Ein Tötungsvorsatz war dem 27-Jährigen aus Ludwigshafen nicht nachzuweisen, in Haft muss er trotzdem. Zwei Jahre und sieben Monate Freiheitsentzug lautete das Strafmaß wegen gefährlicher Körperverletzung, Körperverletzung und versuchter Nötigung. Für die mitbeteiligte, heute 21-jährige Ex-Freundin setzte das Landgericht Frankenthal die Entscheidung über eine Jugendstrafe aus. Das Duo hatte im März 2021 einen Mann im Streit lebensgefährlich verletzt, das Opfer leidet noch heute.
Auf eine Strafe im bewährungsfähigen Bereich hatte der Deutsch-Türke gehofft, der sich im Prozess vor dem Landgericht weitgehend geständig zeigte. Richter Alexander Melahn entschied anders und folgte dem Antrag der Staatsanwaltschaft: Gegen den Ludwigshafener sprächen die Schwere der Verletzungen und die Folgen der Tat für das Opfer. Außerdem habe der mehrfach, auch einschlägig, vorbestrafte Mann zur Tatzeit unter Bewährung gestanden. Auch habe er am 12. März 2021 gleich drei Begehungsvarianten der gefährlichen Körperverletzung verwirklicht. Einzig ein Tötungsvorsatz sei ihm, ebenso wie der mitangeklagten damals 19-Jährigen, nicht nachzuweisen, weswegen die Jugendschutzkammer vom Vorwurf des versuchten Totschlags abrückte.
Ihren Anfang hatte die Tragödie am Vortag genommen. Vor einer Parkbank beteiligte sich das spätere Opfer an wechselseitigen Provokationen mit dem vorbeilaufenden Angeklagten und dessen Mutter. Dafür erntete der zu dieser Zeit 18-Jährige einen Faustschlag aufs linke Auge. Weil auch die eigene Mutter beleidigt wurde, bestand nun Klärungsbedarf. So traf man sich wieder am nächsten Abend. An gleicher Stelle hielten sich Bekannte im Hintergrund, während der Heranwachsende mit seiner Mutter telefonierte. Vom 25-Jährigen forderte er eine Entschuldigung. Im Anschluss flogen die Fäuste, der Angeklagte sah sich „verprügelt“.
Eine Stunde später die Eskalation: Als sich der 18-Jährige auf dem Gelände der Brüder-Grimm-Schule befand, tauchte der Ludwigshafener auf. Mit dabei: die damalige Freundin. Dem Geschädigten hielt sie ein Einhandmesser vors Gesicht. Dieser stieß die 19-Jährige weg. Jetzt griff der 25-Jährige ein und stach zu - mit lebensgefährlichen Folgen: Einstiche in Oberkörper und rückseitigen Thoraxbereich verletzten Lunge und Milz des Opfers, fünf Zentimeter tief war der Stichkanal.
Opfer noch heute mit Schmerzen
Nur eine Notoperation rettete das Leben des gebürtigen Koblenzers. Noch heute leidet der Mann unter Schmerzen. Im Bauchraum sind Narben verblieben. „Erheblich“ genug zur Erfüllung des Tatbestands der schweren Körperverletzung sei dies jedoch nicht, erklärte Melahn. In die Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten floss auch die versuchte Nötigung ein, die der Angeklagte verwirklichte, indem er einen Zeugen massiv bedrohte.
Der Mittäterin bescheinigte der Vorsitzende eine „gewisse strafrechtliche Karriere“ seit 2017, die sich auf Bagatelldelikte beschränkt habe. Inzwischen versuche sie aber, ihr „Leben in den Griff zu bekommen“. Die angestrebte Ausbildung zur Kosmetikerin darf sie nicht eigenmächtig abbrechen, außerdem muss die Deutsch-Italienerin einen Sozialkurs absolvieren. Nach einjähriger Bewährungszeit wird das Gericht entscheiden, ob eine Jugendstrafe noch zu verhängen ist. Notwendig hierfür sind „schädliche Neigungen“, die aktuell nicht sicher festgestellt werden können.
Gegen das Urteil ist Revision binnen Wochenfrist möglich. Der 18-Jährige erhält eine Entschädigung im vierstelligen Bereich im Rahmen des Täter-Opfer-Ausgleichs.
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