Integration

Seine Zukunft sieht Lancine Diallo in Lampertheim

Lancine Diallo ist 2018 aus Guinea nach Lampertheim gekommen. Demnächst schließt der 27-Jährige seine Ausbildung zum Maurer ab und hofft, dauerhaft in Deutschland bleiben und sich hier eine Zukunft aufbauen zu können

Von 
Susanne Wassmuth-Gumbel
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Die Stadtbücherei ist für Lancine Diallo zu einem vertrauten Ort in Lampertheim geworden. © Berno Nix

Lampertheim. Dank und Anerkennung vom Hessischen Innenminister Peter Beuth für sein ehrenamtliches Engagement als Sportcoach hat Lancine Diallo bereits bekommen. Denn schon seit einigen Jahren engagiert sich der junge Mann, der seit 2018 in Lampertheim lebt, beim hiesigen Kanu-Club im Rahmen des Landesprogramms „Sport integriert Hessen“. Lange hat er mit Marius Schmidt ein Sportcoach-Tandem gebildet, inzwischen ist Dirk Eichenauer sein Tandem-Partner.

Auf die Anerkennung als Asylberechtigter wartet der 27-Jährige, der seine Heimat in Guinea 2014 verlassen hat, aber noch. Zurzeit ist er in Deutschland lediglich geduldet, alle drei Monate muss er diese Duldung verlängern lassen. Da er zurzeit eine Ausbildung als Maurer absolviert, die deutsche Sprache gut gelernt hat und sich aktiv um Integration bemüht, hofft Diallo, nach Abschluss seiner Lehre einen Aufenthaltstitel zu bekommen. Gerne möchte er in Deutschland, in Lampertheim bleiben.

Lernen für die Abschlussprüfung

Zurzeit bereitet sich der junge Mann auf seine Abschlussprüfung im Juli vor. Seine Lehre absolviert er beim Bauunternehmen Heinrich Menges in Lampertheim, besucht die Heinrich-Metzendorf-Berufsschule in Bensheim. Damit er sich gut auf seine Ausbildung konzentrieren kann, habe ihm sein Chef eine eigene kleine Wohnung besorgt, erzählt Diallo im Gespräch mit dem „Südhessen Morgen“. Er ist froh, dass er die Gemeinschaftsunterkunft in der Chemiestraße verlassen konnte.

Dort leben viele Menschen aus verschiedenen Ländern zusammen, die meisten sind alleinstehend. „Es ist schwer, dort anzukommen, und es dauert lange, bis sich alle verstehen - auch rein sprachlich schon“, schildert er. Dass immer irgendwas kaputt ist und sich nicht alle an die Regeln halten, sorge schnell für Verdruss.

2018 ist der junge Mann in Lampertheim angekommen. Vier Jahre zuvor hatte er sich aus persönlichen Gründen entschlossen, sein Heimatland, seine Eltern und jüngeren Geschwister zu verlassen. „Das war am Anfang für alle sehr schmerzhaft“, erinnert er sich.

Guinea liegt in Westafrika und zählt - trotz reicher Rohstoffvorkommen - zu den ärmsten Ländern der Welt. Die politische Lage in der ehemaligen französischen Kolonie, die 1958 ihre Unabhängigkeit erlangte, ist instabil. In Guinea hatte er die Schule nach der zehnten Klasse abgeschlossen und träumte davon, Architektur zu studieren - aus verschiedenen Gründen utopisch. „Das Leben ist sehr schwer dort“, sagt er und erzählt, dass sein Vater als Soldat bei der Marine war, inzwischen aber im Ruhestand ist, und seine Mutter Lebensmittel auf dem Markt verkauft.

Übers Mittelmeer nach Europa gekommen

Zunächst lebt Diallo vier Jahre in Marokko, eher er sich mit einem Schlauchboot nach Europa aufmacht. Er landet in Spanien, kommt über Stationen in Frankreich und Belgien 2018 nach Deutschland. In der Erstaufnahmeeinrichtung im mittelhessischen Gießen wird er von den deutschen Behörden registriert, kommt dann über Heppenheim nach Lampertheim.

„Der Deutschkurs, den ich dann direkt bekommen habe, war ein guter Anfang“, erinnert er sich. „Ich wollte unbedingt etwas lernen, vor allem die Sprache, weil ich erst dann auch etwas arbeiten konnte.“ Von Anfang an ist Diallo bereit, sich in Lampertheim zu integrieren. Er geht raus, verlässt die Unterkunft - anders als manche Mitbewohner, die sich eher schwertun mit der neuen Heimat. Bei einer Joggingrunde auf dem Damm am Altrhein sieht er, wie beim Kanu-Club trainiert wird. „Da bin ich dann hingegangen und die Menschen haben mich willkommen geheißen und eingeladen, mitzumachen“, erzählt der Guineer.

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Und weil er beim KCL so freundlich aufgenommen wurde und von dem Programm „Sport integriert Hessen“ selbst profitiert hat, entschloss er sich, Sportcoach zu werden - so wie Marius Schmidt, damals noch kein Erster Stadtrat, aber als SPD-Mann und Lampertheimer vielfältig engagiert. Er wolle „etwas zurückgeben“, sagte er dem Südhessen Morgen damals im August 2020.

Heute, bald drei Jahre später, engagiert sich Diallo auch in der Integrationskommission der Stadt Lampertheim und versucht, anderen Fremden, die nach Lampertheim kommen, Mut zu machen. „Ganz wichtig ist es, möglichst schnell die Sprache zu lernen“, ist der 27-Jährige überzeugt. Das Beherrschen der Sprache ist in seinen Augen ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg. „Wenn man die Sprache nicht versteht, kann man kaum etwas machen. Dabei ist es so wichtig, raus zu gehen und aktiv zu sein“, meint er und weiß, dass am Ende doch jeder und jede Einzelne für sein oder ihr Glück selbst verantwortlich ist. Einfach in der Unterkunft rumsitzen und auf das Glück warten, das war für Diallo keine Option. „Ich muss immer etwas tun und immer weitermachen“, erzählt er.

Schwierig wird’s beim Dialekt

Diallo hat erkannt, wie entscheidend es ist, die Sprache gut zu beherrschen. Deswegen möchte er alle Geflüchteten motivieren, so schnell wie möglich Deutsch zu lernen. „Danach wird alles einfacher“, so seine Erfahrung. Inzwischen verstehe er alle und alles recht gut, liest viel auf Deutsch und erweitert permanent seinen Wortschatz. Schwierig würde es allerdings, wenn viel Dialekt gesprochen werde - so wie er es manchmal auf der Baustelle erlebt.

Am Anfang hätten ihm persönliche Kontakte gefehlt, in denen er sein Deutsch schneller hätte verbessern können, erinnert sich Diallo. Und auch die Einsamkeit sei oft schwer auszuhalten gewesen. Gute Freunde fehlen ihm noch immer. „Es ist schlimm, wenn die Leute unfreundlich auf einen reagieren, nur weil man fremd ist und eine andere Hautfarbe hat. Es tut weh, wenn man zurückgewiesen wird“, sagt er. Deswegen wird er nicht müde, sich zu engagieren und in Lampertheim einzubringen. „Denn nur, wenn die Leute mich kennen, kann auch ihre Angst schwinden.“

Redaktion Susanne Wassmuth-Gumbel ist stellvertretende Teamleiterin des Südhessen Morgen.

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