird er niemals vergessen

Von 
Thomas Schrott
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Dichter Rauch steigt im Jahr 2010 aus dem Müllheizkraftwerk auf. Zahlreiche Einsatzkräfte – auch aus Mannheim – sind mit den Löscharbeiten beschäftigt. © Christoph Blüthner

Ludwigshafen. Genau am 100. Arbeitstag als neuer GML-Chef beginnt für Thomas Grommes ein monatelanger Ausnahmezustand. „Es war der Super-GAU“, blickt der scheidende Geschäftsführer der Gemeinschafts- Müllheizkraftwerks Ludwigshafen (GML) GmbH auf den Großbrand in einem Müllbunker im Oktober 2010 zurück.

Auch wenn die Flammen nach drei Stunden gelöscht sind, wird die Anlage massiv beschädigt. Im Heizkraftwerk, in dem sonst der Müll von einer Million Einwohnern verwertet wird, kann ein halbes Jahr lang kein Abfall verbrannt werden. „Wir mussten täglich 1000 Tonnen in andere Anlagen der Region transportieren“, erzählt Grommes, der nach 13-jähriger Tätigkeit als GML-Chef Ende Januar aufhört.

Großbrand im Müllheizkraftwerk: 33 Millionen Euro Schaden

Vier weitere Jahre dauert es, bis der zerstörte Müllbunker wieder aufgebaut ist. „Der gesamte Schaden betrug 33 Millionen Euro, das sind mehr als ein Jahresumsatz der GML“, verdeutlicht Grommes die finanzielle Dimension des Großbrands. Erst nach zehn Jahren sind die Gespräche mit den Versicherungen beendet.

Thomas Grommes, der scheidene GML-Geschäftsführer. © GML

Mit einem „Ergebnis sehr zugunsten des Unternehmens“, lobt GML-Aufsichtsratschef Alexander Thewalt die Beharrlichkeit des Geschäftsführers bei den Verhandlungen. Zuvor muss jedoch das Müllheizkraftwerk, das Fernwärme an Tausende von Haushalten liefert, als wichtige Auflage der Aufsichtsbehörde deutlich mehr Löschwasser vorhalten.

Infozentrum im Hallenbad Nord

Als Glücksfall erweist sich da das wenige hundert Meter entfernte stillgelegte Hallenbad Nord, in dessen Sauna Altkanzler Helmut Kohl einst Stammgast war. Die GML kauft einen Teil des Gebäudes, füllt das ehemalige Schwimmerbecken wieder mit Wasser und baut eine unterirdische Leitung zum Kraftwerk.

Zudem nutzt das Unternehmen den Charme der 1950er Jahre im einst denkmalgeschützten Bad für kulturelle Zwecke, richtet dort unter dem Titel „Lucation“ Konzerte und Ausstellungen aus. „Zu solchen Anlässen kommen sogar Freunde aus Heidelberg nach Ludwigshafen“, betont Thewalt.

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Erfreut ist der Umweltdezernent auch über die verstärkten Bemühungen zur Umwelterziehung. In sogenannten Freilandklassenzimmern werden in diesem Jahr 158 Schulklassen mit 3000 Kindern Zusammenhänge der Natur erläutert. Ein Infozentrum im Hallenbad Nord zu den vier Elementen richtet sich hingegen an Erwachsene.

Müll aus Landkreis Alzey-Worms wird verbrannt

Zufrieden ist der Aufsichtsrat auch mit der 100 Millionen Euro teuren Modernisierung der Müllkessel, die vor sieben Jahren begann und 2024 beendet sein soll. „Wir sind finanziell voll im Plan und nur drei Monate im Verzug“, sagt Thewalt. Um die Anlage voll auszulasten, hatte die GML, die den Müll in der Vorderpfalz und aus dem Landkreis Alzey-Worms verbrennt, 2015 die ZAK Kaiserslautern als zehnten Partner hinzugenommen.

Folge: Alle Bioabfälle der GML werden in der Westpfalz verwertet, der gesamte Hausmüll geht nach Ludwigshafen. Für diese Arbeitsteilung gibt es einen Innovationspreis.

GML klagt gegen Bundesregierung

  • Eine Musterklage wegen der CO²-Bepreisung von Abfällen hat die Gemeinschaftsmüllheizkraftwerk Ludwigshafen (GML) GmbH gegen die Bundesregierung beim Verwaltungsgericht Berlin eingereicht. Ab 2024 gilt diese ausschließlich deutsche Verpflichtung auch für Abfallverbrennungsanlagen, die klimaschädliches CO² ausstoßen.
  • Durch die Verteuerung von Verschmutzungsrechten steigen nach GML-Angaben die Verbrennungspreise um 22 Prozent. „Wir sind nicht gegen Klimaschutz, aber die Erhöhung hat keine Lenkungswirkung. Die Bürger werden deshalb nicht weniger Müll produzieren“, begründet GML-Aufsichtsratschef Alexander Thewalt die Klage. Dieser haben sich 70 Betreiber von Müllverbrennungsanlagen angeschlossen.
  • Die GML verwertet den Abfall von einer Million Einwohnern in der Pfalz und im Landkreis Alzey-Worms. GML-Geschäftsführer Thomas Grommes rechnet wegen der stärkeren CO²-Bepreisung mit höheren Müllgebühren in vielen Kommunen. 

 

Stolz ist Grommes auch darauf, dass die Verbrennungspreise der GML seit 25 Jahren konstant geblieben seien. Durch die höhere CO²-Bepreisung des Bundes würden sie ab 2024 aber um 22 Prozent steigen, was er deutlich kritisiert.

Kunststoffe aus Hausmüll entfernen

Zum Thema CO²-Reduzierung initiierte die GML ein Projekt, ist aber letztlich noch nicht weitergekommen. 53 Prozent des bei der Verbrennung entstehenden klimaschädlichen Kohlendioxids seien biogenen Ursprungs, 47 Prozent fossilen Ursprungs, so Grommes. Um Letzteres zu vermindern, könnten vorab Kunststoffe aus dem Hausmüll entfernt werden. Diese Sortierung sei aber zu aufwendig und zu teuer, ergab laut GML eine Studie. Für das Abscheiden von Kohlendioxid im Kamin gebe es bislang nur ein Pilotverfahren, insofern sei die Technik noch nicht so weit.

Auch wenn in diesem Punkt noch kein Durchbruch erzielt wurde, ist der Aufsichtsrat von der Bilanz Grommes‘ sehr angetan: „Er hat viel erreicht.“ Auch Grommes blickt zufrieden zurück: „Wenn man sich um den Abfall der Bürger kümmert, hat man immer das Gefühl, nützlich zu sein.“ (Bild: Thomas Schrott)

Redaktion MM-Redakteur seit 1984, zuständig für den Bereich Ludwigshafen - mit all seinen Facetten

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