Jazz-Kritik

Neue Konzertreihe der BASF startet stark mit Bojan Z und Marialy Pacheco

Die beiden Klavier-Stars setzen das Motto "Face to Face" der von Alexandra Lehmler und Carine Zuber kuratierten Serie "Tor 4" in Ludwigshafen brillant um

Von 
Markus Mertens
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Bojan Z und Marialy Pacheco im BASF-Gesellschaftshaus. © Manfred Rinderspacher

Ludwigshafen. Es ist sehr viel mehr als ein Experiment, dessen Premiere an diesem Abend im Gesellschaftshaus der BASF über die Bühne geht. Denn was unter dem Dach des Projekts „Tor 4“ und dem Motto „Face to Face“ („Von Angesicht zu Angesicht“) in Ludwigshafen sichtbar wird, ist nicht weniger als ein Wagnis mit Nachhaltigkeit. Für den Beginn haben die beiden Kuratorinnen Alexandra Lehmler und Carine Zuber die beiden Klavier-Stars Bojan Z und Marialy Pacheco zusammengeführt - und allein mit dieser Begegnung einen Kunstgriff fertiggebracht, der viel verspricht, nur keine Langeweile.

Denn während bei Bojan Zulfikarpasic, wie der serbische Pianist mit vollem Namen heißt, slawische Folklore und europäischer Jazz eine Ehe eingehen, wohnt in den Tastenläufen von Pacheco dieses feurig-kubanische Fieber einer melodischen Expressionistin, die vor allem eines will: entfesseln.

Das Erstaunliche an dieser Zusammenkunft: Anstatt tief in das gemeinsame Spiel versunken zu sein und aus diesem Konzertabend eine puristische musikalische Andacht zu machen, lässt das Duo die knapp zwei Stunden zu einer Mixtur aus Unterhaltung und Tiefsinn werden. Herrlich etwa zu beobachten, wie Pacheco in ihrer Komposition „Oye, el carbonero“ (Hallo, der Kohlenmann) die langen, feinen Finger über die Klaviatur tanzen lässt und die Kohle, die im behänden Anfang in all ihrer Schwärze als rohes Element auf dem Fundament eines ruhenden Pulses liegt, ganz elegant aber leidenschaftlich zum Glühen gebracht wird. Bis es so weit ist und die selbst herausgeschlagenen Briketts die volle Hitze des Drangs aufgenommen haben, den die Jazzkünstlerin in ihrem Herzen trägt, braucht es zwar die ein oder andere Pirouette - doch schaut und hört man dieser Künstlerin nur allzu gerne dabei zu, wie Ausdruck und Wille wilde Schönheit formen. Diese prägt den kompletten Abend.

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Nicht weniger stark in der Rezeption, aber von einer ganz anderen DNA zeugt Bojan Z’s „Mama Loya“, das einen fast schon strengen Grundrhythmus etabliert, der zu Beginn wie ein Metronom für pendelnde Ordnung sorgt und erst ganz langsam eine feingliedrige Freiheit zulässt, wie man sie in dieser melodischen Tiefe und Reinheit sonst nur von Stars des Crossover-Klaviers wie Michael Wollny zu hören bekommt.

Improvisiertes Duo-Spiel

Doch ein Duo wäre freilich kein Duo, ließen sich die Protagonisten des Abends nicht auch auf das dünne Seil des improvisierten gemeinsamen Spiels führen. Dann, oftmals mit geschlossenen Augen, regiert ganz das Gefühl, zerfließen die Grenzen zwischen Form, Folklore und Freiheit und feiern eine Umarmung der Kontraste, wie man sie sich inniger kaum hätte vorstellen können. Dass das Ganze dabei nie wie eine Zwangsverbindung, sondern wie ein soeben geebneter Pfad klingt, dessen Ziel man noch gar nicht so genau kennt, markiert eben den Reiz dieser erstaunlichen Verbindung.

Dass Zweien, die sich erst wenige Stunden vor ihrem gemeinsamen Konzert zum ersten Mal trafen, zwischen den Stück auch noch Zeit für Anekdoten bleibt, ist dann quasi die Krönung. Und so dürfen die Zuhörer nicht nur herzlich über Geschichten von Holzwürmern in den Klavieren kubanischer Konservatorien oder den „spektakulären“ Anschlag eines Glenn Gould schmunzeln - sie können sich jetzt schon auf die Fortsetzung einer Reihe freuen, die sehr eindrucksvoll ihren Anfang markiert hat.

Freier Autor

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