Glasfaser-Ausbau

Lampertheimer zeigen wenig Interesse an schnellem Internet

Die Deutsche Giganetz möchte das Glasfasernetz ausbauen. Damit sich die Investition lohnt, müssten mindestens 40 Prozent der Haushalte einen entsprechenden Vertrag schließen. Bis jetzt ist das Interesse aber sehr verhalten

Von 
Susanne Wassmuth-Gumbel
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Seit Juni berät die Deutsche Giganetz in diesem Container an der Kaiserstraße interessierte Bürger über die Vertragskonditionen für den Anschluss ans Glasfasernetz. © Berno Nix

Lampertheim/Neuschloß. Die Appelle von Carola Biehal, Ortsvorsteherin von Neuschloß, und Bürgermeister Gottfried Störmer klingen geradezu verzweifelt. In der jüngsten Sitzung des Ortsbeirats berichteten beide, dass das Interesse an schnellem Internet in der Stadt weit unter den Erwartungen liege, die für eine nahezu flächendeckende Versorgung mit Glasfaser-Technik durch die Deutsche Giganetz und die Bensheimer GGEW.net nötig wären.

Die Stadt hatte mit den beiden Versorgungsunternehmen eine Kooperation geschlossen und in einer groß angelegten Werbekampagne dafür geworben, dass sich möglichst viele Lampertheimer dafür entscheiden, ihr Haus anschließen zu lassen. Dafür müssen sie aber nicht nur ihre Absicht erklären, sondern auch einen Vertrag mit der Deutschen Giganetz oder der GGEW.net unterschreiben. Das haben bisher nur sehr wenige Lampertheimer getan.

Bisher viel zu wenig Anmeldungen

Angestrebt war, dass mindestens 40 Prozent der etwa 17 300 Haushalte in Lampertheim verbindlich zusagen. Nur dann würde sich die Investition von etwa 30 Millionen Euro lohnen. Die Anmeldefrist endet am kommenden Montag, 11. September. Bis jetzt liegen die Anmeldungen laut Biehal weit unter der 40-Prozent-Marke.

Wo genau, will Bürgermeister Gottfried Störmer offiziell nicht sagen, diese Auskunft müssten die Versorger geben. Doch im Gespräch mit ihm wird deutlich, dass es nicht nur ein paar Haushalte sind, die es noch zu überzeugen gilt.

Die Hoffnung der Neuschlösser Ortsvorsteherin, dass vielleicht Neuschloß allein ausgebaut werden könnte, wenn sich zumindest in dem Stadtteil 40 Prozent der Haushalte anschließen, hat sich ebenfalls zerschlagen, weil auch hier das Interesse nicht groß genug ist. Obwohl die Bürgerkammer im August noch im Rahmen ihres Neuschloß-Treffs über den Glasfaser-Ausbau informiert hatte und nach eigenen Angaben Unsicherheiten bei den Bürgern ausräumen konnte.

Die aktuelle Technik ist endlich, sie bietet keine Erweiterungsmöglichkeiten, und die Glasfasertechnik ist absolut notwendig
Carola Biehal Ortsvorsteherin von Neuschloß

Für Biehal ist klar: „Die aktuelle Technik ist endlich, sie bietet keine Erweiterungsmöglichkeiten, und die Glasfasertechnik ist absolut notwendig. “ Sie meint, viele Nutzer hätten die Hintergründe immer noch nicht verstanden und verstünden nicht, dass „wir in absehbarer Zeit auf Glasfaser angewiesen sein“ werden. Sie zählt auf, wofür schon jetzt eine stabile und schnelle Internetverbindung nötig ist und was in Zukunft in den Haushalten noch alles dazu kommen könnte.

Gerade für Firmen und Handwerksbetriebe sowie Arbeitnehmer im Homeoffice ginge ohne Internet nichts mehr. „Jetzt hätten wir in Lampertheim die Chance, technisch auf den neuesten Stand zu kommen. Dazu müssen wir aber die Bequemlichkeit und das Abwarten aufgeben und selbst handeln“, appellierte sie an die Mitbürger.

Zu wenig Bandbreite für die Zukunft?

Auch Störmer verwies darauf, dass die Zahl der Anwendungen steigen wird - bis dahin, dass der Hausarzt nicht mehr persönlich konsultiert wird, sondern in Zukunft Videosprechstunden abhält, für die ein guter Internetanschluss eben auch unabdingbar ist. „In 80 Prozent der Stadt haben wir momentan eine Bandbreite von 100 Megabit pro Sekunde. Das reicht offenbar vielen. Aber in Zukunft?“

Der Bürgermeister appellierte an die Hausbesitzer, die vielleicht für sich selbst die Notwendigkeit eines schnelleren Internetzugangs nicht sehen, vorausschauend zu handeln, und verwies darauf, dass durch den Glasfaseranschluss auch der Verkaufswert einer Immobilie steigt.

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„Wenn wir bei den Vorverträgen auf dem derzeitigen Stand bleiben, werden wir auf absehbare Zeit kein Glasfasernetz bekommen“, machte Störmer deutlich und erinnerte daran, dass die Telekom, die zwischenzeitlich ebenfalls um Kunden wirbt, keinen flächendeckenden Ausbau in ganz Lampertheim betreiben will. Genau aus diesem Grund hatte sich die Stadt zu der Kooperation mit der Deutschen Giganetz und der GGEW.net entschieden.

Verpflichtender Vertrag für zwei Jahre

Im Mai, als die gemeinsame Kampagne vorgestellt wurde, hatte Giganetz-Regionalleiter Piero Irrera erklärt, dass das Vorhaben nicht verwirklicht werden könne, wenn nicht mindestens 7000 Verträge geschlossen würden. Störmer vermutet, dass es viele, die Interesse bekundet hätten, irritiert haben könnte, dass sie jetzt schon einen Vertrag unterzeichnen müssen. „Ja, sie verpflichten sich für zwei Jahre, bekommen dafür aber den Hausanschluss auch kostenlos. Später kostet der etwa 2000 Euro“, erklärte er.

Wie es nun weitergeht, konnte am Freitag niemand sagen. Die Deutsche Giganetz teilte auf Anfrage mit, dass sie sich „derzeit in enger Abstimmung mit der Kommune befinden und noch einige Details überprüft werden müssen“. Erst dann könne gesagt werden, wie die nächsten Schritte zum geplanten Ausbau des Glasfasernetzes in Lampertheim aussehen könnten.

Redaktion Susanne Wassmuth-Gumbel ist stellvertretende Teamleiterin des Südhessen Morgen.

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