Ludwigshafen. Mit einer Blumenverteilaktion haben sich ukrainische Flüchtlinge für die Hilfe der Ludwigshafener bedankt. Zwei Stunden lang übergaben die jungen Frauen aus dem Kriegsgebiet verschiedenfarbige Rosen an Passanten in der Bismarckstraße. Verziert war jede Blume mit einer Schleife in den Nationalfarben Gelb und Blau.
Auch im Schaufenster des Projekts „Social Innovation Lab“, das typische Gegenstände aus der Ukraine zeigte und vor dem sich die Geflüchteten ab 12.30 Uhr versammelten, hieß es in der Landessprache „velyke dyakuyu“.
Dass das Engagement, für das die notleidenden Menschen ihr Dankeschön aussprachen, gerade in Ludwigshafen besonders groß ist, bestätigt Organisator Peter Runck. Als Geschäftsführer des Internationalen Bauordens ist der 61-Jährige seit Jahren in Form von Jugendprojekten mit dem osteuropäischen Land verbunden. Seine Frau Valentyna Sobetska, Vorsitzende der Kinderhilfe Ukraine Rhein-Neckar, stammt dazu aus dem Ort Novograd-Volynskiy zwischen Lemberg und Kiew. „Unsere Stadt verhält sich vorbildlich“, sagt Runck mit Blick auf die ausgeprägte Hilfsbereitschaft in der Chemiestadt. Stadtverwaltung, Volkshochschule, private Organisationen und Bürger „von der alten Oma bis zum Rockerclub“ zögen an einem Strang.
Für Alisa Tsygankova ist der Aufenthalt in Ludwigshafen nicht die erste Erfahrung mit Deutschland. Die Erzieherin ist am 1. März mit dem Auto aus Kiew geflüchtet. Mitgebracht hat sie ihre Mutter und Großmutter. Eine Bleibe hat sie bei ihrem Bruder gefunden, der schon länger in der Innenstadt lebt. „Wenn es möglich ist, möchte ich zurück in meine Heimat“, erklärt die junge Frau, die sich gut auf Deutsch verständigen kann.
Solange der Krieg andauert, will sie in Ludwigshafen bleiben - und arbeiten. Dazu müssten zunächst aber „Qualifikationen abgeglichen“ werden. Die einheimische Bevölkerung beschreibt Alisa Tsygankova als „freundlich“, in allen Belangen werde geholfen.
488 Menschen sind bisher offiziell aus der Ukraine nach Ludwigshafen gekommen, berichtet Sozialdezernentin Beate Steeg (SPD). Neben den registrierten Personen, die im Rahmen von privaten Initiativen meist bei Angehörigen unterkämen, müsse man von mehreren Hundert weiteren Geflüchteten ausgehen.
Dass mit dem Ukraine-Krieg eine herausfordernde Aufgabe auf die Stadt zukommen würde, war für Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (SPD) „schon in der ersten Kriegsnacht“ absehbar. Am frühen Morgen des 24. Februar hat sie sich mit Beate Steeg über mögliche Folgen für Ludwigshafen ausgetauscht.
Osterkuchen an die OB
Als „Kind des Kalten Krieges“ habe sie sich nie vorstellen können, Krieg „noch einmal so nah zu erleben“, betonte die Rathauschefin. Den traditionellen ukrainischen Osterkuchen, den ihr Valentyna Sobetska symbolisch überreichte, müsse man aufgrund der Vielzahl von Helfern „in viele Krümel zerlegen“, betonte Steinruck. Die Idee, 200 Blumen in der City zu verteilen und ein Danke-Schaufenster einzurichten, war im Sonntagscafé entstanden. Der Treff in der Ludwig-Wolker-Freizeitstätte dient der Begegnung von Ukrainern und ihren Freunden.
Zu den Unterstützerinnen zählt auch Traudl Gleich. Die Vorsitzende der SPD Südliche Innenstadt hat zur Ukraine dabei einen ganz besonderen Bezug: Ihre Mutter war im Zweiten Weltkrieg als Elfjährige aus Poltawa in die Pfalz verschleppt worden. Auf einem Bauernhof leistete die Jugendliche Zwangsarbeit. Bis heute lebt die inzwischen 93-Jährige in Otterstadt, wo sie einen eigenen „Stolperstein“ hat. Sich in der ukrainischen Kinderhilfe zu engagieren und das Leid der Menschen im Kriegsgebiet zu lindern, ist für Traudl Gleich somit eine Herzensangelegenheit. Wie groß die Hilfsbereitschaft der Ludwigshafener ist, hat die 71-Jährige erst kürzlich wieder erfahren: Die von ihr initiierte Spendenaktion sei auf sehr gute Resonanz gestoßen.
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