Festival des deutschen Films

Filmfest in Ludwigshafen endet mit überzeugender Bilanz

In Ludwigshafen ist der Filmkunstpreis des Festivals auf der Parkinsel an Leander Haußmanns hintergründige "Stasikomödie" verliehen worden. Die Organisatoren melden 88.000 Besucher

Von 
Markus Mertens
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Gruppenbild mit Gewinner, Jury und Festivalintendant: Regisseur Leander Haußmann mit Preisskulptur (Mitte), umrahmt von Festivalchef Michael Kötz (rechts daneben) und den Jurymitgliedern (v.l.) Wolfgang Esser, Barbara Philipp sowie Andreas Kleinert. © Markus Mertens

Ludwigshafen. „Es ist eine Insel, auf der wir uns bewegen - in jeder Hinsicht.“ Festivaldirektor Michael Kötz prägt mit diesen Worten bei der Pressekonferenz zum Ende des Festivals des deutschen Films einen Terminus, der hier an Bedeutung kaum reicher sein könnte. Denn einerseits zelebriert das Festival seine Künste just an jenem atmosphärischen Ort der Parkinsel, der wesentlich zum Charme des nach Publikumszahlen zweitgrößten deutschen Filmfests nach der Berlinale beiträgt. Andererseits meint der Begriff der Insel auch einen eigenen Kosmos, der seine Strahlkraft für Cineasten, Fernsehfans, aber auch „nur“ Neugierige für die Dauer von gut zweieinhalb Wochen etabliert, um zu bleiben.

226 Filmvorführungen

Wie innig diese Kräfte sich verbinden können, erzählt Kötz plastisch - denn bei all den Verpflichtungen, Premieren und Gesprächen habe er vom Tod Queen Elizabeth II. ebenso nur am Rande Notiz nehmen können wie von den Debatten um Gaspreise oder den Kämpfen in der Ukraine. Die Parkinsel, ein Ort inniger Bannungskräfte. Das gilt - der wechselhaften Witterung zum Trotz - just an diesem Abend der großen Preisverleihung besonders. Zum einen, weil der Stolz überwiegt, mit 88 000 Besuchern in 226 Vorführungen auch im Vergleich zu Vor-Corona-Jahren eine ordentliche Gesamtzahl vorweisen zu können. Zum anderen auch, weil sichtbar wird, wie sich das Festival bis zum 18. Geburtstag seinen Rang mit Kampfesgeist und Leidenschaft hart erarbeitete. Ein eigens zusammengestellter Kurzfilm führt dem Publikum des Abends plastisch vor Augen, wie die damalige Oberbürgermeisterin Ludwigshafens, Eva Lohse, 2005 von einem „Aufbruch“ sprach, den sie diesem Filmfestival wünsche - ein Wunsch, der sich in beachtlicher Konsequenz vollzog.

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Allein die Liste der deutschen Schauspielstars, die in diesem Jahr in Ludwigshafen zu Gast waren, von Ulrich Tukur über Iris Berben bis hin zu Andrea Sawatzki und Christian Redl, spricht für sich. Doch Kötz betont auch stolz rund 10 000 Besucher bei insgesamt 73 Filmgesprächen, die mit dazu beigetragen hätten, das Festival nicht als Konsumort, sondern als Platz des Diskurses in aller Munde zu bringen.

Keineswegs deplatziert erinnert der Direktor an Hilmar Hoffmanns Forderung einer „Kultur für alle“, die er als Anspruch und Motivation gleichermaßen verstehe. Der Beifall und die Rührung für und durch Kötz’ Worte sind so groß, dass die Auszeichnungen des Abends fast in den Hintergrund geraten wären - gäbe es nicht auch hier viel zu denken und zu staunen. Das beginnt beim Hauptpreisträger des Abends, Leander Haußmann. Die Jury um Barbara Philipp, Andreas Kleinert und Wolfgang Esser bedachte Haußmanns „Stasikomödie“ mit dem Preis für den besten Film.

Haußmann will umziehen

Haußmann, ganz angefasst, lässt die Gäste wissen, man habe ihn telefonisch am Abend erwischt, während er in der Badewanne lag. Nicht ahnend, warum ausgerechnet er einen Preis erhalten solle, erinnert er sich an das besondere Flair beim Besuch zur ersten Vorstellung, muss schmunzeln und erklärt stolz: „Ich werde nach Ludwigshafen umziehen!“ Es sind Augenblicke wie dieser, die trotz der Größe der Festivalzelte für Intimität sorgen, wie sie nur an diesem speziellen Ort möglich zu sein scheinen. Der Beifall an dieser Stelle könnte inniger nicht sein.

Die junge Regisseurin Nadja Brunckhorst, die für ihr Werk „Alles in bester Ordnung“ eine lobende Erwähnung erhält, ist am Mikrofon fast den Tränen nahe, als sie ihre allererste Auszeichnung als Regisseurin entgegennimmt - sie nutzt die Chance einer Preisrede vor Gästen aber kurzerhand auch für ein paar kurze Worte des offenen Flirts. Auch so also können Beziehungen entstehen. Die zwischen Publikum und Festival scheint längst mit festen Seilen am Rheinufer vertäut. Den Publikumspreis mit dem klangvollen Namen „Rheingold“, das ist beim Festival Tradition, vergibt nicht etwa Kötz, sondern einer der Gäste.

Dass sich mit der Ludwigshafener Therapeutin Heike Thurau hier niemand ans Mikrofon wagt, der kleinlaut vorgegebene Texte abliest, sondern eine entschlossene Frau, die bewegend engagiert über das Gemeinschaftserlebnis von Filmen spricht, bringt dann selbst den Chef zum Staunen. Dass Thurau just das Sterbehilfe-Drama „Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster“ küren darf, passt da ins Bild. Denn die Produzentin Doris Zander kann verbale Überzeugungstaten wie die von Thurau nicht nur teilen, sie ergänzt kurzerhand: „Ich liebe dieses Festival einfach, für alles, was es ist!“ Solche Worte der Würdigung für die Magie einer Insel der Bilder bedürfen keiner weiteren Erklärung.

Freier Autor

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