Hofheim. Hinter der Theatergruppe „Die Krautstorze“ liegt ein rundum erfolgreiches Premierenwochenende. Gleich zweimal gaben die Laiendarsteller ihren neuen Dreiakter „Unverzagt auf Biesterjagd“ zum Besten und erfreuten sich an einem unglaublich positiven Zuspruch.
Längst hat sich auch das neue Angebot der „Krautstorze“ etabliert, an einem Sonntagnachmittag eine zeitlich früher angesetzte Seniorenvorstellung anzubieten. Von den geladenen Ehrengästen kamen Ortsvorsteher Alexander Scholl und Erster Stadtrat Marius Schmitt der „Krautstorze“-Einladung nach und fanden sich auch gleich im Auftakt des heiteren Dreiakters wieder. Als Kriminalkomödie aus der Feder von Autor Bernhard Landenberger beworben, überwogen bei aller Spannung allerdings die heiteren Momente nach kurzer Einführung von Peter Schneider. „Die Krautstorze haun oaner raus“ kündigte der „Mann mit Hut“ beste Unterhaltung an.
Hinter den Kulissen
- Neben den Darstellern im Rampenlicht sorgen zahlreiche weitere Protagonisten hinter der Bühne für einen perfekten Rahmen. Christine Wegerle obliegt die Maske, die Frisuren der Darsteller werden wie immer von Jennifer Nagel gestylt. Für die Beleuchtung und Vorhang zeigt sich Jörg Ruh verantwortlich. Die Tontechnik liefert JK-Eventservice in Zusammenarbeit mit der Firma LSD-Lorsch.
- Einmal mehr führte Armin Tremmel glänzend Regie, den Part als Souffleuse und die Stimme als Moderatorin des Einkaufssenders Shopping-Charme-TV übernimmt die erste Vorsitzende Miriam Gorniotzek. In der Bar werden die Zuschauer während der Pause von einem ganzen Team bedient.
- Zwei weitere Vorführungen folgen am kommenden Wochenende: am Samstag, 2. November und Sonntag, 3. November, jeweils um 19 Uhr im Bürgerhaus. Karten gibt es hierfür noch in der Geschenkwerkstatt, Kirchstraße 2 in Hofheim.
Gesamte Handlung spielt im Wohnzimmer
Doch der Reihe nach: Nahezu die gesamte Handlung spielt sich im Wohnzimmer der Bohnenbergers ab. Die gutmütige Hausfrau Ilse, von der bühnenerfahrenen Martina Vock perfekt gespielt, und ihr Ehemann Hans (Jürgen Hofmeister) stehen kurz vor ihrer goldenen Hochzeit. Hans erwägt, den Stand des eigens angelegten Sparkontos bei der Bank abzufragen, das die vierzehntägige Kreuzfahrt ermöglichen soll - „wir gönnen uns etwas ohne die zerstrittene Sippe“.
Derweil platzt deren schlagfertige und bisweilen derbe Tochter Josefa herein, glänzend verkörpert von Ute Timme. Josefa sucht ihren trinkfesten Ehemann Johannes Lindner (Marc Steffen Zwick), der das Wochenende auf dem Schützenfest verbracht hatte. „Wat wann ich disch erwisch!“ droht Josefa dem Abtrünnigen. Der scheint um keine Ausrede verlegen, taucht dann später mit seinem Freund Martin (Robin Vollhardt) auf und konstruiert eine Geschichte, um dem Zorn der erbosten Gattin zu entgehen: Johannes sei im nahegelegenen Waldstück der Bohnenbergers hinter der Lindenstraße von einer Bestie angefallen worden, bis ein Schuss eines Jägers ertönte.
Spuren im Gesicht sollen das bestätigen, ebenso wie ein zerrissenes und mit Rotwein getränktes Hemd. Als weiteren Beweis präpariert Johannes obendrein seinen Freund Martin in einer erfrischenden Szene als das Biest, verpasst ihm Fellstiefel, Mütze und Fellmantel der Schwiegermutter, bemalt dessen Gesicht mit schwarzer Farbe, frische Tampons dienen als verlängerte Zähne. Johannes schießt das entsprechende Beweisfoto.
Für die ehrgeizige, aber unterforderte Lokalreporterin Jenny (Laura Neumann) bildet die Story eine willkommene Steilvorlage. Jenny wittert endlich eine ordentliche Schlagzeile: „Angst und Schrecken in Howwe“. Derweil droht im Haus der Bohnenbergers Ungemach. Denn die shoppingsüchtige und einer regelrechten Kaufsucht erlegene Ilse will den Wald, ihren einzigen Besitz, verkaufen, um ihre „Schnäppchen“ zu finanzieren.
„Shopping-Charme-TV“: Schlussstrich unter den Kaufrausch
Ein Höhepunkt schlechthin: der Dialog von Ilse beim Bügeln mit ihrem Lieblingssender „Shopping-Charme-TV“, bevor sie endgültig einen Schlussstrich unter ihren Kaufrausch macht. Das mit dreifachgroßer Fläche ausgestattete Bügeleisen soll für ein neues Lebensgefühl sorgen: Da werden gleich fünf in verschiedenen Farben geordert, womit noch 12,70 Euro auf dem vom Einkaufscenter leergeräumten Sparkonto verbleiben. Doch das vermeintliche Ungeheuer schreckt zunächst einmal alle Kaufinteressenten der Waldparzelle ab. Josefa schreitet zur Tat, „ab jetzt geht’s unverzagt uff Biesterjagd“, in dem sie eine Streitmacht gründet. Der spontan einberufenen Bürgerwehr soll Jäger und Schützenkönig Ewald Wetzberger (Marius Reuter) voranstehen. Kurzerhand verwandelt dieser das Wohnzimmer in eine Kommandozentrale. Todesmut und Schießfieber sind angesagt, um die Bestie im vor der Bühne aufgebauten Wald zur Strecke zu bringen.
Alle Kräfte werden gebündelt, halb Howwe steht Kopf. Als „Stimme der Stimmlosen“ kreuzt derweil Schamanin Lulu (Ilonka Grosch) bei Ilse auf und redet ihr ein, das Biest im Wald verlange nach einem Menschenopfer. Dann überschlagen sich die Ereignisse. Der vielgepriesene Schützenkönig Ewald hat die Hosen gestrichen voll, „wenn ich moi Mutti net het“. Ilse indessen will sich zur Wiedergutmachung und als letzte gute Tat der Bestie opfern, schreibt einen Abschiedsbrief, „Kopf hoch Ilse, es is fer die Familie“.
Johannes findet den Brief just in dem Moment, als Schüsse im Wald erklingen. Ein von Ilse stammender blutiger Schal lässt schlimmstes befürchten. Derweil wird die Schamanin entlarvt und Martin gesteht die erfundene Geschichte vor dem herzerfrischenden Finale ein: Während der Schützenkönig zunächst noch glaubt, Ilse erlegt zu haben („das hab ich net gewollt“), taucht diese wieder auf, „ich wollt mich opfern, awwer es hot mich koaner gewollt“. Da mittlerweile mehr als 200 Menschen und ein Übertragungswagen des Hessischen Rundfunks vor der Tür der Bohnenbergers stehen, hat Johannes längst die nächste Idee. Führungen im Wald für 80 Euro pro Kopf, die goldene Hochzeit der Schwiegereltern erscheint gerettet! fh
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