Soziales

Jugendförderung in Lampertheim stellt sich neu auf

Da die Zehntscheune in Lampertheim renoviert werden muss, hat die Jugendförderung ihr Dach über dem Kopf verloren. Die Aktiven sehen dies zugleich auch als Chance, neue Wege zu gehen und neue Themen zu setzen

Von 
Susanne Wassmuth-Gumbel
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Für den Cocktailworkshop der Ü12-Summertime ist die Jugendförderung in diesem Jahr ins Schwimmbadcafé ausgewichen. © Jugendförderung

Lampertheim. Die Jugendförderung der Stadt Lampertheim stellt sich neu auf. Das ist nötig, weil die Zehntscheune saniert wird und als Domizil bis auf Weiteres wegfällt. Außerdem ist in der Corona-Pandemie vieles weggebrochen, was wieder aufgebaut werden muss. Doch das biete auch Chancen, finden Manfred Scholz und Vivienne Sobotta.

Scholz ist seit über 25 Jahren das Gesicht der Lampertheimer Jugendförderung, die, als er 1998 anfing, noch Stadtjugendpflege hieß. Damals hat er das Jugendcafé Trichter in der Zehntscheune aufgebaut, inzwischen leitet er den Fachdienst Bildung, Jugend und Kultur. Vivienne Sobotta gehört seit Oktober zum Team und soll nun das neue Gesicht der Jugendarbeit werden.

Mit Beginn des neuen Schuljahres wird sie an zwei Nachmittagen in der Woche an der Alfred-Delp-Schule (ADS) anzutreffen sein. Hier hat die Stadtjugendförderung einen Raum im naturwissenschaftlichen Zentrum bezogen und hergerichtet, der allen Schülerinnen und Schülern des Schulzentrums und Lampertheimer Jugendlichen offen steht (wir haben berichtet). Das Projekt, das mit dem sperrigen Namen „schulraumorientierte Jugendarbeit“ versehen ist, ist langfristig angelegt und ausbaufähig, wie Scholz und Sobotta im Gespräch mit dieser Redaktion versichern.

Neustart nach der Pandemie ist schwierig für die Lampertheimer

„In der Corona-Pandemie ist uns quasi eine ganze Generation Jugendlicher weggebrochen“, berichtet Scholz. Zwar habe das Team versucht, digitale Angebote zu machen. „Das ist aber nicht das Gleiche. Jugendarbeit braucht persönlichen Kontakt“, ist der Sozialpädagoge überzeugt. Der Neustart nach der Pandemie sei schwierig. Zum Schutz vor Ansteckung musste vieles ausfallen, auch Jugendliche blieben zu Hause, suchten sich andere Möglichkeiten, sich zu treffen oder zu beschäftigen.

Hinzu kommt, dass sich das Freizeitverhalten junger Menschen auch ohne Corona geändert hat. Viele Kinder und Jugendliche haben bereits viel Stress und wollen oft einfach nur ihre Ruhe haben. Die sind mit den tollsten Angeboten nicht zu locken. Andere sind mit sich und ihrer Spielekonsole oder dem PC daheim zufrieden. Wer Freunde treffen wolle, gehe nicht mehr auf gut Glück und mit der Überzeugung, dass schon wer da sein wird, ins Jugendcafé. Per Messenger werden Verabredungen gezielt getroffen oder man trifft sich gleich zum Onlinechat. „Die Treffkultur hat sich verändert“, stellt Scholz fest.

Ziel: Vor die Couch kommen

Deswegen könne das Team der Jugendförderung nicht mehr warten, dass die jungen Menschen zu ihm kommen. „Wir müssen und wollen dorthin gehen, wo die Jugendlichen sind“, erklärt Scholz. Deswegen sei das neue Angebot mitten im Schulzentrum genau richtig. Denn es müsse gelingen, die Jugendlichen zu erreichen, ehe sie zu Hause ankommen und es dann nicht wieder raus schaffen. „Wir müssen vor die Couch kommen“, bringt es Scholz auf den Punkt. Deswegen ist er froh, dass die Jugendförderung künftig an der ADS präsent ist. So, wie sie es in der Stadtbücherei mit ihren Media-Labs-Angeboten bereits ist.

Die Jugendarbeit wird also mobiler und flexibler - notgedrungen auch wegen der zurzeit fehlenden Räume. Trotzdem steht für Scholz fest, dass das Team die Zehntscheune nach der Sanierung wieder beziehen wird. Wann genau das der Fall sein wird, ist noch ungewiss. „Ich wünsche mir für die Zukunft weiterhin einen Standort in der Stadt. Wir brauchen ein festes Domizil nicht nur für unsere Ausstattung und Materialien, sondern auch für die umfassenden Angebote in den Ferien.“

Die werden weiterhin fest zum Programm der Jugendförderung gehören. Denn gerade weil viele Kinder und Jugendliche während der Schulzeit ein gut ausgefülltes Freizeitprogramm und oft keine Lust mehr auf weitere Termine haben, sei es wichtig, während der Ferien etwas anzubieten und ansonsten offene Angebote zu machen. „Es gibt immer noch genügend Jugendliche, die Kontakt suchen. Wir bieten Alternativen und füllen Leerstellen und sind vor allem auch für die da, die zu Hause nicht das finden, was sie brauchen: zum Beispiel Platz und Ruhe, um Freunde zu treffen.“

Ferienangebote kamen in diesem Jahr gut an

Für die diesjährigen Ferienspiele und die Ü12-Summertime musste die Jugendförderung sich unterschiedliche Locations suchen. So fand die Jugenddisco im Schwanensaal statt, wo die Eltern bei den MIL-Partys feiern, und Cocktails wurden im Hallenbad-Café gemixt. Das Programm für die Jüngeren konnte beim Kanu-Club stattfinden. „Jetzt müssen wir immer überlegen, wo wir hingehen. Das kann aber durchaus auch beleben“, findet Scholz. Und das belebe die innerstädtischen Netzwerke, die ebenfalls unter Corona gelitten hätten.

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Die Ferienangebote seien in diesem Jahr wieder gut angenommen worden, berichten Scholz und Sobotta. Das Angebot für die über Zwölfjährigen sei eine Mischung aus alten Klassikern und Neuem gewesen. Wichtig sei jetzt zu erfahren, was die Jugendlichen heute interessiert, was sie brauchen und wünschen. Dafür gibt es im Rahmen der Kinderfreundlichen Kommune mit dem Achter- beziehungsweise Neuner-Rat und dem Jugendbeirat inzwischen auch gut eingespielte Wege der direkten Beteiligung.

„Wir brauchen ein Update“, sagt Scholz, eben weil eine Generation Jugendlicher fehlt und sich in den vergangenen drei Jahren so viel verändert hat. „Und wir brauchen wieder die, die kommen und beim nächsten Mal ihre Freunde mitbringen.“ Künftig wieder viele Wiederholungstäter als Stammgäste begrüßen zu können, deren Mundpropaganda den Zuspruch wieder erhöht - daran arbeiten Scholz, Sobotta und das restliche Team.

Die Jugendförderung ist auf Facebook und Instagram zu finden.

Redaktion Susanne Wassmuth-Gumbel ist stellvertretende Teamleiterin des Südhessen Morgen.

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