Der Großbrand im Müllbunker der GML Abfallwirtschaftsgesellschaft vor mehr als zwei Jahren hat nicht nur einen Millionenschaden und eine riesige Rauchwolke über der Stadt verursacht - sondern auch viel dicke Luft. Und zwar zwischen der GML als Betreiberin des Müllheizkraftwerks und der Deutschen Bahn, genauer gesagt deren Tochterfirma DB Netz AG. Denn mit dem Brand der Anlage in der Bürgermeister-Grünzweig-Straße hat sich auch ein Rechtsstreit zwischen beiden entzündet, der gestern vor dem Landgericht Frankenthal in eine neue Runde gegangen ist - die die GML knapp für sich entscheiden konnte.
Bei der Auseinandersetzung will die Bahn, kurz gesagt, rund eine halbe Million Euro von der GML beziehungsweise deren Versicherung: Weil sie ihre Gleise zwischen dem Hauptbahnhof und Oggersheim, die unmittelbar hinter dem Müllbunker verlaufen, nach dem Unglück zwei Monate lang nicht nutzen konnte; und sich in der Folge zudem allerlei Baumaßnahmen verzögert hätten.
"Ein kleines Feuerle" gesehen
Die Bahn versucht, auf zwei Wegen zu ihrem Geld zu kommen: Zum einen wirft sie der GML vor, eine Mitschuld am Ausbruch des Feuers gehabt zu haben und darum schadensersatzpflichtig zu sein. Dieser Vorwurf scheint seit gestern jedoch weitgehend ausgeräumt: Ein Sachverständiger ist in seinem Gutachten nämlich zu der Einschätzung gekommen, "dass mit hoher Wahrscheinlichkeit von einer Selbstentzündung des eingelagerten Mülls auszugehen ist". Vermutlich hätten sich Gase gebildet und plötzlich entzündet. "Das kommt öfter in Müllbunkern vor", sagte der Experte - und entlastete damit die GML. Hinweise auf einen Gasbehälter als Brandursache, wie es die Polizei vermutet hatte, gebe es nicht.
Auch die Aussagen der beiden Kranführer, die beim Ausbruch des Feuers Dienst hatten und gestern als Zeugen gehört wurden, sprächen für diese Theorie, so der Gutachter. Einer der Männer gab an, er habe damals in einem Bereich, in dem nicht gearbeitet worden sei, plötzlich "ein kleines Feuerle" gesehen. Der andere sagte: "Innerhalb von ein, zwei Minuten war es rabenschwarz."
Erledigt ist der Fall damit aber noch nicht. Denn die Bahn führt ein weiteres Argument ins Feld: den sogenannten nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch. Er geht, laienhaft ausgedrückt, davon aus, dass Nachbarn sich gegenseitig rechtlich besonders verpflichtet sind, die GML also auch ohne eigenes Verschulden einen Ausgleich bezahlen müsste.
Doch dieses Konstrukt ist juristisch sehr umstritten, weshalb selbst die zuständige Richterin am Frankenthaler Landgericht, Theresa von Schwichow, glaubt, "dass mein Urteil ja wohl kaum das letzte in der Sache sein wird". Sondern ein Landes- oder Bundesgericht die abschließende Entscheidung treffen muss.
Bis dahin aber, deutete die Richterin an, ist sie geneigt, diesen Anspruch der Bahn anzuerkennen. Weshalb es nun zu einer weiteren Runde im Rechtsstreit kommt: Als Nächstes muss geklärt werden, ob der Müllbunker nach dem Brand tatsächlich einsturzgefährdet war und die Gleise im Gefahrenbereich lagen, ob also die Bahnstrecke wirklich gesperrt werden musste. Zwar gibt es bereits ein von der Stadt in Auftrag gegebenes Gutachten, das die Einsturzgefahr bescheinigt hat. Doch das will die GML nicht anerkennen.
So dürfte Ende Februar der nächste Sachverständige bestellt werden - und es noch eine ganze Weile dauern, bis ein Urteil fällt und damit die Luft wieder ganz rein ist.
Brand im Müllbunker
- Am 11. Oktober 2010 ist im Müllbunker des Müllheizkraftwerks der GML in der Industriestraße ein Brand ausgebrochen.
- Durch das Feuer entstand ein Millionenschaden. Monatelang konnte die Anlage nicht genutzt werden.
- Weil der Bunker zeitweise als einsturzgefährdet galt, blieb die hinter der Anlage verlaufende Bahnstrecke zwei Monate gesperrt.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/ludwigshafen_artikel,-ludwigshafen-grossbrand-gutachter-entlastet-gml-_arid,427190.html