Ludwigshafen. Nach langen Schlangen vor den Wahllokalen sucht man an diesem Sonntag vergeblich. Nur vereinzelt betreten die Bürgerinnen und Bürger mit ihren Wahlbenachrichtigungen in der Hand die Schulgebäude, in denen sie ihre Stimmen abgeben können. Ab und zu kommen Gruppen zum Wählen, dann ist es wieder eine Zeit lang ruhig.
In Ludwigshafen wurde am Sonntag bis 18 Uhr eine neue Oberbürgermeisterin oder ein neuer Oberbürgermeister gewählt. Drei Bewerber und eine Bewerberin stehen auf dem Stimmzettel: Klaus Blettner tritt für CDU und Freie Wähler an, Jens Peter (JP) Gotter für die SPD. Michaela Schneider-Wettstein stellte sich für Volt auf und Martin Wegner tritt als unabhängiger Einzelkandidat an.
Geringe Wahlbeteiligung zeichnet sich bei OB-Wahl in Ludwigshafen ab
Der Eindruck einer ruhigen Wahl trügt nicht: Am Mittag ist die Wahlbeteiligung in der Wittelsbachschule im Ludwigshafener Stadtteil Süd niedrig. Bis 13 Uhr hätten von 1500 Wahlberechtigten bisher etwa 100 vor Ort gewählt und 300 vorab per Brief, sagt Wahlvorsteher Peter Sogno zu seinem Bezirk. Er rechne mit einer Wahlbeteiligung von 25 bis 35 Prozent.
Das erwartet auch Alice Katzer, stellvertretende Wahlvorsteherin eines anderen Bezirks im Stadtteil. Bei ihr hätten bis 13 Uhr von etwa 1600 Wahlberechtigten 120 an der Urne gewählt und 240 von Zuhause. Eine noch geringere Wahlbeteiligung gibt es bis 14 Uhr in der Gräfenauschule im Stadtteil Hemshof: Von etwa 3500 Wahlberechtigten im Bezirk hätten etwa 340 Personen ihre Stimmen abgegeben – 140 davon vor Ort. Der Rest sind Briefwählerinnen und -wähler. Das teilt die stellvertretende Wahlvorsteherin Julia Krug mit.
Insgesamt sei die Stimmung im Wahllokal gut und die Bürgerinnen und Bürger freundlich, sagt Sogno. Doch was wünschen sich die Wählerinnen und Wähler von der neuen Oberbürgermeisterin oder dem neuen Oberbürgermeister?
„Der, der gewählt wird, soll für Sauberkeit und Sicherheit sorgen“, meint ein Wähler, der anonym bleiben will. „Und für Überwachung am Berliner Platz“, fügt seine Frau hinzu. Sie glaubt, dass es eine Stichwahl geben wird. Zwischen wem, will sie nicht verraten. Die 61-jährige Wählerin Stefanie erwartet, dass sich nach der Wahl etwas verändert. Die Probleme der Stadt sollen angegangen werden. In den Schulen und Kindergärten wünsche sie zum Beispiel eine bessere Ausstattung und mehr Personal: „Das ist ja schrecklich hier in Ludwigshafen“. Der 23-jährige Torben F. hat hingegen keine hohen Erwartungen an die neue Oberbürgermeisterin oder den neuen Oberbürgermeister: „Es ist egal, wen man wählt. Ludwigshafen hat wenig Geld. Viel umsetzen kann keiner.“
Wahl des Oberbürgermeisters in Ludwigshafen: AfD-Anhänger machen Stimmen ungültig
Ein Mann mittleren Alters, der seinen Namen nicht verraten will, erwartet einen „unfairen“ Ausgang der Wahl. Er habe seine Stimme ungültig gemacht. Wenn er nicht die Partei wählen dürfe, die er will, wähle er überhaupt nicht, sagt er vor der Wittelsbachschule. Hintergrund ist, dass der AfD-Bewerber Joachim Paul nicht zur Oberbürgermeisterwahl zugelassen wurde – wegen Zweifeln an dessen Verfassungstreue.
Auch Karl Koch und seine Freundin Yvonne Kniel finden den Ausschluss Pauls nicht gut. Was er gemacht habe, sei falsch, aber man hätte einen anderen Kandidaten aus der AfD antreten lassen sollen, sagt Koch im Stadtteil Süd. Auch eine Wählerin aus dem Hemshof drückt ihren Unmut aus: Das einzige, was sie sich für die Wahl wünsche, sei der fehlende Kandidat auf dem Stimmzettel. Mehrere andere Bürgerinnen und Bürger heißen es jedoch gut, dass Paul ausgeschlossen wurde.
Im Hemshof tritt ein Thema besonders in den Vordergrund: die mangelhafte Sauberkeit im Stadtteil. Ein 90-jähriger Bürger, der seinen Namen nicht nennen will, wünscht sich, dass die Stadtverwaltung regelmäßig auf den Straßen aufräumt. Das Problem stört auch Josef Czasch und seine Frau Bettina. Sie wollen außerdem mehr Einkaufsmöglichkeiten im Hemshof und weniger laute Autos.
Graziano Aresu ist ebenso mit der aktuellen Situation unzufrieden: „Es fühlt sich an, als ob alles stagniert. Es ist kaum Platz für neue Projekte.“ Und auch der Zusammenhalt fehle ihm in Ludwigshafen. Denselben Wunsch hat auch Ilse W., die in der Gräfenauschule wählen gegangen ist. Die 69-Jährige erhofft sich mehr Angebote und Projekte für ältere Menschen im Hemshof.
Die Spannung steigt. Denn nach der Auszählung der Stimmen wird sich zeigen, wer die Nachfolge von Jutta Steinruck (parteilos) antritt oder ob es zu einer Stichwahl kommt. Letzteres geschieht, wenn kein Kandidat die absolute Mehrheit holen kann. Eine Stichwahl würde am 12. Oktober stattfinden.
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