Ultranet-Stromtrasse

Gericht weist Klagen von Viernheim und Lampertheim gegen Stromtrasse ab

Netzbetreiber Amprion darf die Ultranet-Stromtrasse in Südhessen wie vorgesehen bauen. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat die Klagen der Städte Lampertheim und Viernheim abgewiesen. So reagieren die Städte

Von 
Stephen Wolf und Wolfram Köhler
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Obwohl die Entscheidung der Leipziger Richter noch ausstand, hatte Netzbetreiber Amprion in Lampertheim schon mit dem Aufbau neuer Masten begonnen. © Berno Nix

Lampertheim/Viernheim. Netzbetreiber Amprion darf die Ultranet-Stromtrasse ohne Einschränkung durch das südliche Hessen bauen. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat die Klagen der Städte Lampertheim und Viernheim gegen den entsprechenden Planfeststellungsbeschluss abgewiesen. Die vorgesehene Trassenführung beschneidet wichtige Bauprojekte beider Kommunen. Die Städte suchen nun nach einem anderen Weg, um sie doch noch in vollem Umfang realisieren zu können.

Die Trasse soll auf 340 Kilometern von Osterath in Nordrhein-Westfalen durch Rheinland-Pfalz und Hessen bis Philippsburg in Baden-Württemberg führen. Im Zuge der Energiewende soll damit Strom vor allem aus Windenergieparks vom Norden in den industriereichen Süden der Republik transportiert werden.

Hessische Abstandsregel beeinträchtigt Bauprojekte

Der eigentliche Grund für die drohende Einschränkung in Lampertheim und Viernheim ist eine Regelung, die es bundesweit ausschließlich in Hessen gibt. Demnach muss die Wohnbebauung mindestens 400 Meter von Überlandstromleitungen entfernt sein. Berechnungen zufolge könnten somit im Lampertheimer „Gleisdreieck“ von einem 142 000 Quadratmeter großen Plangebiet nur 56 000 Quadratmeter bebaut werden.

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist selbstverständlich sehr ernüchternd für uns
Gottfried Störmer Brügermeister von Lampertheim

Im Hofheimer Baugebiet „Im langen Gräbel“ stünde noch etwa die Hälfte der vorgesehenen 96 000 Quadratmeter zur Verfügung. Und das künftige Viernheimer Wohngebiet Nordweststadt II, das auf 19 Hektar angelegt war, müsste um 2,5 Hektar verkleinert werden. Die Städte Viernheim und Lampertheim hatten deshalb Klage eingereicht.

Sie begründeten dies damit, dass die Bundesnetzagentur in das Planungsrecht der Kommunen und damit auch in die im Grundgesetz verankerte Kommunale Selbstverwaltung eingreife. Beide Städte hatten vorgeschlagen, den geforderten Abstand zur Wohnbebauung durch zusätzliche Masten in Form einer „Verschwenkung“ herzustellen.

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„Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist selbstverständlich sehr ernüchternd für uns“, heißt es von Lampertheims Bürgermeister Gottfried Störmer (parteilos). An der einen oder anderen Stelle des Planfeststellungsbeschlusses sei aus Sicht der Richter „zwar durchaus Kritik bei der Abwägung angebracht“, diese sei aber nicht so gravierend, als dass der Beschluss vollständig aufgehoben oder nachgebessert werden müsste.

„Unserer Kritik, dass die Verschwenkungsvarianten im Planfeststellungsbeschluss eine größere Bedeutung hätten einnehmen müssen, ist das Gericht in der Verhandlung erkennbar gefolgt“, teilt Störmer mit. Daher habe er gehofft, dass die Bundesnetzagentur noch einmal nachbessern muss. „Im Endeffekt haben die Argumente aber nicht ausgereicht, und wir müssen dieses Urteil anerkennen“, sagt der Lampertheimer Verwaltungschef.

Wir sind enttäuscht, dass das Gericht unseren Argumenten nicht gefolgt ist.
Jörg Scheidel Erster Stadtrat in Viernheim

„Wir sind enttäuscht, dass das Gericht unseren Argumenten nicht gefolgt ist“, kommentiert Jörg Scheidel, Erster Stadtrat Viernheims, das Urteil. Er sei nicht davon ausgegangen, bei der Klage in allen Punkten Recht zu bekommen, gleichwohl habe ihn der Verlauf der Verhandlung positiv gestimmt. Das abschließende Ergebnis habe ihn etwas ratlos gemacht, so der Baudezernent.

Rechtsanwalt Christoph Mayer von der Freiburger Kanzlei W2K, die die Städte Viernheim und Lampertheim vertritt, bestätigt diese Einschätzung. Die vierstündige Verhandlung habe auch bei ihm den Eindruck hinterlassen, „das Gericht hat Zweifel daran, dass der Planfeststellungsbeschluss rechtmäßig ist und Bestand haben kann“. Insofern sei er überrascht gewesen, dass die Klagen der beiden Kommunen abgewiesen wurden.

Kommunen erwägen Antrag auf Ausnahmegenehmigung

Nach der zunächst kurz gehaltenen Erklärung des Gerichts warten die Kläger nun auf die schriftliche Urteilsbegründung. Wegen der umfangreichen Schriftsätze rechnet Mayer damit frühestens in vier Wochen. Der Jurist weist darauf hin, dass „besonders bedeutsame Infrastrukturvorhaben“ in erster und letzter Instanz vor dem Bundesverwaltungsgericht verhandelt werden. Somit gebe es „keine Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen“.

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Dies bedeutet allerdings nicht, dass Viernheim und Lampertheim von ihrem Plan abrücken, die Baugebiete in vollem Umfang entwickeln zu wollen. Als einziger Weg bleibt nach Angaben von Rechtsanwalt Mayer nun, beim hessischen Wirtschaftsministerium eine Abweichung vom so genannten 400-Meter-Ziel zu beantragen. Entschieden werde darüber nach der ausgiebigen Analyse der Urteilsbegründung.

Redaktion

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