Hauptbahnhof - Graffiti-Künstler gestalten große Fußgängerunterführung / Erster Schritt für Aufwertung des „Schandflecks“

300 Liter Farbe gegen die Tristesse

Von 
Julian Eistetter
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Ludwigshafen. Die größte Unterführung im Ludwigshafener Hauptbahnhof hat sich in den vergangenen Wochen in eine Graffiti-Galerie verwandelt. Seit 8. September hat das Künstler-Kollektiv „Buntic Media“ dort großflächige Bilder auf die Wände gesprüht. „Meeting of Styles“ heißt das Gesamtkunstwerk, das ein erster Schritt zur Aufwertung des vielerorts als Schandfleck verschrienen Hauptbahnhofs sein soll. Am Mittwoch haben die Deutsche Bahn, der Zweckverband Schienenpersonennahverkehr Rheinland-Pfalz Süd (ZSPNV Süd), die Stadt und die Künstler das Projekt vorgestellt.

„20 Künstler haben 1000 Arbeitsstunden hier reingesteckt und mehr als 300 Liter Farbe auf die Wände gebracht“, sagte Manuel Gerullis, Künstlerischer Leiter der Gruppe aus Wiesbaden. Die Aufwertung der vormals nackten weißen Wände sei eines der größten Projekte von „Buntic Media“ gewesen – „eine ambitionierte und interessante Aufgabe“, so Gerullis. Das Ergebnis sei geprägt von einer interkulturellen Zusammenarbeit, denn die Künstler kamen aus vielen Ländern, unter anderem Italien, Spanien, Belgien, Frankreich, Polen und Venezuela. Viele Graffiti würden deshalb auch ein stückweit die Heimatländer ihrer Erschaffer repräsentieren.

Kunstform heute anerkannt

Die 2500 bis 3000 Quadratmeter Wandfläche in der Fußgängerunterführung, die alle Gleise am Hauptbahnhof miteinander verbindet, spiegeln jetzt zudem die vier Jahreszeiten wider. Zu sehen sind unter anderem eine Schneelandschaft, braunes Laub auf orangefarbenem Grund oder ein Waldboden mit großen Pilzen. Einen ziemlich zentralen Platz nimmt auch eine Abbildung der Stadt Ludwigshafen vor orangefarbenem Wolkenhimmel ein. Im Vordergrund ist die Pylonbrücke zu sehen, dahinter leicht abstrakt der Rathausturm.

Gurellis bedankte sich für die Freiheit, die den Künstlern bei der Umsetzung gelassen wurde. Er selbst sei seit der ersten Stunde Teil der früheren Graffiti-Untergrundkultur. Mittlerweile sei diese Kunstform anerkannter. „Sie kann triste Orte in einen Farbenzauber verwandeln und die Atmosphäre eines gesamten Bereichs verändern.“

Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck betonte, dass sich die Aufenthaltsqualität durch die farbenfrohen Bilder deutlich verbessert habe. „Ich wohne hier ganz in der Nähe. Bislang war das immer ein Raum, durch den man durchgehastet ist, der nicht einladend war“, sagte sie. Dies habe sich nun schlagartig geändert. „Auf einmal hat man es nicht mehr eilig, kann innehalten und immer Neues entdecken“, schwärmte sie.

13 000 Menschen frequentieren den Ludwigshafener Hauptbahnhof jeden Tag, wie Klaus Vornhusen, Konzernbevollmächtigter der Deutschen Bahn für die Länder Rheinland-Pfalz und Saarland, erklärte. Durch das großräumige Bahnhofsareal wirke es jedoch nie überfüllt. Für die Reisenden bedeute die „detailreiche Erlebniswelt“ eine deutliche Aufwertung der Aufenthaltsqualität.

Daneben wurden im gesamten Hauptbahnhof auch die alten Leuchtstoffröhren durch LEDs ausgetauscht – an Bahnsteigen, Treppen und in Unterführungen. Dies sorge für eine bessere Beleuchtung und senke die Energiekosten. Laut Mitteilung der Deutschen Bahn werden durch den Austausch jährlich 36 Tonnen CO2 eingespart.

Nach Angaben von Michael Heilmann, Verbandsdirektor des ZSPNV Süd, sind die Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität des Hauptbahnhofs damit noch nicht abgeschlossen. „Auch die Brückenpfeiler im Gleisdreieck sowie die Grünflächen sollen noch aufgewertet und umgestaltet werden“, sagte er.

Bei den Passanten kommen die Graffiti gut an. Viele bleiben stehen und machen Bilder mit ihren Smartphones. „Vorher war das hier schon ziemlich trostlos, jetzt gibt es wenigstens etwas zu sehen“, sagte Student Florian Bertel. Und auch Fadime Yildirim gefallen die großflächigen Wandbilder gut. „Da sind tolle Sachen dabei“, sagte sie. Richtig wohlfühlen werde sie sich zu bestimmten Uhrzeiten in der Unterführung aber wohl dennoch nicht.

Ludwigshafen

Triste Unterführung verschönert: Graffiti-Galerie im Hauptbahnhof

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Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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