Handball

Neuer Eulen-Trainer? - „Wir werden keinen Schnellschuss machen“

Nach dem überraschenden Rücktritt von Michel Abt stehen die Eulen Ludwigshafen plötzlich ohne Trainer da. Geschäftsführerin Lisa Heßler beschreibt im Interview die Suche nach einem Nachfolger

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Reiner Bohlander
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Auf Lisa Heßler, Geschäftsführerin der Eulen, kommt bis Mitte Juli viel Arbeit zu. © Oliver Zimmermann/Imago

Ludwigshafen. Frau Heßler, wie sehr hat Sie der Rücktritt von Michel Abt Anfang der Woche überrascht?

Lisa Heßler: Natürlich wollten wir mit Michel Abt länger zusammenarbeiten. Das war der Plan. Die Entscheidung von Michel fiel nach der Saison. Er ist ein sehr ehrgeiziger Mensch, der gemerkt hat, seinen eigenen Ansprüchen als Trainer und damit auch den hohen Anforderungen eines Bundesliga-Trainers in der beruflichen Doppelbelastung und mit zwei kleinen Kindern künftig nicht mehr gerecht werden zu können. Er hat das offen kommuniziert und wir danken ihm für die Arbeit, die er hier geleistet hat. Man muss ja sehen, dass er Ende der Saison 2021/22 eingesprungen ist, sofort den Zugang zu den Spielern gefunden und die Mannschaft weiterentwickelt hat. Von daher ist es sehr schade, dass er aufhört. Ich kann seine Entscheidung aber absolut nachvollziehen.

Jüngste Chefin, klare Ziele

  • Lisa Heßler ist seit Dezember 2018 Geschäftsführerin der Eulen Ludwigshafen. Mit 29 war sie damals die jüngste Chefin in der Handball-Bundesliga.
  • Die mittlerweile 34-Jährige ist in Ludwigshafen geboren und hat selbst bei den Eulen aktiv Handball gespielt.
  • Nach einem auf den Handball zugeschnittenen Management-Studium und einem Master mit Bestnote übernahm Heßler 2016 die Verantwortung für das Marketing bei den Ludwigshafenern.
  • Zwei Jahre später stieg sie als Geschäftsführerin zur Chefin der Eulen auf. Zu Bundesligazeiten stand sie rund 30 Mitarbeitenden vor.
  • Ihr berufliches Motto lautet: „Wenn alle anderen bereit für das Ende sind, fange ich gerade erst an.“ bol

Normalerweise fahren die Bundesligisten nach Saisonende ja erst einmal etwas runter.

Heßler: Ja, aber wir nicht. Wir müssen jetzt die nächsten Wochen erst einmal voll hochfahren. Urlaub gibt es nicht. Bis zum 13. Juli, wenn die Mannschaft mit der Vorbereitung auf die kommende Saison startet, wollen wir einen neuen Trainer gefunden haben. Wir arbeiten mit Hochdruck daran.

Gibt es zum aktuellen Zeitpunkt schon Nachfolgekandidaten?

Heßler: Auf meinem Handy war am Montagabend schon mächtig was los. Es gibt also auf jeden Fall einen Trainermarkt. Klar ist aber: Wir werden keinen Schnellschuss machen. Der Neue muss zu unserer Philosophie passen. Es könnte ein Prozess von mehreren Wochen werden, bevor wir den neuen Trainer präsentieren.

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Der ehemalige Eulen-Coach Benjamin Matschke trainiert gerade keine Mannschaft.

Heßler: Dass jetzt sein Name in beinahe jedem Kommentar zu unserer Trainersuche fällt, ist doch eine große Ehre für Ben und auch ein Zeugnis der jahrelangen Top-Zusammenarbeit zwischen ihm und den Eulen. Fakt ist: Wir wissen um die Qualität von Ben als Trainer, kennen ihn, er kennt die Eulen und der Austausch ist nie abgerissen. Fakt ist aber auch, dass Ben bei der HSG Wetzlar einen bis 2025 laufenden Vertrag hat.

Wie fällt Ihr Saisonfazit aus?

Heßler: Es war eine Spielzeit voller Phasen. Ich bin nicht unzufrieden, aber ich finde, dass wir am Ende zehn Punkte zu wenig geholt haben. Wenn man sich dann mal die Tabelle anschaut und die Zähler dazu rechnet, dann sieht man, wo wir hätten stehen können (Anmerkung der Red.: Platz vier). Die Teams auf den Rängen eins bis drei waren konstanter. Aber diese 2. Bundesliga ist so wahnsinnig ausgeglichen und deshalb auch so attraktiv. Wenn du immer auf Augenhöhe spielst, dann ist eben auch der Heimvorteil wichtig. Wir haben zu Hause super Leistungen abgeliefert, auswärts vor allem zum Schluss leider nicht mehr groß gepunktet.

Die Spieler haben sich weiterentwickelt?

Heßler: Auf jeden Fall. Unser Kapitän Maximilian Haider hat wohl seine beste Saison gespielt, Jannek Klein hat sich sehr gut entwickelt, Kasper Manfeldt-Hansen hat in der zweiten Saisonhälfte einen ganz großen Schritt nach vorne gemacht. Um nur drei Beispiele zu nennen.

Und Lion Zacharias?

Heßler: Lion hat so überragend gespielt, dass die Rhein-Neckar Löwen ihn nach einer Saison schon wieder haben wollten. Das ist doch super und eine Auszeichnung auch für uns. Bei uns hat Lion ganz viel Spielpraxis gesammelt und durfte auch Fehler machen.

Die Kooperation mit den Löwen funktioniert also gut?

Heßler: Das ist ja keine festgeschriebene Kooperation. Wir haben aber eine sehr gute Zusammenarbeit mit den Rhein-Neckar Löwen. Sie haben eine tolle Jugendarbeit. Allerdings ist der Sprung von den Junioren in die Bundesliga eben riesengroß. Und wir als Verein, der gerne mit jungen Spielern arbeitet, können da eine Alternative bieten. Hier können sich die Talente weiterentwickeln und reifen. Und es fruchtet ja, wie man bei Lion Zacharias sieht.

Die Kaderplanungen für die neue Saison sind offenbar schon zu 99 Prozent durch. Mit den Routiniers Christian Klimek und Jan Remmlinger sowie Torhüter Matej Aanin haben Stützen den Verein verlassen. Stefan Salger wechselt ebenfalls. Werden die Eulen dennoch wieder vorne mitspielen können?

Heßler: Torhüter Mats Grupe hat sich bereits als sehr guter Neuzugang bewiesen. Wir haben außerdem mit Linksaußen Kian Schwarzer vom TBV Lemgo, Kreisläufer Tom Bergner vom Bergischen HC und Mex Raguse vom VfL Lübeck-Schwartau drei junge, sehr interessante Spieler bekommen, die in der vergangenen Saison bei ihren alten Clubs gezeigt haben, dass unsere Fans sich auf tolle Jungs freuen können. Wir sind noch auf der Suche nach einem zweiten Halbrechten als Pendant zu unserem Torjäger Jannek Klein und bräuchten im Rückraum noch einen sechsten Rechtshänder. Wobei wir mit Mihailo Ilic einen sehr talentierten Rückraumspieler in unserer zweiten Mannschaft haben.

Wie sieht es wirtschaftlich bei den Eulen aus? Ist die Lage nach Corona wieder entspannter?

Heßler: Leider kommen wir von einer Extremsituation in die nächste. Nach Corona – eine Zeit, die wir mit viel Geschlossenheit und Herzblut überstanden haben – ist es nun leider so, dass es eine enorme Kostensteigerung gibt – beispielsweise die Heimspielkosten, aber auch Hotelkosten bei Auswärtsspielen. Das Geld muss erst mal wieder erwirtschaftet werden. Gleichzeitig ist die Sicherheit, die Betriebe als potenzielle Sponsoren vor Corona hatten, nun einer gewissen Vorsicht gewichen. Wir müssen also weiter hart kämpfen. Dass wir die Lizenz für die kommende Saison ohne Auflagen bekommen haben, ist deshalb schon ein Riesenerfolg.

Immer wieder gibt es das Thema Friedrich-Ebert-Halle.

Heßler: Ja, ich persönlich sehe das aber auch als Ludwigshafenerin – ob es nun unsere Heimspiele sind, Konzerte oder andere Großveranstaltungen. Fakt ist: Die Halle ist in die Jahre gekommen, gerade was die digitalen Veränderungen angeht. Vom Zuschauervolumen können wir im Moment noch weiter dort spielen – auch Bundesliga. Aber für die Zukunft ist es so, dass die Auflagen der Handball-Bundesliga steigen. In der kommenden Saison müssen wir ja schon in der 2. Liga auf blauem Boden spielen. Die Anforderungen werden immer moderner. Und ich sehe das so, dass wir gerade im kulturellen und sportlichen Bereich als Vereine oder Veranstalter auch einen sozialen Auftrag haben. Jung und Alt schauen sich unsere Spiele an oder kommen zu Konzerten. Wir stärken als Eulen sozusagen auch die Gemeinschaft. Da gehört es sich in jedem Fall, dies zu unterstützen und aufrechtzuerhalten.

Wann spielen die Eulen wieder Bundesliga?

Heßler: Wenn es nach einem jeden Sportlerherz geht, sobald wie möglich. Da willst du immer gewinnen und dich mit den Besten messen. Aber wir wissen alle, dass es ein harter Weg zurück ist. Wenn es aber klappt, dann machen wir das.

Freier Autor

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