Ludwigshafen. Die Haushaltskrise in Ludwigshafen hat eine neue Dimension erreicht. Die Finanzaufsicht des Landes lehnt den hoch defizitären Etat 2025 wegen Globalbeanstandung ab, fordert mehr Sparbemühungen und schlägt neue Steuern vor. Wie die Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck in der Stadtratssitzung erklärte, sei die geforderte Einsparsumme beim Etatdefizit von 59,9 Millionen Euro unklar, betrage möglicherweise 40 Millionen Euro. Die Stadt verhängte einen Einstellungsstopp. Damit könnten etwa 35 Stellen für Sozialassistentinnen in den Kitas nicht besetzt werden, die wegen des Erzieherinnenmangels eingestellt werden sollten. Durch den Stellenstopp würden zudem die Digitalisierung der Verwaltung und der Ausbau der Ganztagsbetreuung gebremst, so Steinruck. „Wir dürfen auch keine Verträge für 2026 abschließen. Davon ist vor allem das Theater betroffen.“
OB Steinruck verwahrt sich gegen Pauschalvorwurf
Nachdrücklich verwahrte sich die Ratshauschefin gegen den Pauschalvorwurf des Landes, wonach Ludwigshafen das Geld „verprasse“. „Wir machen unsere Hausaufgaben und sparen seit Jahren, können aber die strukturellen Probleme der Stadt nicht allein lösen.“ Seit Jahren klagen alle Fraktionen, dass Bund und Land den Kommunen Leistungen aufbürde, ohne dafür ausreichend Geld bereitzustellen, etwa beim Kitaausbau. „Sogar für die Durchführung der Bundestagswahl in Ludwigshafen müssen wir draufzahlen“, nennt Steinruck ein weiteres Beispiel.
Kämmerer Andreas Schwarz (SPD) plant eine differenzierte Anhebung der Grundsteuerhebesätze und die Einführung einer Verpackungssteuer. Letzteres sei zwar wünschenswert, aber nicht kurzfristig möglich. Denn dafür seien drei Personalstellen nötig, die durch den Einstellungsstopp blockiert seien. Die ebenfalls angeregte Bettensteuer werde indes kommen, da ab April entsprechende Mitarbeiter zur Verfügung stünden. Einen genauen Vorschlag über die Erhöhung der Grundsteuer, die alle Hausbesitzer belastet, will die Verwaltung bis Ende Juni vorlegen.
Freiwillige Leistungen sollen kritisch überprüft werden
Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) habe auch gefordert, alle freiwilligen Leistungen kritisch zu überprüfen. „Dabei geht es etwa um Zuschüsse an Vereine oder den Betrieb des städtischen Freibads“, so die Oberbürgermeisterin. Das Vorgehen der Finanzaufsicht sei nicht nachvollziehbar, denn das Land habe „Spielgeld“ in Milliardenhöhe. Auch aus Verärgerung über die mangelnde finanzielle Ausstattung der Stadt durch Bund und Land war Steinruck 2023 aus der SPD ausgetreten.
Bei einer Berechnung der Etatdefizite pro Einwohner lande Ludwigshafen unter den elf kreisfreien Städten in Rheinland-Pfalz mit 339 Euro auf Platz vier - hinter Spitzenreiter Speyer (165 Euro) sowie Landau und Koblenz, merkt Schwarz an. Am Ende der Tabelle rangierten Worms und Zweibrücken mit über 800 Euro. Nach Angaben des Kämmerers habe die Finanzaufsicht die Haushalte vieler Kommunen in Rheinland-Pfalz beanstandet. Ein Hoffnungsschimmer sei der geplante Infrastrukturfonds der neuen Bundesregierung. Daraus könne Ludwigshafen jährlich etwa 8,8 Millionen Euro erwarten. „Generell brauchen wir aber endlich eine ehrliche Verteilung der Aufgaben von Bund, Land und Kommunen. Ansonsten darf man sich über den Vertrauensverlust der Bürger in die Demokratie nicht beklagen.“
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