Historisches Gebäude - In Ludwigshafen steht ein ganz besonderes Gebäude zum Verkauf: der ehemalige Wasserturm am Schlachthof im Stadtteil West. 700 000 Euro werden für ihn aufgerufen.

Denkmalgeschützter Wasserturm in Ludwigshafen steht zum Verkauf

Von 
Julian Eistetter
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Der ehemalige Wasserturmsteht seit Mitte 2020 leer. © Christoph Blüthner

Ludwigshafen. Die Fassade ist mit cremefarbenen und roten Ziegelsteinen eingedeckt. Erst vor wenigen Jahren wurde die Gebäudehülle vollständig saniert. Mit den Mustern und den schmalen, nach oben hin runden Fenstern ist der ehemalige Wasserturm am Schlachthof im Ludwigshafener Stadtteil West ein wahrer Blickfang. Das denkmalgeschützte Gebäude ist eines der ältesten in der Stadt, errichtet im Jahr 1904. Es befindet sich im Eigentum der Mannheimer Werbeagentur Schaller & Partner, die den für die Büronutzung umgebauten Turm bis zum Sommer 2020 noch selbst belegt hatte. Da die Räumlichkeiten jedoch für die Anzahl der Mitarbeiter nicht mehr ausreichten, hat die Agentur nun keine Verwendung mehr für das imposante Gebäude, wie Geschäftsführer Max Schaller berichtet. Deshalb steht der ehemalige Wasserturm zum Verkauf. 700 000 Euro werden als Preis aufgerufen.

Seit mehr als einem Jahr wird das Gebäude nun schon auf der Webseite von Kozlowski-Immobilien angeboten. „Die haben sich bislang etwas die Zähne daran ausgebissen“, berichtet Eigentümer Schaller im Gespräch mit dieser Redaktion. Solch spezielle Gebäude wie Wassertürme oder Bunker würden zwar sehr viele Interessenten anziehen, wenn es dann jedoch um einen konkreten Vertragsabschluss gehe, seien die meisten zögerlich. „Es stellt sich natürlich die Frage: Was macht man mit so einem Wasserturm?“, sagt der 45-Jährige, dessen Eltern die Immobilie einst erworben hatten.

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Viele Interessenten für Wohnen

Die meisten Interessenten würden am liebsten in dem Turm wohnen. Dafür sei das Gebäude zwar grundsätzlich nicht ungeeignet, es müsste jedoch zunächst eine Nutzungsänderung vollzogen werden, so Schaller. Nach einer Sanierung 1984 sei der Turm als Gewerbeimmobilie für Büronutzung abgenommen worden. Wenn nun Menschen darin leben wollen, müssten zusätzliche Rettungswege geschaffen werden. „Und wenn wir das machen wollen, kriegen wir wieder Probleme mit dem Denkmalschutz“, beschreibt der Geschäftsführer die knifflige Pattsituation.

Was die Ausstattung angeht, sei der Turm auf einem aktuellen Stand. „Strom, WLAN, Licht, Heizung, Wasser – es ist alles da“, sagt Schaller. Lediglich eine Klimaanlage existiert bislang noch nicht. Diese würde der Eigentümer aber noch einbauen lassen, sobald sich ein Abnehmer für den ehemaligen Wasserturm findet. Mittlerweile kommt für Schaller nämlich nicht mehr nur ein Verkauf, sondern auch eine Vermietung des historischen Gebäudes infrage. „Mein Herz hängt schon etwas an der Immobilie. Ich will vor allem nicht, dass sie leer steht und vor sich hin gammelt“, sagt er. Die ursprüngliche Preisforderung für den Turm habe indes bei fast einer Million Euro gelegen, 700 000 seien die unterste Schmerzgrenze. „Sonst könnten wir ihn auch verschenken.“

Den zukünftigen Eigentümer oder Mieter erwarten fünf Geschosse, zwischen die wegen der hohen Decken jeweils noch ein halbes Zwischengeschoss als Galerie eingebaut wurde. Auch im Turmkopf, in dem einst der Wassertank untergebracht war, wurde 2003 eine Zwischendecke entfernt und eine Galerie eingebaut. „Aus dem Besprechungsraum dort oben hat man einen tollen Blick über die Stadt“, schwärmt Schaller.

Der Sockel des ehemaligen Wasserturms besteht aus solidem Sandstein. 1990 wurde der Empfangsbereich durch einen Anbau aus Stahl und Glas erweitert. Der Turm selbst wurde in Stahlbetonbauweise errichtet und mit Klinker verblendet. In der Mitte schraubt sich ein Treppenhaus in die Höhe, ein Aufzug führt bis in den vierten Stock. Als Gewerbefläche stehen laut Makler insgesamt 391 Quadratmeter zur Verfügung. Die gesamte Grundstücksfläche beträgt rund 490 Quadratmeter.

Die Mannheimer Wassertürme

Auch in Mannheim steht ein Wasserturm zum Verkauf, und zwar schon seit Frühjahr 2019: der Turm in Wallstadt. Anfangs wurden 1,2 Millionen Euro verlangt, inzwischen wird der Kaufpreis laut dem zuständigen Makler mit 750 000 Euro angegeben – für ein, wie es heißt, Zweifamilienhaus, gibt es doch je eine Wohnung im Turmschaft und eine in einem Anbau. 1978 hatte ein Wallstadter Ehepaar den Turm erworben und aufwendig saniert, ab 1998 war er Sitz einer PR-Agentur.

Früher gab es in Mannheim mindestens 20 Wassertürme, nicht alle sind erhalten. Meist wurden sie gebaut, um heutige Vororte Mannheims mit Wasser zu beliefern. Sie waren damals noch nicht eingemeindet, sondern selbstständige Dörfer, die für ihre immer stärker wachsende Zahl von Bürgern anstelle der bis dahin üblichen Brunnen wegen der besseren Hygiene eine eigene Wasserversorgung bauten.

Der Wasserturm von Rheinau, 1898 errichtet, wurde 1976 für einen Parkplatz abgerissen. Auch die Türme des Benz-Werks, der Zellstofffabrik und der neuere, von 1965 stammende Turm von John Deere stehen nicht mehr. Der Turm der „Schildkröt“ beherbergt Hausmeister und Technikzentrale des Gewerbeparks, die Firma John Deere nutzt ihren alten Turm als Archiv. Der Turm in Straßenheim ist bewohnt, den lange bewohnten Turm in Feudenheim hat neuerdings eine Firma gemietet, und der Turm in Seckenheim wurde von Firma und Familie Lochbühler saniert – als einziges Aufzugsmuseum Europas. Den Mannheimer Wasserturm am Friedrichsplatz hegt und pflegt die MVV Energie AG. (pwr)

„Es gibt nun mal keine Ecken“

Im Beschreibungstext wird mit einem ruhigen Umfeld aus Dienstleistungsbetrieben des Medienbereichs und einer kurzen Anbindung an die A 650 in Richtung Bad Dürkheim oder Karlsruhe geworben. Auch die schnelle Erreichbarkeit der Innenstädte Ludwigshafens und Mannheims wird als Pluspunkt angegeben. Die offensichtlichen Schwächen des Turms nennt Eigentümer Schaller: „Es gibt nun mal keine Ecken, sondern es ist alles rund und auch etwas eng.“ Die Werbeagentur habe mit runden Tischen gearbeitet, als sie noch dort untergebracht war, für andere sei das aber vielleicht alles zu speziell.

Der Wasserturm ist nicht das einzige besondere Gebäude in Ludwigshafen, das der Makler Kozlowski Immobilien an den Mann oder die Frau zu bringen versucht. Seit vielen Monaten ist auch das Bunker-Penthouse in Mundenheim auf der Webseite eingestellt. Ein Privatinvestor hatte die Wohnung zwischen 2014 und 2015 auf den achteckigen Hochbunker bauen lassen. Die Eigentümersuche gestaltet sich jedoch offenbar auch hier schwierig. Von einstmals über eine Million Euro ist der geforderte Kaufpreis inzwischen auf etwas mehr als 500 000 Euro gesunken. Zwei Ludwigshafener Bunker wechselten auch schon bei Auktionen den Besitzer – zuletzt im Juni dieses Jahres ein Bauwerk am Oggersheimer Bahnhof.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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