Lampertheim. Endlich Frühling. Nach zähen Wintertagen zwischen Büro und Couch steigt überall die Lust auf Bewegung. Bald geht es in Sportstudios und auf Bolzplätzen wieder zur Sache, Jogger traben demnächst wieder keuchend durch den Wald. Von solchen Frühlingsboten ist in Lampertheims Stadtpark an einem der letzten Märztage nichts zu spüren. Spaziergänger lassen sich von den Sonnenstrahlen wärmen, Vögel zwitschern. Aber körperliche Anstrengung? Keine Spur. Nicht eine Frisbee-Scheibe schwirrt durch die Luft.
No Sports, also? Nicht mit mir. Ich bin heute gekommen, um die Sportbox zu testen. Sportequipment leihen und losgehen - das ist die Idee hinter der Metallkiste mit den roten Türen. Anders gesagt, die Sportbox mit den roten Türen ist eine Art kostenloses Fitness-Studio.
Die vier Schubladen sind mit Sportgeräten gut gefüllt
Prinzipiell kann jede Frau, kann jeder Mann sich daraus bedienen. Alles, was man braucht, ist ein Smartphone und die Sportbox- App. Der Deutsche Olympische Sportbund hat deutschlandweit 150 solcher Metallkästen mit Sportgeräten aufgestellt. Voraussetzung für die Förderung in einer Stadt ist es unter anderem, dass ein Sportverein die Patenschaft übernimmt. In Lampertheim hat sich der Kanu-Club 1952 dazu bereit erklärt.
Die Sportboxen in der Umgebung
- Sportboxen gibt es im Lampertheimer Stadtpark, auf dem Bildungs- und Sportcampus Bürstadt sowie in Mannheim auf dem Buga-Areal und im Unteren Luisenpark.
- Die Ausrüstung ist so ausgelegt, dass mehrere Personen gleichzeitig trainieren können. Bei der Buchung über die Sportbox-App kann man das Training für seine Mitstreiter freigeben, so dass sich diese einfach zum bereits gebuchten Termin hinzuschalten können.
- Allerdings müssen sie dazu auch durch ein eigenes Nutzerkonto in der Sportbox-App registriert sein.
- Menschen mit Mobilitätseinschränkung können die Box nutzen.
- Die in Deutschland aufgestellten Metallboxen sind mit einem Kamerasystem ausgestattet.
- Sportbox.de.
Nach meiner Registrierung samt Terminvergabe per App lässt sich der Metallkasten problemlos öffnen. In der App sind alle Standorte solcher Schränke genannt, die nächste Sportbox befindet sich etwa auf dem Bildungs- und Sportcampus in Bürstadt, auch in Mannheim werden zwei Boxen angezeigt. Die App ist einfach zu bedienen. Hat man das kleine Programm erfolgreich auf das Telefon geladen und eine freie Stunde für sich reserviert, kann es losgehen. In vier prall gefüllten Schubladen liegen unterschiedliche Hanteln, Medizinbälle, Deuser-Bänder und sogar ein Fitness-Seil.
Für meine erste Übung ziehe ich das Tau aus der Schublade und lege los. Das funktioniert gut. Rund um die Sportbox bieten sich verschiedene Wiesen für die Übung an, für die es eine Menge Platz braucht. Mit dem Seil werden Bewegungsabläufe und die entsprechenden Muskelgruppen trainiert. Das dicke Seil - auch Schwungtau genannt - lässt sich einfach um einen Baum schlingen. Ich greife beide Enden und lasse das Seil schwingen. Das erste Erfolgserlebnis. Was jetzt? Es gibt zahlreiche Utensilien, die es den Nutzern ermöglichen, die verschiedenen Muskelgruppen zu trainieren und ihre Ausdauer zu verbessern.
Für Yoga- und Dehnübungen gibt es rote Sportmatten, auch Sportgeräte für Kinder gibt es, beispielsweise ein Wikingerschach, ein Rhythmikball mit Glöckchen sowie Bohnensäckchen. Nach einer kurzer Pause entscheide ich mich für eine Kugelhantel, mit der ich in die Kniebeuge gehe. Minutenlang trainiere ich zudem die Muskeln von Rücken, Schulter und Bizeps. Die Kugelhantel, auch Rundgewicht oder englisch „Kettlebell“ genannt, ist ein Trainingsgerät für das freie Gewichtstraining. Ich muss zugeben, in den vergangenen Monaten bin ich etwas steif geworden. Immerhin, mein Durchhaltevermögen ist noch nicht erschöpft. Meine regelmäßigen Joggingrunden zahlen sich offenbar doch aus.
Wer gerne alleine Sport treibt, ist im Stadtpark an der falschen Adresse. Hundebesitzer flanieren mit ihren Vierbeinern vorbei, manche Spaziergänger bleiben sogar direkt vor der Sportbox stehen und beobachten den eifrigen Sportler neidisch. Oder spöttisch? Man weiß es nicht. „Gutes Gelingen“, ruft einer und winkt. Immerhin. Ich freue mich über die Aufmunterung.
Für die nächste Runde nehme ich den großen Medizinball an mich. Ich habe mich für die Übung „Russian Twist“ entschieden. Dabei handelt es sich um eine Bauchübung, mit der sich Rumpf, Schultern und Hüften trainieren lassen. Wichtig ist die Drehbewegung, die sich um den Bauch konzentriert und meine Rumpfmuskulatur straffen soll.
Aber der Medizinball gibt mir den Rest. Halbherzig beende ich die Übung, rolle die Übungsmatte zusammen und verstaue sie gemeinsam mit dem Ball in der Sportbox. Das ist offenbar nicht selbstverständlich. Wie Ulrike Gliem vom Kanu-Club erzählt, hat jüngst jemand vergessen, die vom Seniorenrat gespendeten Boule-Kugeln wieder zurück zu legen. „Womöglich ein Versehen, wir versuchen herauszufinden, wer das war“, sagt die Erste Vorsitzende. Das dürfte nicht schwierig sein, die Sportbox ist mit Kameras ausgestattet. Sie sollen etwa mutwillige Beschädigungen an den Sportgeräten aufzeichnen. „Es kam auch schon vor, dass Kinder aus Versehen etwas mitgenommen haben“, sagt Gliem. Solche Vorfälle hätten sich aber schnell aufgeklärt.
Wer die Übungen bereits gut kennt, hat einen großen Vorteil
Bedeutet das aber auch, die Lampertheimer nehmen das Gratis-Angebot in Anspruch? „Im Winter war der Andrang natürlich nicht so groß“, sagt Gliem. Sie gehe fest davon aus, dass in den kommenden Wochen das Interesse steigt. Dann wollen auch die Sportvereine Veranstaltungen rund um die Sportbox anbieten und zeigen, wie sich Übungen am besten in die Tat umsetzen lassen. Schließlich komme es nicht nur auf Ausdauer und Kraft an, sondern auch auf korrekte Haltung.
„Das ist eine gute Idee“, sage ich mir. Denn ungeübte Möchtegern-Sportler wie ich kennen längst nicht alle Übungen. Zwar kann ich mir während meines Versuchs mehrere kurze Filme in der App anschauen, bestimmte Abläufe werden tatsächlich gut präsentiert. Doch das kostet Zeit und ist Gift für den angestrebten Rhythmus. Wer also keine Routine mit den Übungen hat, sollte sich vorher informieren, um Zeit und Nerven zu sparen.
Ich schließe beide Türen. Die Trainingsstunde ist wie im Flug vergangen. Kurz erschrecke ich und überlege, ob ich alles ordentlich zurückgelegt habe. Die Türen lassen sich nun nicht mehr von mir öffnen. Ich blicke mich um, atme auf. Zum Glück ist alles verstaut.
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