Unterkunft

Container-Dorf in Ludwigshafen für 450 Geflüchtete

In Ludwigshafen wird der bislang größte Asyl-Standort neben einem sozialen Brennpunkt bezogen. Der 11,6 Millionen Euro teure Gebäudekomplex entstand nur wenige hundert Meter entfernt vom Einweisungsgebiet in der Bayreuther Straße

Von 
Thomas Schrott
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Die neuen Unterkünfte für Geflüchtete in der Bayreuther Straße in Ludwigshafen. © Michael Ruffler

Ludwigshafen. In nur sechs Monaten hat sich eine Ackerfläche in ein dreistöckiges Containerdorf im Stadtteil West verwandelt. Auf anhaltend hohe Zuweisungszahlen von Asylbewerbern musste die Stadtverwaltung reagieren und errichtete die bislang größte Unterkunft für Geflüchtete in Ludwigshafen mit 450 Plätzen. Dadurch kann unter anderem das Asyl-Notquartier im Walzmühle-Einkaufszentrum aufgelöst werden. Der 11,6 Millionen Euro teure Gebäudekomplex entstand nur wenige hundert Meter entfernt vom Einweisungsgebiet in der Bayreuther Straße. Um Konflikte und Probleme mit dem sozialen Brennpunkt zu entschärfen, setzt die Verwaltung auf viele soziale und bauliche Maßnahmen.

Warum entschied sich die Stadtverwaltung für diesen Standort im Stadtteil West?

Ludwigshafen hat generell wenig freies Gelände, das potenziell dafür geeignet ist. Sporthallen und Veranstaltungshäuser wie die Eberthalle sollen nicht belegt werden, so die generelle Marschroute. „Wir haben etwa 70 denkbare Flächen für eine große Asylunterkunft geprüft. Die Ackerfläche an der Bayreuther Straße war schon im städtischen Besitz und konnte schnell bebaut werden, weil keine Gutachten eingeholt werden mussten“, begründet Sozialdezernentin Beate Steeg (SPD) die Entscheidung.

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Wie viele Asylbewerber wurden der Stadt zugewiesen?

In diesem Jahr musste die Stadt bislang 680 Asylbewerber sowie 200 Geflüchtete aus der Ukraine unterbringen. Zum Vergleich: 2023 wurden der Stadt 883 Asylbewerber zugewiesen, 2022 waren es sogar 1163. „Nachdem sich die Lage in den vergangenen Monaten leicht entspannt hatte, rechnen wir nach einem neuen Schreiben des Landes Rheinland-Pfalz wieder mit vermehrten Zuweisungen“, berichtet die Dezernentin. Derzeit leben rund 1900 Geflüchtete in städtischen Unterkünften.

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Wie sieht der neue Asyl-Standort im Einzelnen aus?

Die vier Gebäude wurden in Containerbauweise erstellt. In den 14 Quadratmeter großen Räumen werden drei Personen untergebracht, so Bereichsleiter Rainer Bernhard. Familien sollen Räume nebeneinander erhalten. Pro Stockwerk wurden zwei Küchen, ein Gemeinschaftsraum, ein Waschraum sowie vier Sanitärräume eingerichtet. Die Unterkünfte werden ab Mitte nächster Woche von zunächst 80 Personen bezogen. Später sollen es 300 bis 380 sein. Der Asyl-Standort in der Bayreuther Straße werde maximal drei Jahre lang betrieben, bekräftigt die Dezernentin. Danach soll das Areal als Gewerbefläche genutzt werden.

Welche Auswirkungen hat dies auf andere Standorte?

Die Asyl-Unterkunft in der Walzmühle wird vereinbarungsgemäß bis Ende September aufgegeben. Danach will der Investor das Einkaufszentrum in der südlichen Innenstadt für einen Neustart umbauen. Zudem kommen 140 Asylbewerber von der Wollstraße in die Bayreuther Straße, weil die dortigen Hallen geräumt werden. Gleichwohl bleibt die Wollstraße ein großer Standort mit insgesamt 270 Personen in Punkthäusern und Containereinheiten.

Was ist bei der Betreuung der Asylbewerber geplant?

Für die neue Unterkunft wurden neben einer Leitungskraft vier Hausmeister und zwei Sozialarbeiter eingestellt. Zusammen mit Trägern wie Caritas, Diakonie und Ökumenischer Fördergemeinschaft sind laut Steeg verschiedene Freizeitangebote vorgesehen, etwa sportliche Aktivitäten und eine Fahrradwerkstatt. Relativ schnell soll die Spracheinstufung der Asylbewerber erfolgen. Als Ansprechpartner für die Bewohner stehen auch Mitarbeiter des Projekts „Integrationsbegleiter*innen als Brückenbauer“ bereit.

Wie will die Stadt Konflikte mit dem sozialen Brennpunkt vermeiden?

Bei einer Infoveranstaltung im März wurde den Bewohnern des Einweisungsgebiets die benachbarte Asyl-Unterkunft vorgestellt. Dabei wurden auch Ängste und Befürchtungen geäußert, so Ortsvorsteher Osman Gürsoy (SPD). Einige seien darüber verärgert gewesen, dass die geplante Sanierung der Gebäude im Einweisungsgebiet immer wieder verschoben worden sei. „Das ist nachvollziehbar“, so Gürsoy. Die Sozialdezernentin bekräftigte, dass die roten Wohnblöcke ab 2025 und die weißen Wohnblöcke ab 2027 saniert würden. Ausweichquartiere würden unter anderem auf einem Bolzplatz entstehen. Gleichwohl warb Steeg um Verständnis dafür, dass die Stadt bei der Asyl-Unterkunft in der Bayreuther Straße dank einer anderen gesetzlichen Grundlage rascher handeln konnte als bei den Neubauten für das Einweisungsgebiet. Bereits vor Monaten hatten alle Fraktionen im Sozialausschuss von der Verwaltung gefordert, die 33 Millionen Euro teure Sanierung im sozialen Brennpunkt nicht länger hinauszuzögern. „Keine Personengruppe darf abgehängt werden“, so der einhellige Tenor.

Wie viele Asylunterkünfte will Ludwigshafen bauen?

Im Februar hatte Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (parteilos) angekündigt, dass die Stadt drei weitere Asyl-Standorte bauen will. Neben zwei großen Unterkünften in der Bayreuther- und der Wollstraße plant die Verwaltung, einen Standort in Rheingönheim baulich zu verdichten.

Redaktion MM-Redakteur seit 1984, zuständig für den Bereich Ludwigshafen - mit all seinen Facetten

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